Langsam setzt sich der Zug im Lokschuppen in Bewegung. Die leuchtend rot-schwarzen Antriebsräder drehen sich zuerst schwerfällig, werden dann schneller. Rund um den Motor steigt zischend weißer Dampf auf, es rumpelt hörbar. Die Lokpfeife ertönt, das signalisiert den wartenden Menschen vor dem Eisenbahnmuseum Dieringhausen: Gleich können sie einsteigen. An der frischen Luft angekommen, bringt sich der Zug auf den Rangiergleisen in Stellung - schon ein kleines bisschen Show vor der ersten großen Fahrt des Jahres.
In der Fahrerkabine steht Heizer Jan Kringe, stilecht mit Lokführermütze. Der 28-Jährige hat am Tag zuvor den Kessel, der die Lok antreibt, mehrere Stunden lang angeheizt. "Das machen wir, damit sich das Metall langsam ausdehnen kann", erklärt er. "So wird der Kessel geschont." Denn wird dieser zu schnell warm, können Risse im Metall entstehen. Und die Reparatur an einem solch alten Teil ist langwierig und sehr teuer.
In den letzten Monaten haben Jan und seine Kollegen unzählige Stunden damit verbracht, ihren "Bergischen Löwen" auf Vordermann zu bringen. Auseinander schrauben, kontrollieren, gegebenenfalls reparieren, wieder zusammenbauen - denn dieses Jahr feiert die traditionsreiche Dampflok nicht nur ihren 110. Geburtstag, sondern muss auch zur Hauptrevision, so etwas wie der TÜV für Züge. Damit die Gäste auch in Zukunft die Fahrten durch das Oberbergische Land genießen können, muss das rollende Museum in einwandfreiem Zustand sein.
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1,2 Tonnen Kohle schaufeln
Die Reise durchs idyllische Wiehltal beginnt in Engelskirchen-Osberghausen. Dann geht es an der Wiehl entlang durch Wälder und Wiesen, vorbei an zahlreichen Bauwerken historischer Industrie, zum Beispiel dem Morsbacher Bahnhof mit seinem besonderen Dach aus Schwebegiebeln. Wegen der transport- und industriegeschichtlichen Bedeutung hat die Bezirksregierung Köln die gesamte Bahnstrecke im Jahr 2003 unter Denkmalschutz gestellt. Nach etwa 20 Kilometern kommt man am Endbahnhof Wiehl an. Von dort geht es schließlich wieder zurück zum Eisenbahnmuseum.
An einem Betriebstag fährt die Dampflok zweimal von Osberghausen nach Wiehl und zurück. Jan Kringe muss dafür stolze 1,2 Tonnen Kohle in die sogenannte Feuerbüchse schaufeln. Der 28-Jährige macht das seit zwölf Jahren ehrenamtlich, er ist eigentlich Elektriker. "Ein bisschen verrückt" müsse man dafür schon sein, gibt er zu. Seine Leidenschaft nimmt fast die ganze Freizeit ein. Um den Lok-Kessel ordnungsgemäß anheizen zu können, hat er die vergangene Nacht auf dem Museumsgelände verbracht.
Bergischer Löwe: Fahrten und Preise
Fahrtage 2024:
14. Juli; 04. und 25. August; 14. und 15. September; 05. und 06. Oktober
Uhrzeiten:
Jeweils 10.30 Uhr und 14.30 Uhr vom Eisenbahnmuseum, 12.24 Uhr und 16.24 Uhr von Wiehl
Preise:
Erwachsene: ab 12 Euro
Kinder ab 3 Jahre: ab 6 Euro
Familie (2 Erwachsene, 3 Kinder): ab 30 Euro
Die Fahrkarten sind direkt im Zug erhältlich.
Helfer sind im Dauereinsatz
So eine Dampflok ist eine sensible Maschine. Nicht nur, dass sie regelmäßig gewartet werden muss. Sie braucht auch besondere Pflegemittel. Etwa 4500 Liter Wasser verdampfen auf einer Strecke von 30 Kilometern. Damit sich dabei kein Kalk ablagert, muss regelmäßig spezieller Reiniger nachgefüllt werden. Rund um die Hauptrevision stehen besonders viel Pflegearbeiten an. Die etwa 25 ehrenamtlichen Helfer sind gerade im Dauereinsatz.
Doch all die Mühe hat sich gelohnt, wenn Jan und seine Kollegen die strahlenden Gesichter der Menschen sehen, die in den "Bergischen Löwen" einsteigen. Über 100 Personen passen in die Waggons, die Fahrten am ersten Tag sind fast ausgebucht.
Die Bahn ist rangiert, die Waggons sind angebracht. Alle Gäste sitzen. Dann: lautes Zischen. Rund um die Lok steigt weißer Dampf auf. Langsam setzt sich der "Bergische Löwe" in Bewegung. Um Punkt 10.30 Uhr geht es los, denn im Gegensatz zur Deutschen Bahn - sagen die Helfer - sei dieser Zug immer pünktlich.
Über das Thema haben wir am 26.04.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.