So sieht Wohnen im Güllebehälter aus
00:27 Min.. Verfügbar bis 08.06.2026.
Rundum gut: Wohnen im ehemaligen Güllebehälter
Märkischer Kreis | Landwirtschaft
Stand: 08.06.2024, 10:43 Uhr
Früher lagerten hier hundertausende Liter Kot und Urin - heute ist es das Zuhause von Jan Schurna und Eva Guntermann. Wie aus einem ehemaligen Güllebehälter ein einzigartiges Wohnprojekt in NRW wurde.
Von Corina Wegler
Rund, rot-grau gestrichen und ein Kegeldach darauf - von außen wirkt das Haus wie ein Leuchtturm im Mini-Format. Jan Schurna öffnet die gläserne Haustür. Seit Januar wohnen der 32-jährige Schurna und die 35-jährige Eva Guntermann hier. Sie sind die ersten Mieter im umgebauten Güllebehälter auf dem Hof Römer. Und wohl die einzigen in NRW.
Warum sich Jan Schurna keine schönere Wohnung vorstellen kann
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Die Landwirtschaftskammer NRW schätzt, dass das Haus in dem ehemaligen Güllebehälter in Edelkirchen einzigartig im Bundesland ist. Dabei stehen viele landwirtschaftliche Gebäude leer und könnten anders genutzt werden. Allein von 2010 bis 2020 sank die Zahl der Betriebe in NRW laut Statistischem Landesamt um mehr als 2100. Immer mehr Landwirte machen sich Gedanken, wie sie ihre leerstehenden Gebäude nutzen können. So gibt es zum Beispiel in einer ehemaligen Scheune in Hamminkeln inzwischen einen Friseursalon.
110 Quadratmeter Wohnung statt 450.000 Liter Gülle
Schurna steht hinter der offenen Theke der Wohnküche und schneidet eine Kartoffel. Als Hobbykoch hat er den offenen Schnitt der 110-Quadratmeter-Wohnung zu schätzen gelernt. Stand er beim Kochen früher in einer separaten Küche, kann er sich heute mit den Gästen und seiner Partnerin dabei unterhalten.
Trotz des runden Grundrisses sind alle Möbel und die Küche untergekommen
Da, wo Schurna und Guntermann heute leben und kochen, lagerten früher einmal bis zu 450.000 Liter Gülle von Schweinen und Rindern. Heute ist davon nichts mehr zu erahnen. Dafür hat Hartmut Römer gesorgt.
Ihm gehört der ehemalige Güllebehälter. Römers Hof ist seit Jahrhunderten im Familienbesitz. Als der 63-Jährige vor 15 Jahren aus der Landwirtschaft ausstieg, wusste er nicht so recht, was er mit dem Behälter anfangen sollte. Sein Bruder hatte schließlich die Idee, das Gebäude umzubauen. Aus dem Güllepott wurde erst Büro und Ausstellungsfläche, dann Wohnraum.
Die Genehmigung für den Umbau bekam Römer problemlos, erzählt er, während er mit Jan Schurna am großen hölzernen Esstisch sitzt. In den Händen hält er die Baupläne und einige Fotos vom Umbau. Zuerst musste Römer den Güllepot irgendwie sauber bekommen. "Wir haben die Jugendfeuerwehr für eine Spende engagiert", erinnert sich der 63-Jährige. Sie verdünnte die Gülle mit Wasser und pumpte alles raus. Der Rest war Handarbeit mit dem Hochdruckreiniger.
Das Eckige muss ins Runde
Gemeinsam mit seinem Bruder verkleidet Römer die Innenseiten des Betonbehälters mit 1,30 Meter breiten Platten. So entstehen im runden Gebäude viele gerade Flächen.
Warum der runde Güllebehälter gar nicht so rund ist
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In den offenen, runden Raum ist mit Wänden aus Holz und Glas das Schlafzimmer eingebaut, an das sich ein hoher, begehbarer Kleiderschrank anschließt. Viel Stauraum: "Ich musste mir erstmal eine Leiter kaufen", sagt Guntermann, "aber jetzt habe ich wunderbar viel Platz." Noch mehr Stauraum ist im Keller: weitere 110 Quadratmeter.
Viel Geschichte
Besitzer Römer hat für den Umbau auch andere Materialien vom Hof verwendet. Die Bretter an der Decke des Schlafzimmers stammen zum Beispiel aus dem alten Getreidesilo. "Wenn ich aufwache, ist das wie in einer Almhütte", sagt Schurna, während Römer bereits wieder in den alten Bauplänen blättert. Er ist auf der Suche nach einer ganz bestimmten Zeichnung. Sie erklärt, warum in der Mitte des Hauses ein riesiger, sechs Meter hoher Holzpfeiler samt 500 Kilogramm schwerer Stahlplatte steht.
Im Güllebehälter gibt es viel Stauraum - inklusive begehbarem Kleiderschrank
Die Konstruktion hält das zeltartige Dach, eine der kniffligsten Umbauten des Güllebehälters. Wenn sich an Sommertagen die Luft unter der Decke staut, können die Mieter die Wärme über eine Lüftung in den Keller leiten.
Einen Sommer haben Schurna und Guntermann in ihrer neuen Wohnung noch nicht erlebt. Aber einen Winter. Der Güllebehälter wurde außen gedämmt, geheizt wird mit Gas und Holz. Die Kaminecke ist zum Lieblingsplatz von Schurna und Guntermann geworden. Beide lieben es, ländlich und abgeschieden im 34-Einwohner-Örtchen Edelkirchen zu leben. "Das ist eine super Sache, dass wir als ländlich geprägtes Paar mit Hund so etwas gefunden haben", sagt Schurna.
Über dieses Thema berichteten wir am 8. Mai 2024, unter anderem in der Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.