"Es ist ein mulmiges Gefühl", sagt Stefan Schmidt und blickt auf die Weser. Der Fluss fließt direkt hinter seinem Haus. Nach dem Hochwasser ist der Pegel etwas zurückgegangen, aber noch immer höher als sonst. Die vergangenen Wochen waren anstrengend für den 30-jährigen Landwirt. Als das Hochwasser an den Weihnachtsfeiertagen kommt, montiert Schmidt zunächst Pumpen in seinem Keller und fährt dann zwei Tage mit seinem grünen Trecker durch die Nachbarschaft. "Irgendwie bin ich gar nicht dazu gekommen, mir Gedanken zu machen. Es gab so viel Arbeit und ich habe einfach geholfen."
Vorsichtige Fahrt über Wege voller Wasser
Schmidt lebt in Dehme, einem kleinen Ortsteil von Bad Oeynhausen. In seiner Nachbarschaft kennt jeder jeden und der junge Landwirt kennt jeden Feldweg. Diese Ortskenntnis war beim Hochwasser eine große Hilfe. Das Wasser hatte etwa 15 Haushalte umschlossen, Autos kamen nicht mehr durch. Das Wasser stand bis zu einem halben Meter hoch. Mit seinem vier Meter hohen Trecker kam Stefan Schmidt trotzdem voran: "Man fährt da langsam durch. Bedenken hatte ich zwischendrin schon, aber es ist zum Glück gut gegangen."
Aber nicht nur den Menschen im Dorf hat Schmidt geholfen, sondern auch jenen im eigenen Haus, wie Jörg Kopowski. Als das Wasser stieg, hat Schmidt auch ihn in eine trockenere Gegend gefahren: "Wenn wir Stefan nicht gehabt hätten, dann hätten wir ganz schön alt ausgesehen - das war echt super", sagt Kopowski, "man konnte ihn jederzeit anrufen." Und sie riefen an: die Feuerwehr, Elektriker, Nachbarinnen und Nachbarn - mit seinem Trecker transportierte er auch Hilfsgüter und Stromaggregate.
Mehr Zusammenhalt in der Nachbarschaft
"Ich habe tatsächlich den Überblick verloren, wie häufig ich gefahren bin. Der Trecker lief über den Tag eigentlich nonstop durch", sagt Schmidt. Für ihn sei es selbstverständlich gewesen, anderen zu helfen. "Ich bin hier mit der Region, mit der Heimat, mit dem Ort verbunden. Das schließt mit ein, dass ich überlege, wo ich helfen kann."
Aktionstag "Der Westen hält zusammen. Gemeinsam helfen in NRW."
Am Donnerstag, 11. Januar rückt der WDR Menschen wie Stefan Schmidt in den Fokus. Menschen, die beim Hochwasser mit angepackt haben. Egal, ob im Beruf oder ehrenamtlich. Daran beteiligt sind im Fernsehen WDR aktuell, die Aktuelle Stunde und die WDR Lokalzeiten. Ab 20.15 Uhr gibt es außerdem eine einstündige Live-Sendung mit Helfern und NRW-Ministerpräsident Wüst. Im Radio sind 1LIVE, WDR 2, WDR 4 und WDR 5 dabei. Ebenso alle digitalen Angebote des WDR.
Ein paar Meter von Stefan Schmidts Haus liegt ein Café, das "Mauerwerk". Es musste wegen des Hochwassers über die Feiertage schließen. Auch Konditormeister Tim Schwengel ist dem Landwirt für die Unterstützung dankbar, vor allem als der Strom ausgefallen ist und der Keller voller Wasser war. "Ich habe sofort Stefan angerufen. Ohne ihn wäre der Elektriker hier gar nicht reingekommen", erinnert sich Schwengel. Für ihn ist der Zusammenhalt in der Nachbarschaft noch größer geworden: "Das hat uns schon extrem zusammengeschweißt."
Inzwischen ist das Wasser zurückgegangen, die Straßen sind frei, das Café hat wieder geöffnet. Stefan Schmidt musste sich nach den Tagen erstmal ausruhen. "Man war schlichtweg kaputt", sagt er, "ich habe mich erstmal aufs Sofa gelegt." Kurz darauf seien Nachbarinnen und Nachbarn zu ihm gekommen und hätten ihn mit einem neuen Baustellenradio als Dankeschön für seinen großen Einsatz überrascht: "Es macht mich glücklich und stolz, dass man diese Arbeit auch wertschätzt."
Über dieses Thema haben wir am 11.01.2024 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr