Fußballplätze sind sein Hobby: Unterwegs mit einem Groundhopper

Düsseldorf | Unterwegs

Stand: 10.09.2024, 07:34 Uhr

Immer auf der Suche nach neuen Fußballplätzen - darum geht es beim Groundhopping. Für Jonas Elis ist es die liebste Freizeitbeschäftigung. Und NRW hat für ihn einiges zu bieten.

Von Erik Acker

Sonntagnachmittag, der Platzwart zieht mit seinem Kreidewagen die Linien des Fußballplatzes nach, dann fahren die Rasensprenger aus dem Boden und beregnen den gepflegten grünen Rasen ein letztes Mal, bevor es losgeht. Heute spielen die A-Junioren von Fortuna Düsseldorf gegen Rot-Weiss Essen auf der Sportanlage der DJK TuSA 06 Düsseldorf. Es ist das Finale des Niederrheinpokals. Jonas Elis steht mit zusammengekniffenen Augen auf der Tribüne und schaut auf das Spielfeld. Der 32-Jährige ist aus Duisburg hergefahren, weil er ein besonderes Hobby hat.

Auf der Suche nach neuen Fußballplätzen

Elis sieht sich als Groundhopper. Das bedeutet, er verbringt beinahe jede freie Stunde in Stadien und auf Fußballplätzen, die er noch nicht kennt - in Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Der englische Begriff "ground" meint den Fußballplatz und das Verb "to hop" heißt hüpfen oder springen. Groundhopper hüpfen also schnell von Spielfeld zu Spielfeld. Wenn er ein Spiel auf einem Platz gesehen hat, kann er die Sportanlage zu seiner "Sammlung" hinzufügen, wie er sagt. Denn er sieht seine Leidenschaft vor allem im Sammeln. 2012 Fußballplätze hat er schon besucht, aber der Platz heute fehlt ihm noch.

Die Tribüne des Sportplatzes füllt sich langsam, zwischen grünen Baumwipfeln ragt die Fleher Brücke heraus, die Sonne kommt hinter den dicken Wolken hervor und strahlt auf die Brücke und die Sportanlage. Elis kneift die Augen zusammen. Der Geruch von Bratwurst und Anspannung liegt in der Luft und auch bei ihm steigt die Vorfreude. "Ich hoffe, das Spiel wird spannend!"

Jonas Elis erwartet ein interessantes Spiel 00:23 Min. Verfügbar bis 10.09.2026

Vor knapp vierzehn Jahren hat Elis mit dem Groundhopping angefangen. 60 Länder hat er dafür schon bereist, aber allein in NRW hat er schon etwa 800 Stadien, Sportanlagen und Fußballplätze gesehen. Abgegrast hat er sein Bundesland jedoch noch nicht. Laut Landessportbund gab es 2021 mehr als 11.000 Fußballplätze in NRW. Von vielen Spielen bewahrt Elis sein Ticket auf, als Erinnerung.

Außerdem führt er akribisch eine Excel-Liste, in der er eine laufende Nummer, das Datum, die Sportstätte und die Stadt, das Land, die beteiligten Mannschaften, das Ergebnis und den Wettbewerb notiert. Eine extra Spalte gibt es noch für besondere Vorkommnisse wie Spielabbrüche oder kuriose Schiedsrichterentscheidungen. "Das hat für mich Tagebuch-Charakter, weil ich gerne auf vergangene Spiele zurückschaue und mich so gut an die Orte erinnere, an denen ich schon war." In NRW hat er besonders viel Zeit verbracht, weil die Dichte an Vereinen so hoch sei.

Die Ticketsammlung von Jonas Elis | Bildquelle: WDR / privat

Ballungsraum NRW

Fast alle Plätze in Bahnhofsnähe habe er hier schon abgeklappert. Elis hat nämlich keinen Führerschein. Der Ball rollt inzwischen und direkt vor Elis' Nase führen die Teams die ersten intensiven Zweikämpfe. Die Fußballkultur NRWs begeistert den 32-Jährigen besonders. "Für mich geht es bei den Spielen auch viel um das Drumherum." Wie die Stimmung ist, wie der Platz oder das Stadion aussieht und welche Menschen das jeweilige Vereinsleben prägen.

