Trotz Schicksalsschlag: Rentner gibt alles für den Traum vom Reisen

Minden-Lübbecke | Unterwegs

Stand: 19.08.2023, 11:49 Uhr

Für Karl-Heinz Vieker und seine Frau war das der große Traum: gemeinsam mit dem Wohnwagen durch Deutschland fahren. Doch seine Frau starb, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg machen konnten. Den Traum lebt Vieker aber weiter.

Von Philipp Blanke (Text), Nicolai Heger (Multimedia)

Wenn Karl-Heinz Vieker im Führerhaus seines Feuerwehr-Oldtimers sitzt, dann ist das sein persönliches Stück von Freiheit. Der 69-Jährige zieht an einer Schnur und gleich darauf dröhnt die alte Hupe über die Landstraße. Zwischen grünen Wiesen und Weizenfeldern fühlt er sich mittlerweile zuhause. Vor drei Jahren zog er los. Er verkaufte sein Haus, um als Rentner seinen Ruhestand zu genießen. Eigentlich sollte seine Frau ihn begleiten, doch das Ehepaar traf ein Schicksalsschlag.

Viel möchte er darüber nicht erzählen. Nur so viel, dass seine Frau an Krebs gestorben ist. Eigentlich wollten sie gemeinsam auf große Fahrt, denn er ist beruflich viel gereist, seine Frau blieb häufig zuhause. Jetzt ist er wieder alleine auf großer Fahrt. "Ab und zu ist es schon ein bisschen einsam", sagt Vieker. "Aber das ist eine Sache, mit der man leben kann."

Unterwegs im Zirkuswagen

Auf seinen Fahrten über Niedersachsen bis zur Nordseeküste legt er tausende Kilometer zurück. Sein Gefährt ist ein umgebauter Zirkuswagen. Eigentlich bräuchte er dafür einen LKW-Führerschein, doch den hat Vieker nicht. Deshalb hat er sich einen Trick überlegt. Der Rentner hat sich als Schausteller eintragen lassen. Für die gilt eine Sonderregel, sodass Vieker mit seinem normalen Führerschein fahren darf. Trotzdem gibt es einen Haken, der für ihn das Reisen ziemlich langsam macht.

Karl-Heinz Vieker hat sich einen Traum erfüllt | Bildquelle: WDR

Reisen ohne Freizeitstress

Im Rückspiegel staut es sich hinter ihm und seinem Zirkuswagen. Es sind dutzende Autos, die mit etwa 25 Kilometern pro Stunde auf der Landstraße fahren. So langsam wie auch Vieker fahren darf. Denn als eingetragener Schausteller darf er laut Straßenverkehrsordnung nicht schneller fahren. Für den Rentner zählt Schnelligkeit allerdings nicht mehr.

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Als Besitzer eines Oldtimers trifft er sich auf seinen Reisen mit gleichgesinnten Fans der alten Autos. Auf einer Wiese in Niedersachsen stehen fünfzig bis sechzig Jahre alte Traktoren und ausrangierte Zirkuswagen, wie die von Karl-Heinz Vieker. Als er ankommt ist schon sein Freund Jörg da, der ihm beim Rangieren hilft. Die beiden haben sich bei einem dieser Treffen kennengelernt. "Er ist ein ganz lieber. Ohne ihn kann ich mir ein Oldtimertreffen eigentlich gar nicht mehr vorstellen. Denn das ist einer, der zu seinem Wort steht", sagt Jörg. Drei Tage treffen sich die Oldtimerfans, um sich Tipps für die Reparatur zu geben, oder von ihren Reisen zu erzählen.

Das ist der Traum, den ich mir erfülle. Karl-Heinz Vieker, Wohnwagenbesitzer

Vieker hat seinen 22 Tonnen schweren alten Zirkuswagen selbst ausgebaut, von der ersten bis zur letzten Schraube. Innen sieht es aus wie in einem richtigen Wohnwagen: Zwei Betten, eine Küchenzeile, ein kleines Bad mit Toilette. Die Eichenbretter für den Aufbau hat er selbst zugeschnitten. Zusammengebaut hat er alles nach seinen eigenen Plänen.

Für lange Touren hat sich Vieker hier gemütlich eingerichtet. | Bildquelle: WDR

"Ich bin stolz drauf", sagt Vieker. Doch bevor er schon an die nächste Tour denkt, setzt er sich erstmal auf den Campingstuhl neben Jörg. Gemeinsam trinken sie ein alkoholfreies Bier, denn bis zum nächsten Wiedersehen wird es erstmal ein paar Monate dauern.

Über das Thema haben wir am 11.07.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.