
Waschen, Schneiden, Parken: Ein Friseursalon auf vier Rädern
Stand: 12.02.2025, 13:07 Uhr
Ein unscheinbarer Lieferwagen verwandelt sich auf Lengerichs Parkplätzen zur Wellnessoase für den Herren. Mit seinem mobilen Friseursalon hat sich Mahmoud Kojak einen Traum erfüllt. Aber kommt das Konzept auch vor Ort an?
Von Yunus Gündüz, (Text) und Peter Wejdling (Multimedia)
Wenige Luftmeter von Obst, Kühltheken und Konservendosen entfernt schneidet Mahmoud Kojaks einem jungen Mann vor ihm auf dem Friseurstuhl die roten Haare. Danach sind der Bart und die Augenbrauen dran, mit Fadentechnik versteht sich. Anschließend gibt es noch eine Gesichtsmaske und Kopfmassage. Alles wirkt wie bei einem normalen Friseurbesuch. Würde Kojak seine Dienstleistung nicht auf der Ladefläche eines umgebauten Lieferwagens mitten auf einem Supermarkt-Parkplatz in Lengerich erbringen.
Wer in Nordrhein-Westfalen zum Friseur gehen will, hat meist die Qual der Wahl. Mehr als 16.000 Betriebe mit mehr als 44.000 Beschäftigten gab es 2022 laut Westdeutscher Handwerkskammer in NRW. Mehr als in jedem anderen deutschen Bundesland. Mobile Herrensalons wie der von Mahmoud Kojak sind aber eine absolute Seltenheit. Aber sie könnten gerade in ländlichen Regionen, wie in Lengerich im münsterländischen Kreis Steinfurt, eine Versorgungslücke schließen.
Mobiler Friseur in Lengerich: Rosenduft auf dem Supermarkt-Parkplatz
Von außen ist es ein weißer, kaum auffälliger Lieferwagen. Sein Logo "Kojak ist unterwegs" steht seitlich und vorne auf dem Transporter. Vor dem Wagen hat Kojak einen kleinen roten Teppich ausgelegt. Der Innenraum ist in Schwarz und Gold gehalten. Vor dem großen beleuchteten Spiegel steht ein Friseurstuhl, auf einer kleinen Sitzbank können Kunden warten. Es riecht ein wenig nach Rosenwasser, während arabische Musik aus den Boxen schallt.
Vorher vs. nachher: Wie sieht es in dem umgebauten Friseurwagen aus?
00:25 Min.. Verfügbar bis 12.02.2027.
All das hat Mahmoud Kojak in Eigenarbeit gebaut. Aber warum einen Transporter mühsam umbauen? "Mein Traum war immer ein eigener Salon. Aber ein Meisterbrief ist teuer", und den konnte der Vater von vier Töchtern nicht finanzieren. Dazu kommt die deutsche Bürokratie – für den Geflüchteten nicht einfach zu durchschauen.
Die Hürden der Bürokratie
2015 ist Kojak mit seiner Familie im Zuge des syrischen Bürgerkriegs nach Deutschland geflüchtet. Ihr Asylantrag ist einer von mehr 440.000, die in diesem Jahr gestellt werden - und er wird bewilligt. Zuerst kommt die Familie in Dortmund an, wird von dort aus nach Lengerich geschickt. Hier lernt das Ehepaar Deutsch und nach einem Jahr nimmt der Familienvater seinen ersten Minijob als Friseur an. Später arbeitet er in Teilzeit, bis er eine volle Stelle findet. Kojak ist angekommen. Schon in Syrien arbeitete er vorher rund 15 Jahre in dem Beruf. Der Traum eines eigenen Salons scheint aber noch in weiter Ferne.
Die zündende Idee findet Kojak im Internet, als er in einem Video einen ähnlichen Wagen sieht. Gemeinsam wendet sich die Familie an die Handwerkskammer. Sie sind unsicher, ob so ein mobiler Friseur in Deutschland überhaupt erlaubt wäre. "Solange er keine Mitarbeiter habe, wäre das aus ihrer Sicht kein Problem", erzählt seine Frau Amina Maddhoua Alhomsi.
Wie es mit dem mobilen Herrensalon anfing
00:22 Min.. Verfügbar bis 13.02.2027.
Mit ihrer Unterstützung macht er sich selbstständig. "Ich hatte immer Angst vor diesem Schritt", sagt Ehepartnerin Alhomsi. Aber gemeinsam sparen sie Geld und finden ein passendes Fahrzeug. 15.000 Euro kostet der Wagen, der Umbau nochmal rund 10.000 Euro. "Vier Monate von morgens bis abends hat er am Auto gearbeitet", sagt Alhomsi.
Jetzt muss nur noch das Geschäft laufen. Einige treue Stammkunden hat er schon. Manche kannten ihn noch von seinen vorherigen Stellen als Friseur, andere haben ihn erst im Transporter kennengelernt. "Ich hatte am Anfang Sorge, dass es nicht so läuft, wie er es sich vorgestellt hat. Aber es kommen immer wieder neue Kunden", sagt Alhomsi. Wenn das Geschäft dauerhaft gut läuft, will Kojak den Transporter gegen einen größeren Lkw austauschen und Köpfe über Lengerich hinaus frisieren. Unterwegs ist er ja ohnehin schon.
Über dieses Thema haben wir auch am 29.01.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.