Das Ruhrgebiet aus der Vogelperspektive, mit einigen Bäumen und Gebäuden

300 Meter über dem Revier: Auf großer Fahrt mit Zeppelin Hugo

Mülheim an der Ruhr | Unterwegs

Stand: 15.05.2024, 17:03 Uhr

Fast 50 Jahre lang schwebte Luftschiff Theo über das Ruhrgebiet. Seit diesem Jahr ist Theo in Rente und sein Nachfolger erobert die Lüfte. Seit dem 9. Mai können Passagiere ihre Fahrt mit Zeppelin Hugo buchen. Was kann "der Neue"? Ein Erlebnisbericht.

Von Agata Pilarska

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Der Mann am Steuer

Sanft und federleicht hebt der Zeppelin NT in Mülheim an der Ruhr ab. Er dreht eine Runde um den Luftschiff-Hangar am Flugplatz Essen/Mülheim und gleitet in Richtung Ruhr. Am Steuer von Luftschiff Theos Nachfolger sitzt Viktor Schacht. Sein Beruf ist eine Rarität. Es gibt mehr Astronauten als Zeppelin-Piloten auf der Welt. Der 37-Jährige war lange Flugzeugpilot und hat sich extra ein Jahr lang in Friedrichshafen ausbilden lassen, um den Zeppelin zu fliegen.

Warum genau Friedrichshafen? Die Stadt am Bodensee ist die Zeppelin-Stadt schlechthin. Erfinder Ferdinand Graf von Zeppelin wurde unweit der Stadt in Konstanz am Bodensee geboren. Bis heute erinnert das Zeppelin Museum an sein Lebenswerk. In den 1930er-Jahren gründete sich hier die Deutsche Zeppelin-Reederei GmbH. Neben Friedrichshafen gibt es nur eine weitere Stadt in Deutschland, in der Luftschiffe ihre Heimat haben: Mülheim an der Ruhr. Beide Regionen haben für Viktor Schacht ihren ganz eigenen Reiz, wie er erklärt.

Friedrichshafen oder Ruhrpott: Was macht für Viktor Schacht den Reiz aus?

00:29 Min. Verfügbar bis 14.05.2026

Der Unterschied zu Schachts vorherigem Job ist riesig. Große Passagierflugzeuge vom Typ Airbus hat er um die ganze Welt geflogen. Mit der Entscheidung, jetzt in 300 Metern Höhe über seine Heimat zu fliegen, statt in tausenden Metern über Urlaubsziele, ist er glücklich. In Mülheim hatte Schacht vor rund 15 Jahren bereits die Flugschule für seine Ausbildung als Pilot besucht.

Besonders spannend findet Schacht bei seinem neuen Job den Umgang mit dem Wetter: "Wir spüren hier jede Luftveränderung. Wir spüren den Wind. Man muss sehr vorausschauend fliegen." Gesteuert wird das Luftschiff trotz modernster Technologie per Hand. Eine Autopilot-Funktion gibt es nicht.

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Luftschiff und Zeppelin: Gibt es da einen Unterschied?

Wer beim Start des Zeppelins draußen steht, hört ein ohrenbetäubendes, tiefes Brummen. Auch aus einer Höhe von 300 Metern ist der Zeppelin vom Boden aus hörbar. Viele Passanten schauen gen Himmel. Für sie mag sich Hugo auf den ersten Blick nicht von Vorgänger Theo unterscheiden. Da liegen sie allerdings falsch.

Ein Zeppelin im Landeanflug

Anflug auf den Landeplatz

Nicht alles, was wie ein Zeppelin aussieht, ist auch ein Zeppelin: Der neue Bewohner des Mülheimer Hangars hat ein halbstarres Innengerüst, was ihn von seinem Vorgänger unterscheidet. Das Luftschiff Theo wurde allein durch die Heliumfüllung in Form gehalten. Entsprechend ist Theo kein Zeppelin, sondern ein Prallluftschiff, auch Blimp genannt. Der Begriff Luftschiff ist aber für beide Typen zutreffend.

