Ingrid Paprotté steht vor dem Windrad, auf das sie steigen wird.

Über den Wolken: Ein Lebenstraum auf 149 Metern

Paderborn | Heimatliebe

Stand: 08.03.2025, 07:46 Uhr

Manche träumen von einer Weltreise, andere möchten einmal im Leben einen Marathon laufen. Ingrid Paprotté hat einen ganz anderen Traum: Einmal im Leben auf einem Windrad stehen. Eine WDR-Aktion hat es möglich gemacht.

Von Julian Beuter (Text) und Annika Krooß (Multimedia)

Null Grad, kaum Wind. Auf dem Feld bei Lichtenau im Kreis Paderborn ist so neblig, dass man noch nicht einmal die Spitze des Windrads sieht. Der 76-jährigen Ingrid Paprotté aus Senden ist das egal. Sie hat nur eins im Kopf: Gleich geht es hoch auf 149 Meter.

Vor ihr steht die Erfüllung ihres Lebenstraums: Auf einem Windrad stehen. "Gewonnen" hat sie diese Wunsch-Erfüllung bei der Aktion "Einmal im Leben" des Radiosenders WDR 4. Die Redaktion hat den Ausflug organisiert, der Windradbetreiber Westfalenwind lässt Paprotté auf sein Windrad. Die Windkraftanlagen-Techniker stehen schon bereit. Sie machen sowieso gerade Wartungsarbeiten am Windrad. Bei der Gelegenheit nehmen sie Paprotté mit nach oben. Dafür legen sie ihr einen Klettergurt an und setzen ihr einen Helm auf. Ob das der Moment ist, in dem die Aufregung kommt?

Auf einer Leiter geht es in die Höhe 00:12 Min. Verfügbar bis 08.03.2027

Kreis Paderborn zählt landesweit die meisten Windräder

Der Kreis Paderborn ist bei der Windkraft Spitzenreiter in NRW. Ende 2024 standen 524 Windräder im Kreis. Die Stadt Lichtenau, die sich selbst "Energiestadt" nennt, hat besonders viele Windräder. Sie decken das Vielfache des Strombedarfs der Stadt.

In einem dieser Windräder muss Paprotté jetzt zeigen, dass sie schwindelfrei ist: Innerhalb des Windrads geht es die Leiter hoch. Theoretisch kann man an der, mit einem Sicherungsschlitten gesichert, den ganzen Turm hochklettern. Paprotté muss aber nur die ersten zehn Meter aufsteigen.

Ingrid Paprotté klettert im Windrad.
Um nach ganz oben zu kommen, muss Ingrid Paprotté erstmal klettern. | Bildquelle: WDR / Beuter

Dann geht es mit dem Aufzug hoch auf rund 140 Meter. Der Aufzug ist nur so groß wie eine Telefonzelle. Zwei Leute haben Platz, es wird aber schon kuschlig. Neun Minuten dauert die Fahrt bis nach oben. Den Rest geht es wieder per Leiter hoch, immerhin noch knapp zehn Meter. Jetzt ist Paprotté in der sogenannten Gondel des Windrads angekommen. Das ist der Kasten oben auf dem Windrad, zwischen dem Turm und dem Rotor. Er ist groß genug, um darin einen Bus zu parken. In ihm steht der Generator, der aus der Bewegung des Windrads Strom erzeugt. Nur noch eine Treppe trennt Ingrid Paprotté jetzt von der Dachluke, durch die es auf das Dach des Windrads geht.

"Jetzt krieg ich aber doch langsam einen Flatterigen", sagt Paprotté. Die Aufregung in ihr steigt immer mehr. Unten war sie noch ganz cool, ihre zum Beweis ausgestreckte Hand hat da noch nicht gezittert. Das ist jetzt anders. Aber dann sagt sie: "Komm, wir machen das jetzt!". Und dann geht es raus. 

Oben auf 149 Metern: Ingrid Paprotté hat es geschafft 00:10 Min. Verfügbar bis 08.03.2027

"Das ist ja der Hammer!", sagt Paprotté und staunt über den Ausblick über den Wolken. Denn zu diesem Zeitpunkt legen die sich zwischen sie und den Boden. Es sieht aus, als würde das Windrad über den Wolken schweben. Auch die benachbarten Windräder ragen nur kurz über den Nebel, die sich drehenden Rotoren durchschneiden ihn regelmäßig.

Nach und nach löst sich der Nebel auf und Paprottés Begeisterung steigt. "Ich stehe auf dem Windrad!", sagt sie, während sich ihr Traum erfüllt. 101 Meter Durchmesser hat der Rotor von einer Flügelspitze zur anderen. Es sieht fast ein bisschen so aus, als würde man auf einem Flugzeug stehen. Auch hier oben ist sie mit ihrem Gurt angeseilt, damit ihr nichts passiert. Denn ihr wird plötzlich klar, dass es direkt neben ihr 149 Meter in die Tiefe geht. Trotzdem genießt Paprotté die Zeit in dieser schwindelerregenden Höhe sichtlich. Über eine Stunde darf sie oben bleiben und kommt aus dem Staunen und Strahlen nicht mehr raus.

Für Ingrid Paprotté hat sich heute ein Lebenstraum erfüllt 00:19 Min. Verfügbar bis 08.03.2027

Dann bekommt sie noch eine Führung mit Infos zu Technik des Windrades. Die Turbine, die aus dem Drehen Strom erzeugt, ist größer als ein Auto. Das Windrad erzeugt in einer halben Stunde so viel Strom, wie ein Single-Haushalt im ganzen Jahr verbraucht. Wegen der Wartungsarbeiten steht das Windrad eigentlich still. Aber Tests, während sich das Rad dreht, sind Teil des Wartungsprogramms. Auch die darf Paprotté erleben. Die ganze Anlage vibriert.

Ein unvergesslicher Tag für Ingrid Paprotté 

Als es schließlich wieder nach unten geht, sie aus dem Fahrstuhl steigt und wieder festen Boden unter den Füßen hat, strahlt Paprotté immer noch vor lauter Begeisterung. "Wenn mich jetzt einer fragt, was das Geilste in meinem Leben war, dann sage ich: das hier", sagt die 76-Jährige, die immerhin schon viel gereist ist. Seilbahnfahren im Dschungel, Klettern unter der Müngstener Brücke oder das Besteigen eines Funkturms - das hat sie alles schon gemacht. Aber oben auf dem Windrad zu stehen, sagt sie, war das Allerbeste. Das wird sie niemals vergessen.

Über dieses Thema haben wir am 12.02.2025 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.