Ronja Strunk stellt sich in die Schlange an. Vor ihr ein langer Weg aus vielen Türen und Kontrollstellen, wie eine Schleuse ist hier alles aufgebaut. Langsam geht sie durch die Sicherheitsschranke hindurch, gibt Personalausweis ab und wird anschließend mit einem Metalldetektor auf verbotene Gegenstände kontrolliert. Alles folgt hier einem strengen Sicherheitskonzept. Nur, wenn eine Tür schließt, lässt sich die nächste öffnen.

Ein Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen in der forensischen Psychiatrie. 00:37 Min.. Verfügbar bis 21.03.2027.
Die angehende Heilerziehungspflegerin ist ein bisschen aufgeregt. Angst? "Nein, die habe ich nicht", sagt sie. In ihrer Ausbildung habe die 27-Jährige immer wieder mit Menschen zusammengearbeitet, die schnell auch mal in Ausnahmesituationen kommen können. Zusammen mit weiteren Schülerinnen und Schülern des St. Vincent Berufskollegs lernt sie heute die Arbeitsfelder in einer forensischen Psychiatrie kennen. "Wir suchen immer wieder Mitarbeiter. Und gerade auch Heilerziehungspflegern bieten sich hier gute Berufschancen", erklärt Michael Hökenschnieder vom Zentrum für Forensische Psychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.

Er führt die Gruppe über das Gelände. Strunk schaut nach rechts, nach links. Überall ist am Ende ein 5,5 Meter hoher Zaun aufgebaut, der alle Gebäude umschließt. Zusätzlich sind Fenster und Türen mit Gittern gesichert. Unwohl fühlt sich Strunk nicht. "Die Zäune geben mir eher ein Gefühl von Sicherheit, dass die Außenwelt geschützt ist." Hökenschnieder erzählt den Pflegeschülern, dass die Zäune nur ein Teil des Sicherheitskonzeptes sind. "Mindestens genauso wichtig ist, dass wir unsere Patienten gut kennen, sie einschätzen können."
Das Leben in einer forensischen Psychiatrie
Die forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn ist eine von 17 solcher Einrichtungen in NRW. Hier werden Straftäter behandelt, bei denen das Gericht urteilte, dass sie für ihre Taten keine oder vermindert Schuld tragen, aber gefährlich sind. Mit der Chefärztin der Forensik in Langenfeld haben wir darüber gesprochen, wie der Alltag dort abläuft und warum manche Patienten für immer bleiben. Derzeit sind rund 3700 Personen strafrechtsbezogen in einer forensischen Psychiatrie in NRW untergebracht. Das geht aus einer aktuellen Übersicht des Landesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales hervor.
Einer von ihnen ist Joel Röder. Er ist seit drei Jahren in Eickelborn und hat eigentlich einen anderen Namen, den will er aber lieber nicht im Internet lesen. Röder ist im Haus 5 untergebracht, hier werden Patienten behandelt, die kurz vor der Entlassung stehen. In der Mitte der Station gibt es einen großen Sozialraum mit einer Sitzecke, Fernseher und Küche. Hier trifft Röder auf die Gruppe. Bereitwillig erzählt er den Pflegeschülern, warum er hier ist. Zunächst seien es kleinere Delikte wie Schwarzfahren und Diebstähle gewesen, mit denen er aufgefallen ist. Irgendwann kam Gewalt dazu und er griff einen Polizisten an.
Trainieren für das Leben draußen
An diesem Wochenende kommt Röder raus, für zwei Tage darf er testen, wie sich das Leben draußen anfühlt. Das gehört zur Behandlung in der Forensik: Psychologen, Pfleger und Therapeuten entscheiden gemeinsam über Lockerungsschritte. Wenn sich das Team einig ist, dass von dem Patienten keine Gefahr mehr ausgeht, wird das Leben in Freiheit erprobt, bis es zur Entlassung kommen kann. Vor den Schritten nach draußen hat Röder Respekt. "Eigentlich fühle ich mir hier in der Klinik sicherer", sagt er in die Runde.
Wieder durch Türen und Absperrungen, vorbei an vergitterten Fenstern und Türen, können sich Ronja Strunk und die anderen ein größeres Zimmer anschauen, in dem zurzeit ein Patient untergebracht ist. "Das sieht sogar gemütlich aus. Das hätte ich so gar nicht erwartet", sagt die 27-Jährige.
Wie sehen die Zimmer in einer Forensik aus?. 00:24 Min.. Verfügbar bis 21.03.2027.
Viele der knapp 350 Patienten wohnen in Doppelzimmern, in den Neubauten gibt es mehr Einzelzimmer. Gerade für Menschen mit psychischen Problemen sei das wichtig, erklärt Hökenschnieder und führt die Gruppe weiter durch die Station. Immer dabei: ein handygroßes Sicherheitsgerät. Sollte er in eine Notsituation kommen, werden so Kolleginnen und Kollegen von Nachbarstationen alarmiert, um zur Hilfe zu kommen.
Nach gut zwei Stunden ist der Rundgang beendet. Ob sich Strunk vorstellen kann, hier zu arbeiten? "Ich kann mir das an sich gut vorstellen. Die Arbeit hier ist anspruchsvoll und die Teams wirken professionell und motiviert", sagt sie, "allerdings wohne ich in Hamm, da wäre mir die Anfahrt zu lang." Für Strunk und die anderen geht es zurück zum Eingang. Fünf Türen später ist sie wieder in Freiheit. Angst habe sie in keinem Moment verspürt.
Über dieses Thema haben wir auch am 05.03.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.