
Rentnerin auf Monsterfang: Ostenfeldes verrückteste Jägerin
Stand: 24.02.2025, 16:37 Uhr
Sechs Handys, eine Mission: Monika Take-Hülsmann ist mit 72 Jahren leidenschaftliche Pokémon-Jägerin. In Ostenfelde im Kreis Warendorf streift sie täglich durch die Straßen, immer auf der Suche nach den seltensten Monstern für die App Pokémon Go. Wie sie als Seniorin ihr Herz an das Spiel verloren hat.
Von Detlef Proges
Monika Take-Hülsmann ist auf der Jagd. Fast jeden Tag. Ihr Revier ist ihr Heimatdorf Ostenfelde im Kreis Warendorf, ihre Munition sind ihre Finger, ihre Waffen sind sechs Handys. Die 72-Jährige trägt sie in Halterungen gesichert auf einem Brett vor sich her. Während sie eine Runde um die Kirche im Dorf dreht, geht ein feines Zittern durch ihre Hände. Ob es die Aufregung oder die Kälte ist? Vielleicht beides. Schließlich kann jederzeit ein Pokémon vor ihr auftauchen. Wenn sie Glück hat, ein seltenes Exemplar. Oder ein Kampf ausbrechen.
Eigentlich kämpft Monika Take-Hülsmann nicht gern. Wenn sie gewinnt, freut sie sich aber trotzdem
01:11 Min.. Verfügbar bis 25.02.2027.
Stunden zuvor hat Take-Hülsmann am Morgen ihre sechs Handys von der Ladestation genommen und sie auf dem Brett befestigt. Nach dem Einschalten öffnet sie als erstes die App Pokémon Go. Einige bunte Eier erscheinen auf dem Bildschirm. Für jedes von ihnen musste Take-Hülsmann zum Ausbrüten eine gewisse Strecke zurücklegen. An diesem Morgen schlüpfen gleich drei Pokémon dank der Kilometer vom Vortag.
Pokémon Go: Senioren im Kreis Warendorf auf Monsterjagd
Das Handyspiel Pokémon Go hatte einen viel beachteten Start im Jahr 2016. Inzwischen ist es etwas stiller geworden um die bunten Fantasiewesen. Noch immer schätzen Branchenmagazine die Zahl der monatlich aktiven Nutzer weltweit auf mehr als 80 Millionen. Der Pokémon-Go-Hype ist also noch nicht komplett vorüber. Erst recht nicht in Ostenfelde. Take-Hülsmann ist wohl eine der größten Anhängerinnen der virtuellen Jagd in ganz NRW. Seit achteinhalb Jahren spielt die pensionierte Grundschullehrerin inzwischen Pokémon Go. Ein Fan der ersten Stunde. Ihr Sohn hatte ihr damals gesagt: "Mama, du musst rausgehen", und ihr das Spiel gezeigt. Seitdem ist sie vom Pokémon-Fieber infiziert. "Hauptsächlich mache ich das, um rauszukommen, bei Wind und Wetter. Und natürlich muss es noch Spaß machen."
"Man möchte im Laufe der Zeit alle verschiedenen haben. Einige heißen Shinys, die schillern so und sind etwas ganz Besonderes", erklärt die 72-Jährige und zeigt stolz auf ein Pokémon auf ihrem Handy. Schon bei ihr zu Hause kann sie die ersten virtuellen Monster fangen. Die pensionierte Lehrerin bewirft sie auf den Handys mit ein paar Bällen. Der erste Jagderfolg für "Farina Samurai" an diesem Tag findet in ihrem Wohnzimmer statt. In der virtuellen Welt ist Take-Hülsmann nicht unter ihrem richtigen Namen unterwegs. Ihre Accounts tragen Namen von Hunden und Pferden, die ihre Familie einmal besessen hat.

Sechs Smartphones mit je eigenem Spielprofil stehen Take-Hülsmann zur Verfügung
Dann geht es los. Raus in einen kleinen Park in Ostenfelde. Schon ist Take-Hülsmann wieder vertieft in die Online-Jagd nach den kleinen Monstern, die an bestimmten Orten virtuell auf den sechs Handybildschirmen auftauchen. "Ich spiele mit mehreren Geräten gleichzeitig, weil dann einfach mehr los ist. Wenn ich nur ein Handy habe, muss ich manchmal warten, bis wieder etwas passiert." Etwa 25 Kilometer ist sie jede Woche draußen unterwegs. Das weiß sie ganz genau, weil das Spiel das registriert.
"Das gehört doch verboten!"
Wenn die Pensionärin aus Ostenfelde ein starkes Pokémon gefangen hat, freut sie sich besonders: "Wenn man dann so ein tolles hat, das gut kämpfen kann, dann schlage ich jeden Gegner." Aber, schickt die 72-Jährige sofort hinterher, kämpfen ist eigentlich gar nicht ihr Ding. Da habe sie nicht so große Freude dran. Mit ihren sechs Handys ist sie wie sechs Spielerinnen gleichzeitig unterwegs - und damit fällt sie auf. Die meisten Menschen würden sehr freundlich reagieren. Kinder würden oft fragen, was sie da mit den ganzen Handys mache. "Und dann erzähle ich das ihnen. Das ist immer sehr süß." Aber sie erlebt gelegentlich auch andere Reaktionen.
Wie reagieren Passanten auf Monika Take-Hülsmann?
01:29 Min.. Verfügbar bis 25.02.2027.
In ihrem Heimatdorf Ostenfelde im Kreis Warendorf kennt die ehemalige Grundschullehrerin schon jeden Winkel. Aber sie nimmt auch immer einige Handys mit in den Urlaub. Dann hilft das Spiel, sich im Ort zu bewegen und ihn besser kennenzulernen.
Mehrere Tage ohne Pokémon Go kann sich die Pensionärin kaum noch vorstellen. "Ich bin schon ein bisschen verrückt, und meine Kinder sagen, ich bin süchtig", sagt sie, während sie durch den kleinen Park weiterläuft und mit beiden Händen gleichzeitig auf den sechs Handys Pokébälle wirft, Kämpfe beginnt und kleine Monster auswählt. Die Jagd an diesem Tag ist noch nicht vorbei.
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.