Ein Friseursalon mit roten Wänden und Interieur im Vintage-Stil

Friseursalon als Zeitkapsel: 125 Jahre, drei Generationen, zwei Kriege

Solingen | Heimatliebe

Stand: 21.02.2025, 07:02 Uhr

Karlheinz Höhmann hat sein ganzes Leben im Friseursalon verbracht und schon als Kind Föhn-, Haarspray- und Shampooduft geschnuppert. Jetzt blickt er auf 125 Jahre Friseur-Geschichte in Solingen zurück. Über emotionale Bindungen und gefährliche Dauerwellen.

Von Natalie Stöber

Wer den Salon betritt, erlebt eine kleine Zeitreise. Überall stehen Puppenköpfe mit besonderen Frisuren, dazu die originale Dauerwellen- und Haarschneidemaschine aus den 50er-Jahren. An den Wänden hängen alte Schilder, unter der Decke blitzt ein Kronleuchter. Es läuft Rock ’n' Roll-Musik. Und mittendrin stößt Chef Karlheinz Höhmann mit seinen Mitarbeitern und Kunden mit einem Sekt an. Auf 125 Jahre Tradition, tausende Stunden Gespräche und hunderte Kilo zusammengefegter Haare.

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Schon als kleiner Junge saß er bei den Dauerwelle-Kundinnen auf dem Schoß. Schließlich hörte der heute 60-Jährige so gern bei ihren Geschichten zu und bekam häufig auch etwas Süßes.

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Dass ein Friseursalon 125 Jahre lang in einer Familienhand läuft, ist laut Handwerkskammer Düsseldorf sehr selten. Es sind gerade einmal etwa fünf Prozent im Kammerbezirk. Friseure würden häufig nach nur wenigen Jahren wieder verschwinden. Häufig, weil es keine geeigneten Nachfolger gibt. Denn die Zahl der Auszubildenden sinkt bereits seit Jahren. Waren es 2008 laut Zentralverband des Deutschen Handwerks deutschlandweit noch mehr als 40.000, fiel die Zahl 2023 auf unter 15.000.

Karlheinz Höhmann frisiert eine Seniorin

Karlheinz Höhmann ist Friseur aus Leidenschaft

Auch Karlheinz Höhmann kennt das Problem. Er hat keine Kinder, die den Salon übernehmen könnten. Er hofft auf seinen langjährigen Mitarbeiter Patrick Gronowski, der die Tradition weiterführen könnte. Beide sind Friseure aus Leidenschaft. Höhmann weiß, worauf es ankommt: "Wir müssen uns immer wieder aufs Neue beweisen. Wenn man nur einmal gut war und danach den Kunden enttäuscht, ist er weg."

Von goldenen Zeitaltern und zerbombten Häusern

Seit der Eröffnung von Höhmanns Großvater Karl im Jahr 1900 hat der Friseurbetrieb schöne Zeiten und Aufschwünge erlebt, aber auch Krisen sowie zwei Weltkriege. Höhmanns Vater Heinz übernahm 1929, seit 1981 ist Karlheinz der Chef. Immer in der Schützenstraße in Solingen. Obwohl der Salon mit angrenzendem Wohnhaus im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört wurde.

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Die Höhmanns frisierten in unmittelbarer Nähe weiter, bis in den 50er-Jahren alles am selben Ort wieder aufgebaut war. Wer sich im Friseurladen umschaut, kann noch einige der alten Werkzeuge entdecken. Die Lockenwickler-Hauben zum Beispiel, die aussehen, als stammten sie aus einem Weltraumfilm. Höhmann kann zu fast allen eine Geschichte erzählen. Zur Dauerwellenmaschine sogar eine besonders kuriose. Damals war der Stuhl aus Holz und nicht aus Metall. "Die Damen mussten die Füße hochheben, denn wenn sie nicht geerdet waren, hätten sie sonst einen Schlag bekommen", erzählt der 60-Jährige.

Wer mit Höhmann spricht, merkt, wie viel ihm der Laden mit all seinen Erinnerungen bedeutet und erlebt seinen Stolz darauf, das Geschäft in dritter Generation zu führen. Spätestens, als er nach dem Anstoßen mit dem Sekt auf die kleine Bühne im Salon steigt und vor den 80 Gästen einen Elvis-Song singt.

Über dieses Thema berichten wir auch am 25.02.2025 im WDR Fernsehen: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.