MONITOR vom 14.07.2016

Rassismus bei der Polizei - nur ein US-Problem?

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Bericht: H-C Schultze, Naima El Moussaoui, Paul Ostwald

Rassismus bei der Polizei - nur ein US-Problem?

Monitor 14.07.2016 05:04 Min. Verfügbar bis 14.07.2099 Das Erste

Georg Restle: „Bilder von prügelnden Polizisten, wehrlose Opfer und Polizeibeamte, die offenbar keine Grenzen kennen. Nein, dies sind nicht die USA, diese Bilder stammen aus Deutschland. Keine schönen Bilder. Guten Abend und willkommen bei Monitor. Wie tödlich Rassismus sein kann, das haben wir in den letzten Wochen wieder mal erfahren müssen. Die Bilder aus den USA sind dabei nur schwer zu ertragen. Kaum vorstellbar, dass so etwas auch bei uns passieren könnte. Stimmt ja auch, die USA sind nicht Deutschland. Und in der Regel wird hier auch nicht so schnell und so scharf geschossen. Trotzdem gibt es auch hier immer wieder Meldungen über rassistische Übergriffe von Polizeibeamten; Misshandlungen, Körperverletzungen, schwerste Demütigungen. Meldungen, die es bei uns jedoch eher selten in die Tagesschau schaffen. Also alles kein Problem? Oder doch? Naima El Moussaui, H.-C. Schultze und Paul Ostwald.“

Vergangene Woche in den USA - Polizisten erschießen den Afroamerikaner Alton Sterling. Ein ganzes Land ist seitdem in Aufruhr.

Zitat: „We want Justice!“

Ob Ferguson, Falcon Hights oder McKinney, immer wieder kommt es zu rassistischen Übergriffen durch die Polizei. Gewalttätige Polizisten - diese Bilder sind aus Deutschland. Solche Aufnahmen sind selten. Wie oft das vorkommt, weiß niemand. Gewaltexzesse bei der deutschen Polizei. Aber auch Rassismus? Ja, sagt der Politikwissenschaftler Joshua Kwesi Aikins. Er hat sich für Menschenrechts- und Opferverbände mit Rassismus in Deutschland beschäftigt.

Joshua Kwesi Aikens, Politikwissenschaftler: „Ich denke, dass wenn man sich diese Fälle anschaut, man leider ein Muster erkennen kann. Insbesondere zum Beispiel gegen Menschen afrikanischer Herkunft wird sehr schnell Gewalt angewendet vonseiten der Polizei, die dann auch tödlich enden kann. Und wenn es dann darum geht, diese Fälle aufzuklären, da wird dann vonseiten der Polizei geblockt, vertuscht und eine Aufklärung verhindert.“

Ein schwerer Vorwurf, doch eine ähnliche Kritik kommt sogar vom Europarat und den Vereinten

Nationen. Die UN kritisierte vergangenes Jahr, es gebe in Deutschland

Zitat: „rassistisch diskriminierende Handlungen von Beamten der Strafverfolgungsbehörden.“

Alexander Bosch, Polizeiexperte, Amnesty International: „Es sind keine bedauerlichen Einzelfälle, sondern wir sehen deutliche Anzeichen dafür, dass es in der Polizei einen strukturellen, also sogenannten institutionellen Rassismus gibt.“

Beispiel Hannover 2014. In dieser Polizeiwache sollen zwei Flüchtlinge schwer misshandelt worden sein. Eines der Opfer war Marokkaner, einer Afghane. Ein Bundespolizist schreibt an seine Kollegen:

Zitat: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war schön. Gequikt wie ein Schwein.“

Es gab Disziplinarverfahren, ein Polizist wurde suspendiert. Doch das Ermittlungsverfahren wurde im März eingestellt. Frankfurt 2012. Der Ingenieur Derege Wevelsiep und seine Verlobte geraten in eine Fahrscheinkontrolle, die Polizei kommt dazu, die Situation eskaliert. Einer der Polizisten schlägt dem Deutsch-Äthiopier mit der Faust an den Kopf, verletzt ihn schwer. Ein Gericht stellt fest, das Verhalten des Polizisten sei rassistisch motiviert. Herford 2014. Bei einer Verkehrskontrolle wird der Speditionskaufmann Hüseyin Ercan von einem Polizisten geschlagen. Doch angeklagt wird nicht der Polizist, sondern das Opfer. Erst als dieses Polizeivideo auftaucht, wird Hüseyin Ercan freigesprochen. Jetzt wird gegen den Polizisten ermittelt. Doch in den wenigsten Fällen kommt es überhaupt so weit, weil Beweise selten sind. Im Jahr 2014 gab es insgesamt 2.138 Anzeigen gegen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Wie oft dabei Rassismus im Spiel war, wird nicht erfasst. Doch gerade einmal in 33 Fällen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Für den Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes hat das auch strukturelle Gründe.

