Mit weißem Kittel und Haube auf dem Kopf steht Thomas Gill auf einer Plattform mit Blick auf die Produktionshalle unter ihm. Hier entsteht frisches Pumpernickel-Brot. In der ganzen Halle riecht es herb-süßlich. In den 1930er-Jahren brachten Gills Vorfahren die westfälische Brotsorte ins Ruhrgebiet nach Gelsenkirchen. Inzwischen finden Kunden das Brot mit NRW-Bezug in Verkaufsregalen auf der ganzen Welt.
Pumpernickel gilt als typisch deutsches Schwarzbrot. Nur acht Betriebe in Deutschland stellen den original westfälischen Pumpernickel her, fünf davon aus NRW. Die Brotsorte ist durch ein Siegel der Europäischen Union geschützt. Die ersten historischen Aufzeichnungen zum Pumpernickel in Westfalen stammen aus dem 16. Jahrhundert. Deutschlands älteste aktive Pumpernickelbäckerei steht in Soest und produziert das Schwarzbrot bereits seit 1570.
Besonderes Backverfahren
Da kann Gills Familie nicht ganz mithalten. Seit 245 Jahren backen sie die westfälische Brotspezialität. Den Familienbetrieb Prünte leitet der 56-Jährige in der sechsten Generation. In der Gelsenkirchener Großbäckerei werden mittlerweile pro Tag bis zu 20 Tonnen Pumpernickel hergestellt. Die besondere Farbe und der Geschmack des Brotes kommen durch das Rezept, das vor langer Zeit entstand. "Es gibt natürlich ein Rezeptbuch, das ist auch überliefert, aber vielfach angepasst", erzählt Gill.
Die Zutaten, Roggenschrot, Wasser, Salz und Hefe, sind erstmal nichts Besonderes. Das Geheimnis liegt im Backverfahren: Mindestens 20 Stunden wird der Pumpernickel bei um die 100 Grad gebacken. Im Anschluss ruht er weitere 24 Stunden, bis er geschnitten und verpackt werden kann. Frisch aus der speziellen Dampfbackkammer ist das Brot so weich wie Pudding.
Napoleon und der "furzende Nikolaus"
Das Rezept entstand einer Legende zufolge eher zufällig, als vor Jahrhunderten ein Bäcker in Westfalen seinen Brotteig im Backofen vergaß. Nach seiner Rückkehr entdeckte er das ungewöhnlich dunkle Brot mit herb-süßem Geschmack, das sich als lange haltbar herausstellte. Es ist eine von vielen Geschichten, die sich um den Pumpernickel ranken.
Gill begeistert sich für diese Mythen und Legenden beinah so sehr, wie für das Brot selbst. Mit breitem Lächeln erzählt er von einer Legende, laut der der Besuch von Napoleon Bonaparte in Westfalen zu dem Namen des Schwarzbrotes geführt habe: "Als Franzose war er natürlich das Baguette gewohnt. Mit dem Pumpernickel konnte er nicht viel anfangen. Das Brot hat ihm überhaupt nicht geschmeckt. Es hat es aus dem Fenster geschmissen zu seinem Pferd, mit den Worten 'C'est bon pour Nicol!' also 'Das ist gut für Nicol!'. Daraus wurde mit der Zeit Pumpernickel."
Es gibt auch eine Herleitung, laut der das Wort eigentlich eine Beleidigung gewesen sei und in etwa mit "furzender Nikolaus" übersetzt werden kann. "Pumper" bedeutete damals nämlich "Furz".
Woher der Name des Brotes tatsächlich stammt, lässt sich heute nicht mehr genau sagen. Wie ein Kenner sein Pumpernickel-Brot isst, hingegen schon. "Am liebsten ganz leicht mit Butter bestrichen, sonst nichts drauf. Dann schmeckt man es am besten", sagt Gill.
Über dieses Thema haben wir auch am 17.02.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.