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Nostalgischer Unterwasserspion: Unterwegs mit der "MS Westfalen"
Stand: 01.11.2023, 09:10 Uhr
Viele neugierige Blicke vom Ufer begleiten das Schiff mit den langen Armen im Wasser auf jeder Seite bei seiner Fahrt. Die "MS Westfalen" ist eine Mischung aus Forschungsstation, Überwachungsanlage und riesigem Scanner.
Von Daniel Winkelkotte
Zentimetergenau steuert Oliver Wilke das rund 30 Meter lange Schiff am Uferbereich entlang. Er ist hoch konzentriert, jeder Handgriff muss sitzen. Schon ein kleiner Fehler könnte fatale Folgen haben. Schließlich ist das Spezialschiff mit teurer Technik ausgestattet.
Wo Schiffsführer Oliver Wilke besonders aufpassen muss
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Dieses Schiff ist ein regelrechter Unterwasserspion. Es scannt den Gewässergrund ab, um Unregelmäßigkeiten aufzuspüren. "Wir machen wiederkehrende Tiefenmessungen, um die Sicherheit für die Schifffahrt zu gewährleisten", erklärt Josef Berning, Leiter der Gewässervermessung beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Westdeutsche Kanäle. 720 Kilometer ist das Binnenwasserstraßennetz in NRW lang. Es verlässlich befahren zu können ist auch ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Region.
Ein verlässlicher Oldtimer
Die fast 200 PS starke MS Westfalen (Heimathafen Bergeshövede) ist ein sogenanntes Peilschiff. Es ist bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert überregional auf den Wasserstraßen im Einsatz. Gebaut wurde es 1968 auf der "Weserwerft Minden". Kosten damals: rund 400.000 D-Mark. "Ein altes Schätzchen, etwas in die Jahre gekommen, aber ein Hingucker", sagt Schiffsführer Wilke. Das Herzstück sei die Technik. "Und die funktioniert meistens reibungslos."
Seit fast 20 Jahren ist die "MS Westfalen" für ihn wie ein "zweites Zuhause". Oft ist er über mehrere Tage oder sogar Wochen mit dem Schiff unterwegs. Heute ist er zusammen mit einem Matrosen und einem Peiltechniker auf dem Dortmund-Ems-Kanal zwischen Münster und Senden im Einsatz.
Die Crew ist ein eingespieltes Team. Sie fährt mit dem Schiff jährlich rund 400 Kilometer Wasserstraße ab, um auf den Kanälen, der Ruhr und der Ems nach Hindernissen für die Schifffahrt zu suchen. "Das ist wichtig, um Untiefen oder sonstige Gefahrenstellen rechtzeitig zu entdecken", sagt Josef Berning.
3D-Scanner im Wasser
Das Schiff ist mit besonderen elektronischen Einrichtungen für Tiefenmessungen und Satellitenortung ausgestattet. In den beiden seitlichen Auslegern und im Rumpf sind im Abstand von rund 50 Zentimetern 45 Vertikalecholote verbaut. "Diese Ausleger sind unter Wasser. Sie sehen ein bisschen aus wie die Tragflächen bei einem Flugzeug. Damit können wir die Gewässersohle quasi abscannen", so Berning.
Josef Berning erklärt, wie das Peilboot arbeitet
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Die Messpunkte an der Sohle erhalten in Verbindung mit einem speziellen Ortungssystem und weiteren Sensoren in Echtzeit globale Koordinaten. So entsteht ein dreidimensionales Bild der Struktur und Beschaffenheit unterhalb der Wasseroberfläche, ein digitales Unterwassermodell.
Daten-Hauptquartier Peilbüro
"Alle Informationen laufen auf den Bildschirmen an Bord zusammen, werden dort fachtechnisch analysiert und zur weiteren Verarbeitung unserem Peilbüro in Rheine bereitgestellt", erläutert Josef Berning. Im Büro werden die Daten aufbereitet und den Außenbezirken und dem bautechnischen Dienst zur Verfügung gestellt.
Welche Gegenstände das Ortungsboot erkennen kann
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Neben den jährlichen Verkehrssicherungspeilungen wird das Schiff auch für Sonderpeilungen eingesetzt, beispielsweise im Zuge von Baumaßnahmen und Baggerarbeiten. "Gelegentlich wird es auch bei vermuteten Bauwerksschäden oder zur Wracksuche angefordert. Wir haben tatsächlich schon mehrfach versunkene Autos damit aufgespürt", erzählt Josef Berning. Das würde unter anderem von der Polizei angefragt.
Nach wenigen Stunden ist die Peilfahrt auf dem Dortmund-Ems-Kanal bei Münster beendet. "Hier ist alles in Ordnung", zieht die Crew Bilanz. Für sie geht die Arbeit in den kommenden Tagen auf der Ruhr bei Duisburg weiter.
In wenigen Jahren soll die "MS Westfalen" durch ein moderneres Peilbootschiff ersetzt werden. Der nostalgische Unterwasserspion wird dann ausgedient haben. Doch bis es so weit ist, wird er von Schiffsführer Oliver Wilke und seiner Crew weiter gehegt und gepflegt.
Über dieses Thema haben wir auch am 18.10.2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.