Ein älterer Mann mit weißem Bart und Brille lächelt in Richtung Kamera. In der Hand hält er einen Schoko-Nikolaus mit weißem Bart

Voll süß: Warum Schokoladen-Weihnachtsmänner zweimal frieren müssen

Solingen | Heimatliebe

Stand: 10.12.2024, 13:03 Uhr

Im Supermarkt stehen sie zu hunderten - bunt verpackt und industriell hergestellt. Fachbegriff: weihnachtliche Schokoladen-Hohlfiguren. Der Solinger Konditor Dirk Hermes gießt seine Nikoläuse in Handarbeit und malt Bart und Fellkragen weiß. Das machen nur noch wenige.

Von Rene Rabenschlag

In der Küche liegt ein schwerer, süßlicher Duft. Dirk Hermes hat schon ein paar Kilogramm Vollmilch-Kuvertüre langsam im Topf erwärmt. Der 75-jährige ehemalige Obermeister der Innung hat seine eigene Konditorei schon vor über zehn Jahren aufgegeben. Doch jetzt vor Weihnachten will er Freunden und Bekannten - wie jedes Jahr - eine kleine Freude machen: einen Weihnachtsmann aus eigener Produktion. Auf dem Tisch sortiert und poliert er Plexiglas-Förmchen. Einige sind nur so groß wie ein Finger, andere etwa 30 Zentimeter. "Die Formen sind bis zu 40 Jahre alt. Davor hatte man Zink-Formen, die aber aus hygienischen Gründen irgendwann verboten waren." Jeder Nikolaus besteht aus einer Vorder- und einer Rückseite.

Bis zum fertigen Weihnachtsmann sind einige Arbeitschritte nötig

00:54 Min. Verfügbar bis 10.12.2026

Rund 164 Millionen Schokoladen-Nikoläuse wurden für die Weihnachtsfeiertage in diesem Jahr industriell in Deutschland hergestellt. Das sagt der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie. Die Auswahl ist riesig: Es gibt sie in heller, dunkler oder zartbitter Schokolade. Mit oder ohne Füllung, mit nachhaltigem Kakao und ohne. Von so vielen Varianten und durchgetakteten Produktionsketten will Obermeister Dirk Hermes nichts wissen. Bei ihm ist die Auswahl nicht ganz so groß. Doch dafür sind alle handgemacht.

Solingen: Die Kunst des Bartmalens

In einem kleineren Topf hat Hermes weiße Schokolade geschmolzen. Mit einem Pinsel malt Hermes jetzt dünn die Bärte und Pelzkragen des Mantels in den Formen aus, in die später die Vollmilchschokolade gegossen wird. Als Fachmann nennt er diese Prozedur "Ausschmücken". Theoretisch könnte er auch Lebensmittelfarben nutzen, doch er war immer schon ein Freund der schlichten Schokofigur in Weiß-Braun. Danach werden die Bauch-Form und Rücken-Form der Figur zusammen geklipst. Die Hülle für den Schoko-Weihnachtsmann ist fertig.

Die Vollmilch-Kuvertüre, Schokolade mit höherem Kakaoanteil, auf seinem Herd hat jetzt 31,5 Grad erreicht. Die Abweichung darf maximal ein halbes Grad betragen, sonst wird die Schokolade später grau und fahl. Der Konditor prüft das nochmal mit einem digitalen Thermometer. Dann kann es losgehen: Hermes füllt zwei Kellen der halbflüssigen Masse in die Nikolaus-Form ein, dreht die Figur dreimal, bis die gesamte Außenwand bedeckt ist. Danach lässt er den Rest heraustropfen. Doch fertig ist der Schoko-Nikolaus damit noch nicht.

Schoko-Frieren-Schoko-Frieren-Knack

Die Schokolade ist noch viel zu dünn. Daher wandern alle Förmchen jetzt für gut zwei Stunden in einen Kühlschrank, um danach noch einmal mit flüssiger Schokolade gefüllt zu werden. Am Ende spendiert Hermes ihnen am Fußende noch einen Deckel aus Schokolade und dann müssen die Figuren wieder in den Kühlschrank. Nach weiteren vier Stunden öffnet der Solinger die Förmchen und mit einem kleinen Knack löst sich der fertige Weihnachtsmann.

Dirk Hermes und seine Lieblinge

00:30 Min. Verfügbar bis 10.12.2026

45 Jahre lang gehörte diese Prozedur zu seiner beruflichen Weihnachtszeit. Heute ist es eine Mischung aus Gewohnheit und privater Lust, die alte Tradition am Leben zu halten. Schließlich war Dirk Hermes viele Jahre der erste Repräsentant der Solinger Bäcker und Konditoren. Alleine wegen des Zeitaufwands ist das Prozedere finanziell für Betriebe heute kaum interessant.

Wie viele Konditoren in NRW das noch machen, darüber gibt es keine Zahlen. Aber für Hermes ist klar: "Man hat was geleistet, andererseits ist es etwas Vergängliches, bei dem man froh ist, dass es vergänglich ist." Wie viele er am Ende verschenkt und wie viele im Eigenverbrauch verschwinden, bleibt sein Geheimnis.

Über dieses Thema haben wir auch am 06.12.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.