"Highlight in Bochum": 60 Jahre Planetarium

Bochum | Heimatliebe

Stand: 06.11.2024, 08:32 Uhr

Entspannt in einem weichen Sessel zurücklehnen und ins Weltall reisen. Die Sternzeichen erklärt bekommen, ein Hörspiel oder Musik hören. Vieles ist möglich unter der Kuppel des Planetariums in Bochum. Seit mittlerweile 60 Jahren ist es eine Erfolgsgeschichte mitten im Ruhrgebiet.

Von Stefan Weisemann (Text) und Carmen Krafft (Multimedia)

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Eine Erfolgsgeschichte: Besuchermagnet Planetarium

Stolz thront sie auf einem kleinen Wiesenhügel und scheint fast ein bisschen über dem Boden zu schweben. Eine mächtige silberne Kuppel aus Edelstahl glänzt in der Sonne. Die großen Glasscheiben direkt darunter auch. Wer auf der vor allem bei Fußballfans bekannten Castroper Straße in Bochum unterwegs ist, kommt an ihr nicht vorbei: Der Kuppel des Planetariums. Seit 60 Jahren ist das Sternentheater eine der größten Attraktionen im Ruhrgebiet, ein echter "Star".

Sonne, Mond und Sterne, Planeten und Kometen und vieles mehr wird unter der Kuppel zum Leben erweckt. "Das fand ich als Kind schon spannend", sagt Martina Münch und bekommt glänzende Augen. Mit ihren 61 Jahren ist die Bochumerin ungefähr genauso alt wie das Planetarium. Als Kind war sie mit ihren Eltern zwei bis drei Mal im Jahr hier. Und auch heute kann sie vom Planetarium nicht genug bekommen. Mit ihrer Dauerkarte kommt sie mehrmals in der Woche.

Was das Planetarium zu bieten hat 00:33 Min. Verfügbar bis 05.11.2026

Ein Bochumer Highlight, das immer mehr Sternengucker anzieht. 2023 sind mehr als 340.000 Besucher gekommen, so viele wie noch nie. Das Bochumer Planetarium ist damit das beliebteste in Deutschland.

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Bochum im Sternenfieber: Die Geschichte des Planetariums

Beliebt war es in Bochum allerdings von Anfang an. So richtig ergreift das Sternenfieber die Stadt schon im Oktober 1957. Da hört der Bochumer Chemie-Ingenieur und Hobby-Astronom Heinz Kaminski mit einem selbst gebauten Funkempfänger die Signale des russischen Satelliten Sputnik ab. Als Allererster in der westlichen Welt. Es ist damals eine Sensation.

Kaminski ist es dann auch, der noch mehr Menschen für den Sternenhimmel und das Weltall begeistern will. Auf sein Drängen hin beschließt die Stadt Bochum Anfang der 60er Jahre den Bau des Planetariums. In einer Zeit also, in der sich die Stadt ohnehin stark verändert: Die ersten Zechen schließen, die Ruhr-Universität wird gebaut.

Bis heute unverändert: Die Kuppel des Planetariums zur Eröffnung am 6. November 1964 | Bildquelle: Stadt Bochum / Planetarium

Nach rund zweieinhalb Jahren Bauzeit steht die Kuppel. Am 6. November 1964 wird das Planetarium eröffnet. Kaminski nennt es damals "eine elegante Möglichkeit, allen Menschen des Ruhrgebietes von den Sternen zu erzählen". Die Menschen in Bochum schließen die "Schildkröte", wie das Gebäude anfangs wegen seiner Form genannt wird, schnell ins Herz. Und sie sind neugierig, was sich über ihren Köpfen so alles abspielt. Anfangs gibt es jeden Tag drei Vorträge, die meisten sind ausgebucht.

Schnell wird das Planetarium auch zur Bühne für andere Veranstaltungen. Ende der 60er Jahre zum Beispiel für eine Modenschau. Präsentiert wird "Mode von heute im Stil des Jahres 2000", heißt es damals in einem Fernsehbericht.

Besondere Modenschau im Bochumer Planetarium 1967 00:12 Min. Verfügbar bis 05.11.2026

Noch heute sieht das Planetarium größtenteils so aus, wie zum Start vor 60 Jahren. Die geschwungene Edelstahlhülle ist dieselbe, der Boden und die Holzvertäfelung an den Wänden auch. Die Technik wurde allerdings schon mehrmals erneuert. Und auch bei den rund 250 Stühlen unter der Kuppel gab es eine entscheidende Veränderung. "Damals gab es noch Drehstühle", sagt Planetarium-Fan Münch. Heute sind die Sitze fest aneinander geschraubt.

