Wie syrischer Käse aus Herten zur Erfolgsgeschichte wurde

Recklinghausen | Landwirtschaft

Stand: 21.08.2024, 15:55 Uhr

Auf einem Milchhof in Herten wird seit vier Jahren syrischer Käse hergestellt. Wie es zu der ungewöhnlichen Zusammenarbeit mitten im Ruhrgebiet kam.

Von Stefan Weisemann (Text) und Olaf Tack (Multimedia)

Ridar Haj Mostafa rührt mit beiden Händen einen überdimensionalen Schneebesen durch eine große Metallwanne. Darin schwimmt eine Masse aus pasteurisierter Milch und Lab. Maschinen dröhnen und summen laut. Mostafa trägt wie alle anderen Arbeiter einen Overall, der so weiß ist wie die Milch in den Wannen. Hier entsteht original syrischer Weichkäse. In Herten, mitten im Ruhrgebiet, mit Milch vom Bauern nebenan.

Eindrücke aus der syrischen Käserei in Herten 00:25 Min. Verfügbar bis 21.08.2026

Vor zehn Jahren ist Chef Mostafa aus Syrien nach Deutschland gekommen. Damals herrscht Bürgerkrieg in dem Land. In seiner alten Heimat in der Nähe von Aleppo hat er als Koch und Landwirt gearbeitet. In seiner neuen Heimat im Ruhrgebiet hat er schnell gemerkt: Hier gibt es kaum jemanden, der original syrischen Käse produziert. Dabei ist die Nachfrage groß. Heute leben in NRW laut Statistischem Bundesamt mehr als 280.000 Syrer und Syrerinnen. Aber nicht nur Menschen aus Syrien kaufen bei Mostafa Käse.

Käserei in Herten ist Familienbetrieb

Der Käse geht an kleine syrische und orientalische Supermärkte, an Restaurants und an Großkunden. Vor allem aber an Privatleute. Mehr als 20 Euro gibt jeder Einwohner in NRW laut Statistischem Landesamt im Monat für Käse aus. So viel wie für kein anderes Milchprodukt. Kunden können den Käse im Hofladen in Herten kaufen, bekommen ihn aber auch geliefert. "Die Nachfrage ist noch höher, wir kommen mit der Produktion kaum hinterher", sagt Mostafas Schwester, Sozdar Mohammad. Deshalb hilft die ganze Familie mit.

Wer alles im Familienbetrieb mit anpackt 00:19 Min. Verfügbar bis 21.08.2026

Auch wenn das "mega laut, mega stressig, mega warm" sein kann, wie Sozdar Mohammad sagt. Im Hintergrund füllt eine Mitarbeiterin Frischkäse aus einem metallenen Hahn in mehrere Plastikbeutel. Die Arbeit in der Käserei funktioniert nur, weil das Team eingespielt ist: "Jeder weiß, was er machen muss, und dann entsteht einfach dieser leckere Käse am Ende des Tages."

Wie der syrische Käse nach Herten kam

Als Mostafa mit der Käse-Produktion anfängt, bekommt er einen entscheidenden Tipp: Die Milch von den rund 300 Kühen von Landwirt Dirk Feldhaus in Herten soll besonders gut sein. Viel Fett, viel Eiweiß, ideal für syrischen Weichkäse. Aber immer kilometerweit fahren, um die Milch abzuholen - geht das nicht einfacher? Ja, das geht. Feldhaus macht es möglich.

Wie die syrische Käserei nach Herten gekommen ist 00:15 Min. Verfügbar bis 21.08.2026

Vier Jahre ist das her. Mostafa lächelt, wenn er an den Start zurückdenkt: "Dirk hat mir geglaubt", sagt er, "jetzt machen wir weiter". Und wie: Die syrische Käserei auf dem Milchhof in Herten ist eine echte Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten. So wie zum Beispiel auch der Bier-Käse aus Dingden im Kreis Wesel.

Die Käserei in Herten kauft jeden Tag bis zu 5000 Liter Milch von Feldhaus. Daraus produziert sie täglich rund 500 Kilogramm Käse. Halbschnittkäse, Weichkäse, Frischkäse - sieben verschiedene Sorten gibt es, unter anderem mit Schwarzkümmel und verschiedenen Gewürzen. Das Grundrezept stammt von der Mutter der Familie aus Syrien.

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"Er ist ein fleißiger Mann und hat viele Ideen", sagt Landwirt Feldhaus über den Käserei-Chef Mostafa. Der steht neben ihm im Stall und lässt ein bisschen Heu durch seine Hand rieseln, dass er vom Boden aufgenommen hat: "Bei mir läuft es gut und wir versuchen, es größer zu machen." Mit einer größeren Käserei könnte auch die Erfolgsgeschichte des syrischen Käses aus Herten noch größer werden.

Über dieses Thema haben wir auch am 19.08.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.