Der Wikinger der Linie 73
Stand: 06.11.2023, 11:49 Uhr
Alex Menschel ist Busfahrer im Sauerland, in Plettenberg. Und hat eine eigene Fanbase. Die sitzt allerdings nicht vorne im Vierer, sondern vor den Handybildschirmen. Eine Geschichte über einen Mann, dessen gute Laune einfach ansteckend ist.
Von Heiko Dolle
Die Bustür der Linie 73 öffnet sich. Im Fahrersitz sitzt Alex Menschel, groß, tätowiert, mit langem Bart und an den Seiten rasiertem Kopf. Ein Wikinger im Strickpullover. Der 38-Jährige zieht sofort die Blicke der einsteigenden Passagiere auf sich. Das ist ein Busfahrer, dem man besser nicht blöd kommt, denken einige vielleicht. Wer Menschel besser kennt weiß: unter dem zotteligen Vollbart befindet sich ein breites Lächeln.
Busfahrer sind meist grimmig und schlecht gelaunt. Mit diesem Vorurteil will Menschel aufräumen. "So bin ich nicht", sagt er. Auf seinem Instagram-Account teilt er seinen Alltag als Busfahrer, immer mit einer Prise Humor. Einige Clips wurden bereits über viereinhalb Millionen Mal angeklickt. Dabei nimmt sich Menschel auch gerne selbst auf die Schippe.
Er sei immer nett und freundlich. Egal ob die Kamera an ist, oder nicht. "Ich finde es schön, wenn die Fahrgäste mit einem Lächeln reinkommen und mit einem Lächeln wieder rausgehen", sagt er. Nicht wenigen der Fahrgäste bleibt der Busfahrer so sehr im Gedächtnis, dass sie nach der Fahrt erst einmal auf seinem Instagram-Kanal vorbei schauen.
Von der Baustelle auf den Fahrersitz
Plettenberg liegt ganz im Westen des Sauerlandes. Rund 25.000 Menschen leben hier, es ist mehr Dorf als Stadt. Man kennt sich. Und Menschel, den kennen die Fahrgäste ohnehin von seinen Social-Media-Kanälen. Und nicht nur sie. Der 38-Jährige ist mittlerweile weit über die Stadtgrenzen bekannt.
Wie reagieren die Fahrgäste auf den Gute-Laune-Busfahrer?
00:23 Min.. Verfügbar bis 06.11.2025.
Menschel ist eigentlich gelernter Maurer. Doch ein Bandscheibenvorfall veränderte sein Leben. Auf der Baustelle Steine zu schleppen, kam für ihn nicht mehr in Frage. "Ich musste mich umorientieren. Beim Arbeitsamt wurde ich gefragt, ob ich nicht Busfahrer werden wollte." Das lag eigentlich auf der Hand, bei einer Familie mit lauter Taxi-Fahrern. Nach Jahren als Busfahrer kann er sich heute nichts anderes mehr vorstellen.
"Gute-Laune-Bär" ist gut für‘s Betriebsklima
Für Menschel ist es ein Traumjob, die Branche allerdings kämpft mit Nachwuchsproblemen. Laut Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen könnten bis zum Jahr 2030 rund 87.000 Fahrerinnen und Fahrer fehlen. Menschels Instagram Videos werden dieses Problem nicht im Alleingang lösen. Aber sie helfen, Klischees und Vorurteile aufzubrechen.
Alex Menschel und sein Arbeitsgerät
Nicht nur deswegen ist sein Chef Alexander Hennecke froh über den gut gelaunten Kollegen. "So einen Gute-Laune-Bär, den muss man auch dazwischen haben." Das sei gut für’s Betriebsklima. "Von ihm könnte ich gern ein paar mehr haben", sagt sein Chef mit einem Schmunzeln.
Die nächste Tour beginnt. Schüler an der Ganztagsschule abholen. "Da kann es schon mal lauter und voller werden", sagt Menschel aus Erfahrung. Für den 38-Jährigen heißt es jetzt in dem dichten Gedränge im Bus: volle Konzentration. Den Überblick behalten bei so vielen Schülern. Trotzdem kommt nur selten ein mahnendes Wort an die jungen und lauten Fahrgäste über seine Lippen.
Ein Busfahrer als Wikinger
Menschel ist nicht nur ein ungewöhnlicher Busfahrer. Auch sein Hobby ist nicht alltäglich. Wenn er nicht gerade durch Plettenberg kurvt, sitzt er mit Freunden am Lagerfeuer.
Alex Menschel als Wikinger Alrik am Lagerfeuer
Dort kennen ihn alle nur als den Wikinger Alrik. "In diesem Hobby ist es halt normal, dass man sich einen nordischen Namen gibt." Viele seiner Fahrgäste sprechen ihn mittlerweile auch als Alrik an. "Ich finde das lustig", sagte der Busfahrer und schmunzelt durch seinen dichten Bart.
Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 27.10.2023: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.