Klimafreundlich und fast geruchsneutral: Landwirt testet die Super-Gülle

Hochsauerlandkreis | Landwirtschaft

Stand: 01.12.2024, 08:58 Uhr

Für Landwirte ist sie sehr wichtig, doch Anwohnern und Spaziergängern stinkt Gülle ganz gewaltig. Noch dazu ist der Naturdünger schlecht fürs Klima. Das könnte sich bald ändern. Landwirt Karl-Ludwig Kotthof testet auf seinem Bauernhof in Meschede eine neuartige Form. Was kann die Super-Gülle?

Von Martin Henning (Text) und Felix Tusche (Multimedia)

Langsam lenkt Karl-Ludwig Kotthoff den roten Traktor über sein Feld. Angehängt an die Maschine ist der Güllewagen, der den Naturdünger in gleichmäßigen Dosen auf dem Grasboden verteilt. Auf den ersten Blick eine alltägliche Szene, doch hier wird eine ganz spezielle Flüssigkeit ausgebracht. Landwirt Kotthoff nennt sie "Neo-Gülle". Und diese könnte auf lange Sicht die Landwirtschaft verändern.

Seit Juli 2023 läuft auf dem Milchvieh-Hof der Kotthoffs in Meschede-Vellinghausen ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt: Gülle der Milchkühe wird in einer Anlage so mit Stickstoff angereichert, dass die Pflanzen mehr Nährstoffe bekommen und gleichzeitig weniger Ammoniak und klimaschädliches Methan gebildet und freigesetzt wird. Das alles chemiefrei.

Den sogenannten "Manure Enricher" hat das Düsseldorfer Unternehmen GEA entwickelt. Laut GEA-eigenen Messungen soll die Super-Gülle etwa 95 Prozent weniger stinken, außerdem sollen die Treibhausemissionen um 30 Prozent gesenkt werden. Die Anlage ist bereits auf Bauernhöfen in England, Rumänien, Dänemark, Schweden und Norwegen getestet worden. Projektleiter Adel Scharifi erklärt die Funktionsweise:

Wie funktioniert die Gülle-Aufbereitung? 00:25 Min. Verfügbar bis 01.12.2026

Super-Gülle: 30 Prozent mehr Ertrag

Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer NRW prüft Kotthoff regelmäßig die Wirksamkeit der Aufbereitungsanlage. Dazu düngt der 33-Jährige auf verschiedenen Versuchsflächen entweder mit angereicherter Gülle, herkömmlicher Gülle oder Kunstdünger. Die neue Methode scheint zu fruchten. "Wir haben Ertragssteigerungen von 30 Prozent", berichtet Kotthoff. Für die Ergebnisse interessiert sich nicht nur die NRW-Landwirtschaftskammer, sondern auch die niederländische Universität Wageningen, die ebenfalls zum Thema forscht.

Der Hof von Landwirt Kotthoff in Meschede | Bildquelle: WDR

Mit 250.000 Euro ist die Anschaffung der Stickstoff-Anlage nicht gerade günstig, außerdem verbraucht sie aktuell noch viel zu viel Strom. Doch für Landwirt Kotthoff sind das zwei vernachlässigbare Probleme. Da er der deutschlandweit erste Versuchs-Betrieb für die Anlage war, musste er nicht den vollen Preis bezahlen. Und weil er für die Stromerzeugung auf Solar- und Biogasenergie setzt, halten sich auch seine Stromkosten in Grenzen. Ein großes Risiko fällt für den Landwirt durch die Neo-Gülle ebenfalls weg:

Welches Risiko für den Landwirt jetzt wegfällt 00:21 Min. Verfügbar bis 01.12.2026

Bislang keine Förderung von Bund oder Ländern

Noch bis Ende 2025 läuft das Pilotprojekt in Meschede. Trotz der guten Ergebnisse setzt außer Kotthoff bislang nur ein weiterer Hof in Deutschland auf die Gülle-Aufbereitungsanlage, dieser befindet sich im münsterländischen Werne. Ein Grund könnte der hohe Anschaffungspreis sein. Dass das Projekt noch keine Förderung von Bund oder Ländern erhält, macht die Finanzierung nicht einfacher.

GEA sei aber mit mehreren Groß-Molkereien in Kontakt, verrät Projektleiter Adel Scharifi. Der 38-Jährige hofft, dass die klimafreundliche und annähernd geruchlose Neo-Gülle bald auf Feldern in ganz Deutschland ausgebracht wird.

Über das Thema haben wir am 30.10.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.