Sandra Kronenberg hat ihre Shetlandponydame Charlotte an der Trense. Geduldig trottet das kleine Pony hinter ihr her. Durch die große Seitentür direkt in den Hörsaal 20 der Fachhochschule Soest, stehenbleiben und wieder zurück. Generalprobe für das weiße Minipferd.
Gleich ist es lebendiges Anschauungsmodell. Es geht um die Frage: "Ist mein Pferd zu dick?" "Shetlandponys sind stämmig. Das macht die Rasse aus", erklärt Pferdebesitzerin Kronenberg.
Wunsch von Studierenden
Der Fachbereich Agrarwirtschaft der Soester Fachhochschule holt immer mal "echte" Tiere in den Hörsaal. Schafe, Ziegen und für die Veranstaltungsreihe "Rund ums Pferd" eben Pferde. Den Wunsch nach echten Tieren im Hörsaal hatten die Studierenden. "Man versteht vieles besser, wenn man es am Tier erklären kann", weiß Professorin Mechthild Freitag vom Fachbereich.
"Rund ums Pferd" gibt es seit 15 Jahren. Für die Studierenden geht es nicht darum, sich Pferdefachwissen anzueignen. Im Rahmen ihres Studiums der Agrarwirtschaft müssen sie die öffentliche Veranstaltungsreihe organisieren und dokumentieren.
Der Hörsaal füllt sich. Pferdeinteressierte gibt es viele rund um Soest. Tierärzte, ein Hufschmied ist dabei, Freizeitreiter, Besitzer von Reiterhöfen und Pferdepensionen in der Soester Börde. 110 Besucherinnen und Besucher stehen schließlich in der Teilnahmeliste.
Pferde fressen sich im Sommer kugelrund
Beim Pferd ist es wie beim Menschen: Zu viele Pfunde sind ungesund. "Das Problem ist brisant", sagt Professorin Freitag. "Vor dem Winter, wenn die Tiere zurück in die Ställe kommen, haben sie sich den Sommer über auf den Weiden rund gefressen."
Im Hörsaal gelten Regeln: Keine Fotos, keine Handzeichen, Fragen - wenn überhaupt - gebündelt am Ende der Veranstaltung, keine Hektik. Kein Stress für das Shetlandpony und den spanischen Cruzado-Hengst, der auch seine Figur zur Schau stellt.
Gastdozentin Caroline Pisch von der Tierärztlichen Hochschule Hannover beginnt mit Theorie. Die Besucherinnen und Besucher lernen, dass es auch bei Pferden einen Body-Maß-Index zum Schätzen des Körperfettanteils gibt.
Das Fett sitzt an Schweif, Schulter und Hals
Und die Pferde im Hörsaal? Stehen gelassen auf ihrem Kunstrasen neben dem Rednerpult und warten. An ihnen zeigt Tierärztin Caroline Pisch schließlich, wie Muskeln verlaufen und wo das Pferd seine Problemzonen hat - nämlich an der Schulter, am Schweif und am Hals. Und auch hier ist es wieder wie beim Menschen: Speckrollen kann man fühlen. Pisch fährt an den Halswirbeln des Hengstes entlang: "Wir tasten ab, wie viel Fett darüber ist." Ihr Urteil: "Hier muss keiner abspecken."
Auch das Shetlandpony kommt gut weg. "Pummelig und fellig. Für die Rasse typisch", stuft die Expertin das strubbelige Minipferd ein und greift beherzt in sein Rückenfell. Da sitzen die Problemzonen.
Eine Möhre zur Belohnung und die Pferdemodelle dürfen gehen - durch die Seitentür zurück in ihre Pferdehänger. Die Besucherinnen und Besucher im Hörsaal 20 applaudieren als sich die Seitentür geschlossen hat.
Über das Thema haben wir am 11.10.2023 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.