Thomas Feltes, Polizeiwissenschaftler, Ruhr-Universität Bochum: „Das hat etwas damit zu tun, dass die Beweislage in diesen Fällen extrem schwierig ist, weil eben die Kolleginnen und Kollegen in aller Regel sich nicht trauen auszusagen und weil objektive Beweise, wie zum Beispiel Handyvideos oder Überwachungskameravideos oftmals nicht vorhanden sind oder, wenn sie vorhanden sind, manchmal von der Polizei auch in Teilen oder ganz verschwiegen werden.“

Auch Kritikern geht es nicht darum, alle Polizisten als Rassisten abzustempeln. Es geht darum, rassistische Verhaltensmuster aufzuspüren und gegenzusteuern. Ein Mittel wären vor allem unabhängige Beschwerdestellen, die solchen Vorwürfen nachgehen. Denn momentan ermitteln Polizisten gegen Polizisten.

Alexander Bosch, Polizeiexperte, Amnesty International: „Die deutsche Polizei wird leider nicht unabhängig kontrolliert. Das ist ein riesiges, menschenrechtliches Problem, was Amnesty auch kritisiert, was aber auch die Vereinten Nationen, was der Europarat kritisieren.“

Doch weder Bund noch Länder sehen Handlungsbedarf. Gegenüber Monitor wird bestritten, dass es überhaupt ein Rassismusproblem gibt. Dabei hilft Verschweigen niemandem, auch nicht den Polizisten.

Thomas Feltes, Polizeiwissenschaftler, Ruhr-Universität Bochum: „Es würde uns gut anstehen als demokratisches System, hier mehr Offenheit zu dokumentieren und auch deutlich zu machen, auch ein Polizeibeamter darf einen Fehler machen. Es kommt dann nur drauf an, wie hinterher damit umgegangen wird.“

Vielleicht geht es genau darum: Um mehr Offenheit innerhalb der Polizei, um das Vertrauen derer zu gewinnen, die Opfer von Gewalt und Rassismus geworden sind - in Deutschland.

Georg Restle: „Natürlich sollten wir nicht verallgemeinern. Die allermeisten Polizisten sind ganz sicher keine Rassisten - und ja, natürlich gibt es auch immer wieder Gewalt gegen Polizeibeamte. Aber die Politik sollte aufhören, das Problem zu ignorieren. Schließlich geht es hier um elementare Menschenrechte. Und die gelten für alle.“

Stand: 15.07.2016, 11:39 Uhr

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23 Kommentare

  • 23 Tom 28.06.2017, 12:00 Uhr

    Es ist kot...! Da werden Polizisten, Sanitäter, die Feuerwehr, Kontrolleure brutal und aggressiv angegangen und es wird so hingenommen. Die Politik dreht weg, Das die Jungs irgendwann die Nase voll haben und sich dementsprechend verhalten, wundert mich nicht. Ich ziehe meinen Hut vor der Arbeit der Polizisten pp.

  • 22 Sandra S. 08.08.2016, 23:20 Uhr

    Ich bin allen Polizisten dankbar, die unsere Sicherheit gewährleisten. Dass sie sich nicht nur von Migranten beleidigen lassen müssen sondern auch noch von solchen inhaltslosen Beiträgen ist eine Schande!

  • 21 Toll 15.07.2016, 23:20 Uhr

    Für diesen Staat und seine Führung würde ich gar keine Uniform mehr anziehen!

  • 20 Bela 15.07.2016, 18:32 Uhr

    Ihr Bericht ist anlasslos. Es verbietet sich durch so eine Berichterstattung den Eindruck zu erwecken, dass es ein akutes Problem gibt.

  • 19 Peter S. 15.07.2016, 14:00 Uhr

    Nachdem es sich nicht mehr verheimlichen lässt, was Angehörige einer bestimmten Religion von der Polizei und besonders auch von weiblichen Polizisten halten, wurden jetzt die Schuldigen gefunden. Die rassistische Polizei. Gehts noch?

