Hülya Görel sitzt lächelnd in einem Bus

Wuppertal: Hülya Görel ist "LieblingsbusfahrerIn 2024"

Wuppertal | Unterwegs

Stand: 09.12.2024, 07:14 Uhr

Busfahrerin Hülya Görel ist gerade in ihrer Morgenschicht, als ein Mann in ihrem Bus ausrastet und andere Fahrgäste attackiert. Die besonnene Reaktion der Wuppertalerin verhindert womöglich Schlimmeres. Für ihr Engagement hat Görel nun einen Preis bekommen.

Von Martin Henning (Text) und Timo Spicker (Multimedia)

Auf Schichten wie diese freut sich Hülya Görel immer besonders. Gerade hat sie erfahren, dass sie mit einem nagelneuen Bus durch die Straßen Wuppertals fahren darf. Sie öffnet die Türen des himmelblauen Gefährts, greift ins Cockpit und drückt alle Lichtschalter. Der Bus beginnt, orange zu blinken und zu leuchten. Vor jeder Schicht muss Görel kontrollieren, ob alles funktioniert und das Fahrzeug nicht beschädigt ist. Sie steigt wieder aus und läuft einmal um den Bus. "Der riecht so toll neu. Die Böden innen - total schick", schwärmt die 40-Jährige. Dann setzt sie sich ans Steuer und startet den Motor. Erst ein kurzes Rattern, dann setzt sich das tonnenschwere Gefährt in Bewegung.

Die erste Route an diesem Tag führt nach Vohwinkel. Einige Fahrgäste sagen beim Einstieg "Hallo" und lächeln Görel an. Die 40-Jährige lächelt zurück und schickt ihrerseits eine Begrüßung hinterher. Viele, die öfter mit der gleichen Buslinie unterwegs sind, kennt sie schon gut. "Dann weiß man, wohin sie fahren, wann sie Geburtstag haben und was sie sich gegenseitig schenken", erzählt Görel. Doch nicht immer läuft es im öffentlichen Nahverkehr so entspannt ab wie an diesem Tag.

Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln in NRW

Laut des "Sicherheitsberichts NRW" wurden 2023 insgesamt 36.310 sicherheitsrelevante Meldungen in öffentlichen Verkehrsmitteln in Nordrhein-Westfalen registriert. Zwar ist die Gesamtzahl im Vergleich zum Vorjahr um 610 Meldungen zurückgegangen, in den gewaltspezifischen Kategorien sind die Zahlen aber allesamt angestiegen:

  • Sachbeschädigung (von 5179 im Jahr 2022 auf 6530 Fälle im Jahr 2023)
  • Beleidigung (von 5604 auf 5636)
  • Hausfriedensbruch (von 1743 auf 2034)
  • Bedrohung (von 1138 auf 1322)
  • Körperverletzung (von 708 auf 809)
  • Sexualdelikte (von 71 auf 86)
  • und Raub (von 9 auf 17 Fälle).

Görel wird ein Fall besonders im Gedächtnis bleiben. An einem Morgen zwischen 9 und 10 Uhr steigt bei ihr ein Fahrgast zu, der sich aggressiv verhält und andere Fahrgäste belästigt. Als sich die Opfer wehren, greift der Mann sie körperlich an. Zwei Personen werden verletzt, eine Trennscheibe geht zu Bruch. Busfahrerin Görel behält die Nerven, stoppt den Bus am Fahrbahnrand und ruft die Polizei. Außerdem schließt sie die Bustüren, sodass der Täter nicht flüchten kann.

Wuppertal: Busfahrerin erhält Preis für ihr Eingreifen

Mit ihrer besonnenen Reaktion hat sie nicht nur Schlimmeres verhindert, sondern auch überregionale Bekanntheit erlangt: Sie ist als eine der fünf beliebtesten Busfahrerinnen in ganz Deutschland ausgezeichnet worden. Der Preis "LieblingsbusfahrerIn 2024" ist gemeinsam vom Fahrgastverband PRO BAHN, der DB Regio, dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen verliehen worden. Beim Wettbewerb sollen Kundinnen und Kunden des ÖPNV ihre persönlichen Bus-Geschichten erzählen und einsenden. Eine Jury wählt die bemerkenswertesten Geschichten aus und kürt die Lieblingsbusfahrerinnen und Lieblingsbusfahrer in Deutschland.

Busfahrerin Hülya Görel ist ein kleiner Star in Wuppertal

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Quereinstieg als Busfahrerin

Görel ist Busfahrerin aus Leidenschaft. Und trotzdem hat es gedauert, bis sie zu ihrem Traumjob gefunden hat. Görel hat lange Zeit im Einzelhandel gearbeitet, doch irgendwann gemerkt, dass die Arbeit sie nicht ausfüllt. 2022 bewarb sie sich bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) und befördert seitdem Fahrgäste durch die Stadt. Die Leidenschaft für das Busfahren kam nicht aus heiterem Himmel, sondern wurde ihr quasi in die Wiege gelegt.

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Ihre Familie hat Görel auch aktiv darin bestärkt, den Busführerschein zu machen - vor allem ihr Bruder. "Er hat immer gesagt: 'Du schaffst das'", erzählt sie.

Für Görel ist es selbstverständlich, dass sich ihre Fahrgäste sicher und wohl fühlen. Deswegen hat sie sich auch um den jungen Mann gekümmert, der bei besagter Attacke verletzt wurde. "Wenn einem so etwas passiert, braucht man Trost und jemanden, der bei einem ist", sagt die 40-Jährige.

Dank der Auszeichnung kennen nicht mehr nur Stammgäste die "kleinere Frau mit den blonden Haaren". So wurde sie von der Person bezeichnet, die sie für den Preis vorgeschlagen hat. Görel motiviert die Ehrung zwar, ein anderer Aspekt ist ihr in ihrem Traumberuf aber weitaus wichtiger. "Ich freue mich jeden Tag auf die Begegnung mit Menschen", sagt sie.

Über dieses Thema haben wir am 06.12.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.