Seinen Namen hat Mülheims neuer Bewohner von einem der großen Zeppelin-Pioniere: Hugo Eckener. Eckener war nach dem Tod des Grafen von Zeppelins federführend bei der Weiterentwicklung der Luftschiffe. Zu Eckeners Zeit waren Luftschiffe noch mit hochentzündlichem Wasserstoff gefüllt. Das wurde der Hindenburg 1937 zum Verhängnis. Beim Landeanflug ging das Luftschiff in Flammen auf. Heute wird statt Wasserstoff das nicht brennbare Gas Helium verwendet.

Von dem lauten Brummen des Zeppelins ist in der Kabine überraschend wenig zu hören. Lediglich ein kontinuierliches Summen begleitet die Gespräche. Alle unterhalten sich in normaler Lautstärke. Mit etwa 65 Kilometern pro Stunde fliegt der Zeppelin von Mülheim aus über die Schleuse zwischen Baldeneysee und Ruhr, vorbei an der Essener Innenstadt in Richtung Zeche Zollverein.

Der Flug über die Zeche Zollverein

00:13 Min. Verfügbar bis 14.05.2026

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Ein kostspieliges Vergnügen

Die Route Zollverein ist eine von insgesamt vier Rundflug-Stecken. 45 Minuten dauert der Flug. Ebenso wie die beiden Routen über Bochum und Gelsenkirchen oder Duisburg und Oberhausen. Die vierte Strecke dauert doppelt so lange und führt über Düsseldorf und Neuss. Vor allem die Strecke über Düsseldorf weckt bei Pilot Schacht nostalgische Erinnerungen: "Wir sind über den Düsseldorfer Flughafen geflogen, das war ja sehr lange mein Arbeitsplatz. Dort in 300 Metern drüber zu schweben, war etwas ganz besonders."

Für die kürzeren Strecken kostet ein Ticket 470 Euro pro Person, für den längeren Flug nach Neuss sind es 820 Euro. Sicher kein preiswerter Freizeitausflug für die maximal 14 Passagiere an Bord. Allerdings kostet so ein Luftschiff mit allen technischen Notwendigkeiten etwa 20 Millionen Euro. Hinzu kommen laufende Kosten wie Unterbringung, Wartung und das Bodenpersonal. Dafür bekommen Passagiere eine echte Seltenheit geboten.

Den Zeppelin mit dem Zusatz NT gibt es nämlich nicht oft auf der Welt. NT - das steht für "neue Technologie". Drei Stück fliegen in Amerika, zwei in Deutschland. Ein dritter Zeppelin NT für den deutschen Flugbetrieb wird zurzeit in Friedrichshafen gebaut.

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Theo bleibt - irgendwie

Nicht nur am Himmel, auch am Boden hat Hugo das Ruhrgebiet um eine Attraktion reicher gemacht. Der neue Luftschiff-Hangar ist eine Landmarke im Ruhrgebiet. Die große, silber glänzende Konstruktion ist umringt von Feldern und Wiesen. Wer über die A52 ins Ruhrgebiet fährt, kann ihn gar nicht übersehen. Für den riesigen Bau musste der vorherige, kleinere Hangar, die sogenannte "grüne Raupe", weichen. Lange Jahre war sie das Zuhause von Luftschiff Theo. Das grüne Zeltdach wurde abgerissen und durch den neuen Hangar ersetzt. Unter dem riesigen Holzgerüst haben jetzt beide Luftschiffe Platz.

Ein Zeppelin in einem Hangar

Zeppelin Theo im Hangar

Der Hangar kann zudem als Event-Location genutzt werden. Auch wenn Theo nicht mehr fliegen wird, bleibt er ein fester Bestandteil des Luftschiff-Hangars. Mitarbeiter nennen ihn liebevoll "die größte Stehlampe der Welt". Der Zeppelin NT fliegt noch bis Mitte Juli über Rhein und Ruhr, wird die Feriensaison am Bodensee verbringen. Im September kehrt er wieder ins Ruhrgebiet zurück.