Links, rechts, links, rechts - im gleichmäßigen Takt schwingt Constantin Fried seine Sonde. Zwei bis drei Stunden wird der 29-Jährige heute den riesigen Acker am Berghang in Porta Westfalica mit seinem Metallsuchgerät abgehen. Im Spätsommer kann er seinem Hobby endlich wieder nachgehen. Das Feld ist abgeerntet und gepflügt, der Bauer hat seine Erlaubnis gegeben. Der Himmel ist leicht bedeckt, das ist ideal. Denn wenn die Sonne auf den Acker brennt, ist es hier nicht auszuhalten.
Als Sondengänger ist Fried immer auf der Suche nach Spuren aus der Vergangenheit. Das kann alles vom Knopf bis zur antiken Münze sein. Vor acht Jahren zog Fried das erste Mal mit seiner Sonde los. Damals arbeitete er noch als Veranstaltungstechniker. Sondengehen war für ihn ein schöner Ausgleich zum Kistenschleppen und Bühnenaufbau. Also holte er sich beim Landesverband Westfalen Lippe (LWL) die Genehmigung dafür ein. Ohne die ist es illegal und strafbar.
Funde, die Geschichte schreiben
Jeden Fund muss Fried den Archäologen des LWL schicken. Per App markiert er auch die genaue Fundstelle und übermittelt diese Daten. Damit hilft er den Archäologen, die wahrscheinlich sonst nie auf diesen Acker aufmerksam geworden wären. Rund 500 Sondengänger wie Fried sind beim LWL registriert.
Nach ein paar Minuten piept Frieds Sonde. Irgendetwas liegt da im Boden, genau vor ihm. Mit dem Spaten buddelt er es aus. Das ist der Moment, für den Fried brennt, sein Puls steigt. Was ist hier vergraben?
Sein bislang bester Fund: eine 1600 Jahre alte Spange für Kleider aus der römischen Kaiserzeit. Davon gibt es europaweit nur vier Stück. Aber diesmal hat Fried Pech gehabt. Er gräbt ein Stück Alufolie aus. Der 29-Jährige lächelt.
90 Prozent seiner Funde bestehen aus Alufolie, Schrauben, Nägeln, Munition oder sogar Wurstzipfeln, schätzt er. Entmutigen lässt Fried sich durch solche Funde nicht. Er geht weiter. Mit jedem Stück, das er hier findet, kann er ein Stück Geschichte neu schreiben. Wer hat hier früher gelebt und was hat er gemacht?
Vom Hobby zum Beruf
Neben den legalen gibt es auch viele illegale Sondengänger, die ihre Funde im Internet verkaufen. Von denen grenzt sich Fried klar ab. Ihm geht es um Geschichte, nicht um Profit. Wenn er etwas Besonderes findet, landet es im Schatzregal des LWL und Fried bekommt eine Belohnung dafür. Das war schon zehn Mal so.
Aus dem Hobby hat der 29-Jährige mittlerweile sogar seinen Beruf gemacht. In Göttingen studiert er Ur- und Frühgeschichte. Bei neuen Ausgrabungen unterstützt er den LWL mit seiner Sonde oder auch mal klassisch mit Spachtel und Pinsel. Damit verdient der Mindener heute sein Geld.
Ein Glückshormonrausch
Die Sonde piept. Diesmal ein hoher Ton. Ein gutes Zeichen für Fried. Hier müsste Edelmetall im Boden liegen. Sein Puls geht wieder hoch. Vorsichtig gräbt er im Boden. Mit seinem Pinpointer, das ist ein Handdetektor, untersucht er jeden Erdbrocken. Da ist das Signal wieder. Fried bricht den Brocken auf und kann nicht glauben, was er da plötzlich in der Hand hält.
Es ist eine über 2000 Jahre alte Münze aus der römischen Kaiserzeit. Ein sehr seltener Fund, der die Glückshormone wie einen Sturzbach durch seinen Körper strömen lässt.
Die Münze deutet darauf hin, dass vor über 2000 Jahren einmal Römer genau hier an dieser Stelle waren. Und einer von ihnen hat diese kostbare Münze verloren. Fried wird seinen Fund jetzt dem LWL zur genaueren Untersuchung schicken. Und wer weiß: Vielleicht findet sie irgendwann den Weg in ein Museum. Ein schöner Gedanke, findet der Sondengänger.
Über dieses Thema haben wir am 02.09.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.