Es ist der 25. November 2005. Schwere, nasse Schneeflocken fallen vom Himmel und bleiben auf den frei hängenden Stromleitungen liegen. Ein ungewöhnlich früher Wintereinbruch für diese Region. Starker Wind kommt hinzu, bringt die von Eis ummantelten Kabel ins Schwingen. Dem halten selbst die Stahlgerüste nicht Stand. Insgesamt 82 Strommasten brechen zusammen. Und mit ihnen die Versorgung von 250.000 Menschen. Es ist der größte Stromausfall der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Die Folgen von Tief Theobald im Münsterland
00:40 Min.. Verfügbar bis 25.11.2026.
Das deutsche Energiesystem gilt als eines der sichersten der Welt. Laut Bundesnetzagentur lag die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung pro Verbraucher 2023 deutschlandweit bei rund 12 Minuten. Auch Nordrhein-Westfalen liegt etwa in diesem Mittel. Im November 2005 dauerte es in manchen Haushalten im Münsterland über fünf Tage, bis der Strom zurück war.
Stromausfall bedroht Existenzen
Tief Theobald bringt den Verkehr zum Erliegen. Auf Straßen und Schienen geht nichts mehr. Die Wohnungen kühlen aus und Menschen behelfen sich notdürftig mit alten Kohleöfen und Kerzen. Ohne Telefon, Radio oder Fernsehen sind sie abgeschnitten vom Rest der Welt. "Du bist hilflos. Du bist dieser Technik total ausgeliefert", erinnert sich Elisabeth Wilken aus Ochtrup. Mit Notstromaggregaten beheizte Suppenküchen dienen als Zufluchtsort zum Aufwärmen. Die Kälte zuhause ist für die Menschen unerträglich.
Auch für viele Landwirte ist die Lage dramatisch. Hühner drohen zu ersticken, weil die Belüftung der Ställe nicht mehr funktioniert. Landwirte geraten in Panik. In den Ställen erfrieren Ferkel ohne Wärmelampen. Hungrig rufen viele Kühe nach Futter. Sie leiden unter prall gefüllten Eutern, weil die Melkmaschinen nicht mehr laufen.
Insgesamt entstand ein Schaden von rund 100 Millionen Euro. Klagen gegen Versorger RWE hatten, aufgrund höherer Gewalt durch die extreme Wettersituation, keinen Erfolg.
In den Medien hält sich neun Monate später die Erzählung vom "Babyboom" nach dem großen Stromausfall. Statistisch nachweisbar ist er aber nicht.