Viehauktion in Meschede: Wie viel ist ein Rind wert?

Hochsauerlandkreis | Landwirtschaft

Stand: 05.12.2024, 13:17 Uhr

Wer als Zuschauer auf der Tribüne der Sauerlandhalle in Meschede sitzt, erlebt bei Viehauktionen ein unterhaltsames Spektakel. Doch für viele Landwirte ist die Versteigerung einer der wichtigsten Termine des Jahres.

Von Heinz Krischer

"4,15 Euro, 4,15 Euro, 4,20 Euro, 4,20 Euro. Noch jemand mehr? 4,20 Euro zum Ersten, zum Zweiten und…" Auktionator Ludwig Hermanns stockt eine Sekunde, schaut noch einmal suchend auf die Ränge der Bullenhalle, dann saust sein Hammer auf das Pult nieder. "…zum Dritten. Diese Rinder gehen weg für 4,20 Euro an den Bieter mit der Nummer 219!"

Während oben am Pult der Auktionator notiert, wer den Zuschlag bekommen hat, treiben Helfer unten am Fuß der Tribüne die gerade versteigerten braunen Limousin-Rinder aus dem Ring hinaus. Und die nächste Tiergruppe wartet schon auf ihren Auftritt. Es sind sechs Charolais-Jungbullen von Matthias Stuff aus Olpe. Für ihn ist diese Auktion einer der wichtigsten Termine des Jahres.

Matthias Stuff über seine Gemütslage kurz vor Auktionsstart 00:12 Min. Verfügbar bis 05.12.2026

Heute entscheidet sich für Stuff und die anderen Landwirte: Lohnt sich der Aufwand, die Rinder groß zu ziehen? Der Preis, der bei Viehauktionen, wie sie regelmäßig beispielsweise in Meschede, Hamm oder Krefeld stattfinden, herauskommt, ist aber auch für die Verbraucher wichtig. Wenn hier höhere oder niedrigere Preise gezahlt werden, hat das Einfluss auf den Preis der Steaks.

Die "Bullenhalle" in Meschede: Ein historischer Schauplatz

Die Mescheder Sauerlandhalle, die jeder hier nur "Bullenhalle" nennt, ist fast hundert Jahre alt. Eine große Holzkonstruktion trägt das Dach, darunter an allen Seiten Tribünen, unten in der Mitte der mit Holzspänen ausgestreute Ring. Und oben, über allen, steht der Auktionator an seinem Pult. An diesem Tag ist seine Liste 24 Seiten lang: Landwirte aus dem ganzen Sauerland haben 320 Tiere hierher gebracht.

Heute werden sogenannte Absetzer versteigert. Das sind etwa acht Monate alte Rinder, die bis vor Kurzem noch von ihren Mutterkühen gesäugt wurden. Käufer sind Landwirte vor allem aus dem Münsterland, die sie weiter mästen, um sie später zu schlachten und das Fleisch zu verkaufen. 

Matthias Stuff kennt jedes seiner Tiere mit Namen | Bildquelle: WDR/Heinz Krischer

"Ein bisschen Wehmut ist schon dabei", sagt Matthias Stuff am Vortag, als er auf seiner Weide bei Olpe die Rinder zur Versteigerung aussucht. "Ich hab‘ sie alle groß gezogen, erst im Stall, dann hier auf der Weide, ich hab ihnen Namen gegeben. Das ist schon ein bisschen ein komisches Gefühl. Aber ich weiß, dass sie in gute Hände kommen."

Nur zu welchem Preis sie in andere Hände kommen - das wird sich erst mit dem Hammerschlag des Auktionators herausstellen. "Ich hoffe mal auf vier Euro", sagt Stuff. Vier Euro pro Kilo Lebendgewicht, so wird bei den Auktionen gerechnet.

Gute Preise dank knapper Viehbestände

Und diese vier Euro, die hält auch Maximilian Schäfer vor Beginn der Auktion für realistisch. Er ist Geschäftsführer von Fleischrinder Herdbuch Bonn, einem Rinderzüchterverband, dem Landwirte aus NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland angehören. Er veranstaltet die Auktion hier in Meschede. "Wir haben im Moment sehr gute Preise. Wir sind auf einem Niveau, wo wir eigentlich fast noch nie waren", sagt Schäfer. Ein Grund dafür: "Das Vieh ist knapp, die Viehzahlen gehen zurück." 

Maximilian Schäfer erklärt, warum Viehauktionen wichtig sind 00:17 Min. Verfügbar bis 05.12.2026

Für die Landwirte, die ihre Tiere verkaufen, ist das gut. Auch für Stuff. Er ist Mutterkuhhalter, das bedeutet: Seine Kühe produzieren keine Milch, die verkauft wird, seine Kühe ziehen mit ihrer Milch ihre Kälber groß. "Den ganzen Sommer über habe ich also keine Einnahmen. Ich verdiene nur Geld mit den Auktionen, von denen ich fünf, sechs Stück im Jahr beschicke."

Zwar ist der Olper Landwirt im Nebenerwerb, er hat also noch einen anderen Job, aber er ist darauf angewiesen, bei den Auktionen gute Preise zu erzielen, um seine Landwirtschaft zu finanzieren. Deshalb ist das heute einer der wichtigsten Termine des Jahres. Und jetzt, wo seine Tiere im Ring sind, geht es um alles.

Der entscheidende Moment

"Ich beginne bei 3,70 Euro", sagt Auktionator Ludwig Hermanns und auf den Tribünen heben einzelne Bieter ihre Karten. "3,80 Euro, 3,85 Euro sehe ich da... 3,90 Euro!". Stuff treibt seine Rinder im Kreis durch den Ring, damit jeder einen Blick auf sie werfen kann. Dann senkt sich der Hammer bei 4,05 Euro.

"Etwas mehr als ich erwartet habe", sagt Stuff, als er die Tiere, die jetzt nicht mehr seine sind, in den Stall der Bullenhalle treibt. Noch einmal gibt er ihnen frisches Heu für die Fahrt in den neuen Betrieb. Dann ist für den Olper die Auktion beendet. "Ich bin ganz zufrieden", sagt er später, "es war ein guter Tag!"

Über dieses Thema haben wir am 19.11.2024 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.