So sieht der frühere NS-Gebäudekomplex in der Eifel heute aus 00:19 Min. Verfügbar bis 10.12.2026

Vom Gefängnis zur Wanderhütte: Das Haus Vogelsang im Nationalpark Eifel

Euskirchen | Unterwegs

Stand: 10.12.2024, 17:10 Uhr

Wo früher Nazis marschierten und Häftlinge schliefen, finden Wanderer im Nationalpark Eifel heute ein besonderes Quartier. Ein bewegender Ort für eine Übernachtung im "Eifeler Haus Vogelsang".

Von Sabine Rieck

Mystisch verhüllen Nebelschwaden das Haus, hinter dem Schleier schimmert die Bruchsteinfassade durch. Gehäkelte Gardinen hängen in den Fenstern. Warmes Licht strömt nach draußen. In der Mitte des Hauses klafft ein großes Tor. Denn das Gebäude ist das Eingangstor zum Komplex Vogelsang IP in Schleiden im Kreis Euskirchen. Die gemütliche Atmosphäre des Hauses lässt kaum erahnen, welche Vergangenheit in ihm steckt.

Eifel: Unterkunft mit Nazi-Vergangenheit

So wie die gesamte riesige Anlage wurde das Haus in den 1930er-Jahren von Nationalsozialisten erbaut. Sie passierten die Toreinfahrt auf dem Weg zu ihrer Schulungsstätte für den Parteinachwuchs. Denn auf Vogelsang sollte eine Nazi-Elite ausgebildet werden. Nach dem Krieg ging das Tor in den Besitz der belgischen Besatzer. Sie machten aus der linken Gebäudehälfte ein Gefängnis.

Seit dem 1. Januar 2006 ist das Gelände der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang frei zugänglich, und der gesamte Bereich wurde als Flächendenkmal unter Schutz gestellt. Seit kurzem gibt es hier eine Unterkunft für Wanderer.

Neben Schlafzimmern gibt es auch einen Gruppen-, Seminar- und Boulderraum | Bildquelle: WDR/Sabine Rieck

Der Deutsche Alpenverein hat eine Gebäudehälfte gekauft und drei Jahre lang unter Natur-, Gewässer-, Denkmal- und Brandschutz-Auflagen umgebaut. In einem Waschraum sieht man zum Beispiel noch die Gitterstäbe einer ehemaligen Gefängniszelle.

Für Mitmenschlichkeit, wo Unmenschliches passiert ist

Das "Eifeler Haus Vogelsang" hat 28 einfache Schlafplätze in neun Zimmern auf über 700 Metern Höhe mitten im Nationalpark Eifel. Die Wanderwege "Eifelsteig" und "Wildnis-Trail" führen über das Gelände der Anlage. "Die Unterkunft soll wie eine Hütte in den Bergen sein", sagt Max Theißen, Vorsitzender des Alpenvereins in der Eifel.

Wanderer sollen hier günstig unterkommen und sich treffen können. "Da, wo die Nazis ihre Elite ausbilden wollten, möchten wir Toleranz und Mitmenschlichkeit möglich machen." Das Quartier komme bisher bei Wanderern gut an. "Wir hatten bereits 350 Übernachtungen, seit August ist das Haus nonstop gebucht."

An diesem Wochenende übernachten rund 15 Studierende der Katholischen Hochschulgemeinde Köln im Haus. Nach ihrer Wanderung machen sie es sich im Gruppenraum gemütlich und besprechen das Programm für den kommenden Tag. Manche der Zimmer, in denen sie schlafen werden, waren früher Gefängniszellen. "Wenn ich mir vorstelle, dass hier vor 70 Jahren Inhaftierte lebten, kriegt es einen anderen Charme", sagt der 34-jährige Gruppenleiter Marco Nobis.

Marco Nobis: Wie ist es in einem Gefängnis zu schlafen? 00:52 Min. Verfügbar bis 10.12.2026

In der Küche des Hauses bereiten einige der Studierenden das Abendessen vor. Mitmenschlichkeit, Zusammenhalt und Teamgefühl: Das Ziel des Alpenvereins leben die Studierenden hier direkt aus. Die Kölner Gruppe freut sich auch über den kostenlosen Boulderraum. "Das macht richtig Spaß, ist quasi ein Alpenersatz und man hat direkt ein sportliches Abendprogramm", so Nobis. Gut möglich, dass es nicht ihr letzter Zwischenstopp im "Eifeler Haus Vogelsang" war.

Eifeler Haus Vogelsang: Adresse, Preise, Öffnungszeiten

  • Ganzjährig geöffnet
  • Adresse: Vogelsang 44, 53937 Schleiden
  • Preise: 10 Euro pro Nacht für Mitglieder des Alpenvereins, für Nicht-Mitglieder 22 Euro
  • Online Buchungen über
  • Schlafsack und Verpflegung müssen mitgebracht werden

Über das Thema haben wir auch am 12.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.