Zwei Dinge sind an den Stühlen aber geblieben: Sie sind damals wie heute gemütlich gepolstert. Und sie lassen sich in eine entspannte Liegeposition nach hinten kippen. Wenn es dann unter der Kuppel stockfinster wird und die Sterne über den Besuchern kreisen, schläft der ein oder andere auch mal kurz ein unter dem virtuellen Nachthimmel.

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Für jeden was dabei: Programm im Planetarium

Für diesen virtuellen Himmel im Bochumer Planetarium sorgt der Sternenprojektor "Zeiss Universarium IX", der modernste der Welt. Er ist ein großes, sich drehendes, silbernes Ei mit vielen kleinen und großen runden Projektoren. 9000 Sterne kann er auf die große Kuppel bringen und so den Sternenhimmel zu jeder beliebigen Zeit und an jedem beliebigen Ort der Welt simulieren.

Kostet mehrere Millionen Euro: Der Sternenprojektor in Bochum | Bildquelle: Stadt Bochum: Referat für Kommunikation / Planetarium

Das tut er in Shows wie "Geheimnisvolles Universum", "Die Wunder des Kosmos" oder "Aurora - Wunderbares Polarlicht". Sternbilder, Planetenbahn und Galaxien werden hier so anschaulich wie möglich erklärt. Meistens dauern die Shows rund eine Stunde.

"Wahnsinnig tolle Musik, sehr entspannend, sehr klar und deutlich erklärt", sagt die 18-jährige Sophie Puscha nach einer der Shows mit sichtlicher Begeisterung. "Ehrfurchtsvoll" hat ihre Mutter Tina dem Sternentreiben über ihrem Kopf zugeguckt. Die Familie ist extra aus Nürnberg nach Bochum gekommen, auch für das Planetarium.

Ausflugsziel Weltraum: Familie Puscha im Bochumer Planetarium | Bildquelle: WDR/Carmen Krafft

Kurze Astronomie-Ausflüge im Alltag bietet das Planetarium seit seinen ersten Tagen. Im Laufe der Jahre wurde das Programm dann immer mehr erweitert. Besonders beliebt sind heute die Kinder-Shows, bei denen bunte Zeichentrickfiguren auf die Kuppel projiziert werden. So begleiten die Kinder die "Dinos im Weltall" oder gehen mit den "Olchis" auf ein großes Weltraumabenteuer.

Auch beliebt: Die Musik-Shows, zum Beispiel mit der Musik vom Album "Dark Side of the Moon" von Pink Floyd. Dazu kommen Konzerte, Vorträge und Hörspiele. Und wer möchte, kann im Planetarium sogar heiraten. Inklusive exklusiver Vorstellung für die Hochzeitsgäste. Wohl eine der ungewöhnlichsten Hochzeits-Locations in NRW.

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Früher und heute: Die Faszination Sternenhimmel

Was fasziniert die Menschen am Blick in die Planetariums-Kuppel - vor 60 Jahren genauso wie heute? "Die Faszination sind Himmel und Weltraum an sich", sagt die Chefin des Hauses, Susanne Hüttemeister. Schon die Menschen in der Steinzeit haben den Himmel und die Sterne genau beobachtet. Dieselben wie wir heute auch. "Die Konstellationen der Sternbilder ändern sich in 10.000 oder 30.000 Jahren nicht", sagt Hüttemeister.

Spektakuläre Einblicke ins Weltall: Die Shows im Bochumer Planetarium | Bildquelle: Planetarium Bochum

Vom echten Sternenhimmel sehen wir allerdings vor allem in den hellen Städten im Ruhrgebiet nur noch wenig. Da bleibt für den ungetrübten Blick nur der Gang ins Planetarium. Der wird auch in Zukunft möglich sein. Das markante Gebäude am Rande der Bochumer Innenstadt steht seit 2005 unter Denkmalschutz.

Was dort allerdings in Zukunft genau zu sehen sein wird, hängt auch von den Fortschritten der Wissenschaft ab. Werden mit neuer Technik neue Sterne entdeckt? Vielleicht auch anderes Leben irgendwo anders im Weltall? Das Bochumer Planetarium wird sicher immer wieder Neues bieten. Nur was genau, das steht buchstäblich in den Sternen.

Über dieses Thema berichten wir auch am 06.11.2024 im WDR Fernsehen: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.