Jonas Elis findet die Region Rhein-Ruhr spannend 00:23 Min. Verfügbar bis 10.09.2026

1:0 für Fortuna, Elis klatscht begeistert und beobachtet die Reaktionen auf dem Feld. Er freut sich auf das Spiel, weil es um etwas geht. Seine Leidenschaft zum Sammeln von gesehenen Fußballspielen hat sich mit der Zeit aufgebaut. Zu Beginn war es sein Ziel, in allen Stadien der ersten Fußball-Bundesliga gewesen zu sein, dann kamen andere Ligen und irgendwann das Ausland hinzu.

Mehr als nur ein Hobby

Elis nimmt für sein Hobby viel auf sich. "In einer normalen Woche sind es vier bis fünf Spiele, die ich schaffe." Das will vernünftig geplant sein, denn gerade an Wochenenden können es auch mal drei Spiele am Tag sein, die Elis sehen will. Dafür verbringt er viel Zeit in der Bahn oder in Autos von Freunden, die dem gleichen Hobby nachgehen. Und Geld gibt er auch gerne dafür aus: 500 Euro pro Monat schätzt er - für Anreise, Unterkunft, Verpflegung und natürlich Eintrittskarten.

Jonas Elis über sein Hobby Groundhopping 00:20 Min. Verfügbar bis 10.09.2026

Mittlerweile führt Fortuna 2:0, knapp 35 Minuten vor dem Ende! Die Düsseldorfer sind der Favorit, weil sie als Bundesligist gegen einen Niederrheinligist in der höheren Liga spielen. "Ich hoffe, der Rest des Spiels wird jetzt nicht langweilig", sagt Elis. Das käme häufig vor. Denn ob er Spiele in der Kreisliga besucht oder in der Champions League - Spannung sei nie garantiert. Gerade in den Wintermonaten frage er sich dann, weshalb er sich komplett durchgefroren an einen Aschenplatz mitten in der Provinz stellt.

Aktuell hat er aber eine kleine Glückssträhne: 96 Spiele in Folge habe er kein 0:0 mehr gesehen. "Mein Ziel ist es, dass ich auf jeden Fall auf hundert komme." Mit einer Handvoll Freunden, die die Leidenschaft mit ihm teilen, hat der Duisburger ein Mittel gefunden, weniger spannende Spiele interessanter zu gestalten. "Wir spielen dann unter uns Freunden das Ballkontakte-Spiel." Wenn der Ball aus dem Spielfeld rollt und jemand aus der Gruppe es schafft, ihn mit dem Fuß zurückzuspielen, bekommt er einen Punkt. Gelingt ihm das sogar mit dem Kopf, gibt das drei Punkte. "Wer am Ende die meisten Punkte hat, ist für den Trip der König und darf zum Beispiel bestimmen, zu welchem Spiel es als Nächstes geht."

Für die besonderen Momente

Doch an diesem Sonntagnachmittag muss Elis darauf nicht zurückgreifen. Denn Rot-Weiss Essen kommt zurück und schafft es sogar, auszugleichen. Solche Spiele, in denen es um etwas geht und die Spannung bieten, würden sein Hobby ausmachen. Und dann erzählt Elis, dass es für ihn schon Monate gab, in denen er es geschafft hat, mehr Fußballspiele zu sehen als Sonnenaufgänge. Und das liege nicht daran, dass er morgens immer spät aufgestanden sei.

Wieder ein neuer Platz für die Sammlung: der Sportplatz des TUSA 06 | Bildquelle: WDR / Erik Acker

Abpfiff! Essen gewinnt das Spiel 3:2, nachdem Düsseldorf 2:0 geführt hat. "Das war spannend, das hat sich richtig gelohnt", zieht Elis sein Fazit. Zufrieden verlässt er die Sportanlage und macht sich auf den Weg nach Hause. Einen Teil der Freude an seinem Hobby hat er aber noch vor sich: Wenn er nämlich gleich, auf dem Rückweg, das heutige Spiel in seine Excel-Liste eintragen kann und aus den 2012 besuchten Spielen 2013 werden.