Abschied vom Bauernmarkt nach 18 Jahren: Landwirt auf Nachwuchssuche
Stand: 26.01.2025, 14:38 Uhr
Mit 65 Jahren macht Reinhard Schmidt-Etzold Schluss mit seinem Bio-Stand auf dem Rheinischen Bauernmarkt in Düsseldorf und sucht einen Nachfolger. Es hagelt Absagen. Da hat der Landwirt eine Idee: Wenn es niemand allein machen will, warum die Arbeit dann nicht auf mehreren Schultern verteilen?
Von Catrin Risch
21. Dezember 2024: Es ist der letzte Markttag des Jahres am Kolpingplatz in Düsseldorf. Bei usseligem Wetter steht Landwirt Reinhard Schmidt-Etzold aus Kevelaer hinter seinem Stand. "Ich bin 65", sagt er zu einem der Kunden, der sich einige Äpfel in die Tüte packt, "da darf ich doch mal über den Ruhestand nachdenken, oder?" Der Ton ist locker. Viele Kunden kennt Schmidt-Etzold schon lange. Schließlich steht er seit 18 Jahren auf dem Markt.
An diesem 21. Dezember wird er sein Obst und Gemüse aber das letzte Mal hier verkaufen. Danach wird jemand anders den Stand übernehmen. Auch, wenn es gar nicht so leicht war, einen Nachfolger zu finden. Deshalb wurden es auch drei.
Was den Rheinischen Bauernmarkt in Düsseldorf so besonders macht
2004 gab es den ersten Rheinischen Bauernmarkt in Düsseldorf. Inzwischen finden im ganzen Stadtgebiet verteilt vier dieser Märkte statt. Der zweimal wöchentlich stattfindende Markt auf dem Düsseldorfer Kolpingplatz ist einer von ihnen. Hier gibt es ausschließlich das, was gerade Saison hat und aus der Region stammt, so wie bei den zahlreichen Hofläden in NRW. Deswegen hat jeder Markt ein anderes Sortiment. Die Produkte kommen aus einem Umkreis von maximal 80 Kilometern. Ein Konzept, das für Schmidt-Etzold immer einen besonderen Reiz hatte.
Warum Reinhard Schmidt-Etzold selbst manchmal über die regionale Vielfalt staunt
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Auch deswegen war für den 65-Jährigen der Verkauf auf dem Markt mehr als nur ein Job ist. "Es macht einfach Spaß. Mit den Kunden, mit meinen Angestellten, alles hier. Und das wird mir auch fehlen", sagt er. "Aber jetzt geht es nicht mehr", schiebt er hinterher, "auch wenn es mir schwerfällt."
Regional, aber anstrengend
Denn so reizvoll die regionale Vermarktung ist, so viel Arbeit bedeutet sie. "Bis zu 50 Stunden pro Woche", erklärt der Unternehmer, gehe dafür drauf. Kartoffeln, Zwiebeln, Kohl, verschiedene Möhren, Beeren und vieles mehr kommen von seinem eigenen Bio-Hof am Niederrhein. Manche Waren kauft er bei Höfen in der Region zu, ergänzt er. Abholen, Kommissionieren, Nachputzen. Das sei sehr zeitintensiv, "und dann natürlich immer ganz früh morgens zum Markt und aufbauen. Da reißt sich keiner drum."
Reinhard Schmidt-Etzold weiß, dass die Arbeitszeiten für viele nicht attraktiv sind
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Als klar ist, dass ihm zwei Knie-OPs bevorstehen, macht er sich auf die Suche nach einem Nachfolger. Er klappert alle Jungbauern ab, die er kennt. Aber niemand traut sich so viel zusätzliche Arbeit zu. "Irgendwann hab ich gedacht: dann müssen es einfach mehrere zusammen machen. Es muss doch weiter gehen." Der Plan geht tatsächlich auf.
Er bringt die drei Bauern Sven Rahm, Daniel Rosiny und Vincent Schreiber zusammen. Alle drei sind Hofnachfolger von Bio-Betrieben, haben eigentlich selbst genug zu tun. Aber sie sagen zu. "Ich hatte direkt ein gutes Bauchgefühl", erzählt der 26-jährige Rosiny vom Lenßenhof in Mönchengladbach.
Neustart auf dem Bauernmarkt
Anfang Januar ist es noch stockfinster, als die Jungbauern am ersten Markttag des neuen Jahres um 5.30 Uhr am Düsseldorfer Kolpingplatz ankommen. Kisten klappern, Rollwagen rattern über die Wege und hier und da hört man Gemurmel, als die Marktbeschicker meist routiniert ihre Stände aufbauen. In den Wochen zuvor haben die drei Nachfolger noch gemeinsam geübt, den Marktstand aufzubauen und sich genau abgesprochen, wer welche seiner Waren für den Verkauf mitbringt.
Daniel Rosiny, Sven Rahm und Vincent Schreiber wollen an Reinhard Schmidt-Etzolds Stand anpacken
"Wir haben die Rote Beete vergessen und ein paar andere Sachen", ärgert sich Rahm, "ich fahre gleich nochmal los, was holen". "Etwas nervös bin ich schon", gibt Landwirt Schreiber zu, während Rosiny mit etwas Abstand und prüfendem Blick erneut den Stand als Ganzes betrachtet und zufrieden nickt.
Der Marktstand mit den Nachfolgern von Reinhard Schmidt-Etzold
Zum Start bekommen sie noch fachkundige Unterstützung. Schmidt-Etzold wird in den ersten Wochen als Verkäufer dabei sein. "Und wenn ich die Knie-OPs hinter mir hab, hoffe ich, dass ich auch ab und zu weiter einspringen und aushelfen darf", sagt er und grinst. "Denn", so der 65-Jährige, "Markt ist wie ein Virus." Das werde man nie wieder los, verrät er noch, bevor er sich zu seinen drei Nachfolgern hinter die bunte Auslage stellt und den Kunden wie immer frisches Bio-Obst und Gemüse mit passenden Rezepttipps herüberreicht.
Über das Thema haben wir am 13.01.2025 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.