  • 18 Berliner 15.07.2016, 13:05 Uhr

    Oh mein Gott, die linke Lügenpresse hat wieder zugeschlagen. Fragen sie doch bitte mal bei normalen Polizisten nach, was sich besonders Ausländer hier gegenüber der Polizei alles erlauben dürfen, ohne dafür belangt zu werden. Straftäter machen sich einen Spaß daraus zu behaupten, ich wurde geschlagen und rassistisch beleidigt.Sofort wird sich die linke Presse bereitfinden , die das unüberprüft aufbläst. In Berlin ist in mehreren Stadtbezirken keine PA Überprüfung mehr möglich, weil gleich 30 Mann das Fahrzeug umzingeln und die Polizei angehen. Endet jedes mal im Großeinsatz. Die Polizei muß nur das Chaos, das Merkel angerichtet hat ausbaden. P.S. Als 2 unbewaffnete deutsche Staatsbürger hier in Berlin hinterrücks , also wie im KZ, erschossen wurden, war das vor Gericht übrigens Notwehr.Die Bedrohungslage für den jeweiligen Polizisten konnte allerdings keiner richtig erklären. Hat damals keinen interessiert.Schon gar nicht Monitor

  • 17 Elektrikum 15.07.2016, 12:35 Uhr

    Hallo "Opa" erstens ist das nicht mein Pflegeheimbewohner weil ich gar kein Pflegeheim habe und zweitens ist die Polizei bezüglich Kampfsport bestens ausgebildet. Klar ist, das die Polizei einen Mord auf den Gewissen hat. Was da genau passiert ist werden wir ohne Zeugen nie erfahren. Polizei und Presse lügen sich dann etwas zusammen. Ich habe diese Erfahrung selber machen müssen. Die Polizei ist kein Werkschutz mehr, die werden von korrupten Richtern und Staatsanwälten gebeten Straftaten zu begehen. Ja, die werden gebeten (steht auf meinem Haftbefehl) Straftaten zu begehen. Und warum bitten Richter und Staatsanwälte darum? Weil besagte dann sagen können, (ich habe es doch nicht befohlen). Die Polizei ist mit Sicherheit auch Opfer. Allerdings sollten die sich von ihren Vorgesetzten nicht unter Druck setzen lassen, nur um den eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Polizisten unterliegen einer Gehirnwäsche die sie selber wollen. Für Arbeit, Familie, Einkommen werden Polizisten zu Gewalttät ...

  • 16 Berta Griese 15.07.2016, 07:18 Uhr

    Es scheint ein Wettbewerb unter den westlichen Demokratien ausgebrochen zu sein, welches Land die dümmsten Buletten hat. Ganz lange dachte man, der USA ist die Goldmedaille sicher, jetzt scheinen aber die französischen Buletten in Nizza ganz hart zu geschlagen zu haben. Gut, dass Buletten nicht bei Formel 1 zugelassen sind, sonst würden die auch noch Rosberg identifizieren. Meine Freiheit ist eine andere als die Freiheit von dummen Polizisten.

  • 15 Opa 15.07.2016, 00:33 Uhr

    Hey Elektrikum! Was wissen wir??? Dein pflegeheimbewohner ist mit einem messer auf den polizisten los und muss sich noch rechtfertigen, warum er sich nicht mit einem messerabwehrgriff gewehrt hat. Wenn jemand mit dem Messer auf mich zukommt und mir nach dem Leben trachtet, gibt es leider nur ekne richtige Entscheidung. Und das ist nicht der messerabwehrgriff oder das pfefferspray! Beides verhindert im ernstfall einen Messerstich nicht..

  • 14 andre 14.07.2016, 23:53 Uhr

    ich bin polizeibeamter in hamburg. was man in diesem beruf mittlerweile hin nehmen muss, ist wirklich kaum noch zu ertragen. beleidigungen, bedrohungen, körperverletzungen und gesundheitsgefahren sind das eine. respektlosigkeit und fehlender rückhalt aus der bevölkerung ist das andere. und nun muss ich mich auch noch im öffentlich rechtlichen fernsehen als möglicher rassist verunglimpfen lassen. das war mit sicherheit die letzte monitor sendung meines lebens. was für ein billiger journalismus.

  • 13 Der Zuschauer 14.07.2016, 23:09 Uhr

    War gerade nicht genug los um über ein bedeutendes Thema zu berichten? Dann beleiht man sich halt mal eines Problems andernorts und fummelt sich eine Story irgendwie zusammen. Das es keinen einzigen Fall von Polizeigewalt gibt ist utopisch zu glauben. Ebenso das es irgendwann so sein könnte. Das ist klar. Ein akutes Problem haben wir hier aber sicher nicht. Storymache...