Wie dieser Pastor Seelsorge auf dem Wasser anbietet
Stand: 29.06.2023, 12:43 Uhr
Mit dem Schiff auf dem Wasser unterwegs sein - das war der Traum von Frank Wessel. Jetzt kümmert er sich als Pastor des Evangelischen Binnenschifferdiensts um Seemänner und ihre Familien.
Von Anke Strotmann (Text) und Sara Wendhack (Multimedia)
Schon von weitem hat Frank Wessel den Matrosen auf dem Frachter erspäht. Langsam fährt das Kirchenboot namens Johann Hinrich Wichern an das andere Schiff heran, bis es längsseits auf gleicher Höhe ist. "Wie geht es?" fragt Wessel und schon ist er im Gespräch mit dem Matrosen Frank Ricks. Es geht um sein nächstes Ziel und den Azubi, der auf dem Schiff seine Lehre macht.
Der wichtigste Part in den Gesprächen ist Zuhören
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"In der Regel frage ich: Wo kommt ihr her, wo geht es hin? Sind alle gesund? Ist alles gut?", sagt Wessel. Sein Gegenüber setze von ganz alleine dann das Thema, das ihm wichtig sei: Schwierigkeiten mit den Kindern zum Beispiel oder die berufliche Situation. "Schon sind wir im Gespräch und das läuft dann von ganz alleine", sagt er.
Die Deutsche Seemannsmission e.V. ist eine evangelische Seelsorge- und Sozialeinrichtung für Seeleute. Mit ihren Mitgliedsvereinen betreibt sie nach eigenen Angaben 35 Stationen im In- und Ausland. Ihr übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Seeleute.
Menschen aus der Isolation holen
Denn das Leben an Bord ist nicht nur ein spannendes Abenteuer. Für Seemänner und Schifferfamilien, die weit weg von Hause sind, kann der Job auf dem Wasser zu einer großen Belastung werden. "Der Kontakt zu Familie, Freundeskreis, die Isolation an Bord kann ein Problem sein, trotz Internet, trotz der modernen Medien", sagt der Pastor. Im Auftrag der Seemannsmission ist er deshalb ein- bis zweimal pro Woche zusammen mit seiner Crew auf 700 Kilometern entlang der Rheinschiene unterwegs.
Pastor Frank Wessel über Sorgen der Seeleute
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Dabei hat er viele Kontakte zu Binnenschiffern. Diese sogenannten Partikulierer sind häufig mit ihren Familien an Bord, weil ein gemeinsames Leben an Land für sie nicht möglich ist. Das funktioniert meist nur solange, bis das Kind schulpflichtig wird. "Entweder geht die Frau mit dem Kind an Land und der Mann fährt mit einem Matrosen weiter oder das Kind kommt in ein Heim", sagt Wessel. Wie man es drehe und wende, die Familie werde auseinandergerissen und das immer für längere Strecken. "Das ist nicht ganz einfach."
Eine schwimmende Kirche
Wessels Aufgaben sind aber nicht nur Zuhören und Dasein. Dazu kommen auch praktische Dinge. Zum Beispiel hilft die Crew auch mal einen Wocheneinkauf an Bord zu bringen. "Wenn die Frau dann sagt, ich muss jetzt zum Bahnhof oder so und will zu unserem Kind fahren, dann können wir gucken, dass wir den Transport regeln", sagt er.
Duisburg hat den weltweit größten Binnenhafen. Hier sind Schiffe aus der ganzen Welt unterwegs - und doch kennt Wessel viele der Seeleute. Er unterrichtet am Schifferberufskolleg und bildet dort den Nachwuchs aus. Seine ehemaligen Schüler trifft er häufig auf seinen Fahrten wieder. "Manchmal kommen sie dann und fragen, Herr Wessel, das jüngste ist noch nicht getauft. Können wird das hier machen?", sagt der Pastor. Dafür sei das Kirchenboot da, dass man Taufen und auch Trauungen vollziehen könne. Im Inneren des kleinen Schiffes ist Platz für 15 Gäste.
Pastor Frank Wessels Liebe zum Wasser
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Seit 30 Jahren macht Wessel diesen Job. "Für mich ist das der schönste Arbeitsplatz, den ich mir denken kann", sagt er. "Draußen auf dem Wasser, die Landschaft zieht vorbei. Man begegnet Menschen, man weiß nicht, wem man begegnet und was auf einen zukommt. Das ist jeden Tag anders und neu."
Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 17.05.2023: Lokalzeit aus Duisburg, 19:30 Uhr.