Weihnachtsplätzchen bei 30 Grad? - Dieser Bäcker hat gut zu tun!
Stand: 11.09.2023, 11:11 Uhr
Obwohl es draußen 30 Grad warm ist und in seiner Stube noch heißer, denkt er nur an Weihnachten: Für Bäckermeister Philipp Ahlers-Kemper und sein Team beginnt im September die Saison für Weihnachts-Spekulatius.
Von Martin Henning (Text) und Karin Wejdling (Multimedia)
Der Alarm klingelt schnell und ziemlich laut. Das ist das Zeichen für Philipp Ahlers-Kemper. Er öffnet die Backofentür und holt das flache Backblech mit den Spekulatius heraus. Ein Blick auf die goldbraunen Teile, dann: ganz nah mit der Nase heran und einatmen. Passt. "Am Geruch erkannt, ob es gar ist", sagt der Bäckermeister und lächelt. Ein Profi kann so etwas.
Diese Riechprobe macht der 41-Jährige bis Heiligabend noch hunderte Male. Sein Weihnachts-Spekulatius ist nicht nur in seinem Heimatort Billerbeck äußerst beliebt. Bis zum Ende des Jahres produzieren Philipp Ahlers-Kemper und sein Team durch.
So wird Spekulatius hergestellt
00:46 Min.. Verfügbar bis 08.09.2025.
Spekulatius-Backformen sind bis zu 400 Jahre alt
Der "Billerbäcker" ist ein echtes Familienunternehmen. 1924 gegründet von seinen Urgroßeltern Heinrich und Maria Ahlers-Kemper, wurde der Laden von Generation zu Generation weitergegeben. Seit 2021 hat Philipp Ahlers-Kemper das Sagen in der Backstube. Sein Vater Peter hilft immer noch regelmäßig mit. Ihre Backwaren? Natürlich nach Familienrezepten gefertigt.
Über 130 der alten Formen hängen in der Backstube
Eine besondere Leidenschaft hat sich in der Familie vererbt - das Sammeln alter Backformen. Häufig, wenn ein anderer Bäcker dicht machen musste, sei die Anfrage gekommen, erzählt der Vater: Möchtet ihr die Formen haben? Schaut sie euch an. Knapp 1000 Exemplare hat Peter Ahlers-Kemper mittlerweile gesammelt. Die älteste Backform stammt aus dem Jahr 1630.
Spekulatius machen wie im 17. Jahrhundert
01:02 Min.. Verfügbar bis 08.09.2025.
Damit lassen sich auch noch heute Teigfiguren ausstechen. Bei den Mengen, die produziert werden, ist das aber zu zeitaufwendig. In der Stube von Sohnemann Philipp läuft vieles automatisiert ab: Eine Maschine knetet den Teig, dann wird die Masse mit den Händen in kleinere Stücke geteilt und platt gedrückt.
Die kleinen Rechtecke werden auf die Rollen einer Walzmaschine gelegt. Die presst den Teig auf Formen und unten schneidet ein großes Messer den Restteig ab. Die ausgeschnittenen Figuren landen auf einem langen Filzstück, das wiederum auf dem Backblech.
Weihnachtsplätzchen mit Gefühl
Das Spekulatius-Backen ist eine Kunst für sich. Etwa zehn Minuten braucht es, bis die Teile aus dem Ofen müssen. Sie dürfen dann aber noch nicht fertig sein, weiß Philipp Ahlers-Kemper. "Die sehen zwar noch nicht ganz gar aus, aber die ziehen auf dem Blech noch nach", sagt er. Oft landen die Stücke noch einmal für kurze Zeit im Ofen, alles ist Gefühl.
Diesmal gebacken: Nikoläuse, Männchen, ältere Damen und Kiepenkerle - umherziehende Händler
Der Duft verrät dem Bäckermeister viel. "Dass der Zucker karamellisiert ist, ob die Gewürze harmonisch zueinander gehören. Es ist ja nicht nur der Geschmack, der Geruch muss natürlich auch passen. Und gerade bei den ersten Spekulatius ist es reine Experimentierfreude", sagt der 41-Jährige.
Die Arbeit in der Backstube ist nicht nur laut - ständig piept der Alarm, klingelt das Telefon, röhrt der Backofen - sondern auch extrem schweißtreibend. "Boah, ist das warm", sagt Philipp Ahlers-Kemper, während er Bleche mit Spekulatius durch die Stube transportiert. Und erzählt: "Auch im Winter heizen wir hier nicht. Das schafft der Ofen von alleine."
Der Spekulatius wird in Gläser verpackt
Sein Spekulatius ist so beliebt, dass er und sein Team die Backware mittlerweile ganzjährig produzieren. Außerhalb der Weihnachtszeit aber als leicht abgeänderte Variante. "Ab Januar kommen dann weniger Gewürze in den Spekulatius, dass es nicht so weihnachtlich rüberkommt", sagt der 41-Jährige. Dazu kommen 35 unterschiedliche Stollen-Variationen, ebenfalls eine Spezialität des "Billerbäckers".
Kein Spekulatius an Heiligabend
Aber auch, wenn der Job anstrengend ist: Philipp Ahlers-Kemper könnte sich keinen anderen Beruf vorstellen. "Meine Mutter hat früher immer gesagt, ich bin im Brotregal aufgewachsen", sagt er und muss lachen. "Es gibt noch ein ganz altes Bild, auf dem ich wirklich im Brotregal liege und meine Mutter die Theke einräumt. Ich habe das einfach aufgesogen, auch den Duft der Weihnachtsplätzchen."
Die Liebe zum Produkt hat allerdings auch für ihn Grenzen. "Irgendwann ist man einfach froh, wenn die Stollen- und Spekulatius-Saison vorbei ist. An Heiligabend will ich dann auch keinen Spekulatius mehr essen."
Über das Thema haben wir am 06.09.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.