Poträt von Barbara Schmid.

Über Zwangsprostitution – Barbara Schmid

Wie fördert Deutschlands liberales Prostitutionsgesetz die Gewalt an Sexarbeiterinnen? Julia Schöning spricht mit der Journalistin Barbara Schmid, die über ein Jahrzehnt in der Szene recherchiert hat und dabei auf Abgründe gestoßen ist, die kaum zu ertragen sind.

Die Situation der Prostituierten in Deutschland wird immer prekärer. Der Versuch, mit dem Prostitutionsgesetz von 2002, das Prostitution legalisiert, die Situation der betroffenen Personen zu verbessern und sie in sozial- und krankenversicherungspflichtige Beschäftigungen zu bringen, ist nach Ansicht vieler Fachleute und Hilfsorganisationen dramatisch gescheitert. 

Auch das "Prostituiertenschutzgesetz", das 2017 in Kraft getreten ist, hat daran nichts geändert. Im Gegenteil: Frauen, die aus der Prostituiertenszene ausgestiegen sind, nennen sich selbst Überlebende. Sie und viele Experten brandmarken Deutschland als "Bordell Europas".

Abgründe, die kaum zur ertragen sind

Wie dramatisch die Situation der Frauen ist, hat Barbara Schmid, langjährige Inlandskorrespondentin des Spiegel, in ihren Recherchen herausgefunden. Sie bezeichnet den Frauenhandel als moderne Sklaverei und eine schwere Verletzung der universellen Menschenrechte.

In Deutschland prostituieren sich mehrheitlich Frauen mit Migrationshintergrund: Sie kommen aus Rumänien, Bulgarien, Ungarn und aus Afrika und Asien. Bedingt durch den russischen Angriffskrieg sind auch geflüchtete ukrainische Frauen und Kinder aktuell stark bedroht.

Dieser Personenkreis macht über 90 Prozent der deutschen Sexarbeiterinnen aus: Sie besitzen kaum Deutschkenntnisse, werden von Bordell zu Bordell herumgereicht und sind ohne Pässe und Ortskenntnisse männlicher Gewalt hilflos ausgeliefert. Dass Täter tatsächlich anzeigt werden, wie es das "Prostituiertenschutzgesetz" vorsieht, bleibt eine Illusion.

In Folge der liberalen Gesetzgebung haben sich in Deutschland Großbordelle etabliert, die ein spezifisch deutsches Problem sind. Das größte Laufhaus des Landes gibt es in Duisburg. Die Prostitution wird in Deutschland von der organisierten Kriminalität, zumeist arabischen Großclans, kontrolliert.

In der deutschen Politik und weiten Teilen der Öffentlichkeit existiere ein realitätsfernes Bild der Prostitution, Politiker und Politikerinnen seien uninformiert und würden aus einem falsch verstandenen Feminismus heraus agieren, sagt Barbara Schmid. Sie macht sich für eine Übernahme des "nordischen Modells" stark, das Freier unter Strafe stellt, aber nicht die Prostituierten.

Redaktion: Chris Hulin

Buchtipp

Katharina M./Barbara Schmid (2020): Schneewittchen und der böse König. Wie mich mein Reitlehrer manipulierte und zur Prostitution zwang und wie ich mich daraus befreite. München: mvg Verlag. 272 Seiten. 16,99 Euro. ISBN 978-3-7474-0190-3.

Über Zwangsprostitution – Barbara Schmid

WDR 5 Neugier genügt - Redezeit 24.05.2024 25:02 Min. Verfügbar bis 24.05.2025 WDR 5


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