Unterwegs im Moor: Der unterschätzte Klimaschützer
Stand: 26.04.2024, 11:06 Uhr
Klimawandel und Klimaschutz sind in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Thema der Umweltpolitik geworden. Moore spielen dabei eine tragende Rolle. Biologen und Förster in Lichtenau im Kreis Paderborn setzen sich deshalb für ihren Erhalt ein.
Von Christian Michel
Biologe Christian Finke und Revierleiter Roland Schockemöhle sind begeistert. Die beiden stehen mitten im Moor. Gummistiefel schützen vor nassen Füßen. In der rechten Hand hält der Biologe Moos, das er gerade vom Boden aufgehoben hat. Aus seiner Hand plätschert Wasser. "So viel Wasser in so wenig Torfmoos, irre. Oder?"
Dass sich in dem kleinen Stückchen so viel Wasser befindet, ist das Ergebnis vieler Jahre harter Arbeit. "Das ist Freude pur, weil man sieht, dass so ein Projekt funktioniert. Man sieht die positiven Auswirkungen: die Arten kommen zurück, die Torfmoose breiten sich aus", sagt Revierleiter Roland Schockemöhle.
Seit elf Jahren arbeiten Biologen, Förster und Freiwillige an der Renaturierung der beiden Moorgebiete "Schwarzer Bruch" und "Eselsbett" bei Lichtenau im Kreis Paderborn. Auf einer Fläche von 294 Hektar, das entspricht in etwa ebenso vielen Fußballfeldern, wurden Entwässerungsgräben verschlossen und die, in den letzten Jahrzehnten gewachsenen, Kiefern, Fichten und Weiden entfernt. "Dadurch soll das Torfwachstum wieder in Gang und der Wasserhaushalt in Ordnung gebracht werden", sagt der 48-jährige Roland Schockemöhle. "Das Ziel wäre ein in sich geschlossenes, intaktes Hochmoor, wo wir überall Torfmoose haben und wo das Moor komplett sich selbst überlassen werden kann", sagt Schockemöhle vom Landesbetrieb Wald und Holz.
Die Projektkosten in Höhe von 1,8 Millionen Euro teilen sich die EU und das Land NRW. Die Biologische Station des Kreises Paderborn, das Regionalforstamt Hochstift und das NRW-Umweltministerium hatten für die Renaturierungsmaßnahmen gemeinsam Fördermittel aus dem europäischen Naturschutzfond Life+ beantragt. Aber warum das alles?
Was bedeuten die Moore für Roland Schockemöhle?
00:15 Min.. Verfügbar bis 26.04.2026.
Moore haben große Bedeutung für den Klimaschutz
Moore entstehen an besonders feuchten Orten, an denen abgestorbene Pflanzenreste nicht vollständig zersetzt werden - dabei bildet sich Torf. Auf diese Art wachsen lebendige Moore langsam in die Höhe, etwa einen Millimeter pro Jahr. So entsteht über Jahrzehnte nicht nur ein wichtiger Lebensraum und Rückzugsort für spezialisierte Pflanzen- und Tierarten. Moore leisten einen enormen Anteil im Kampf gegen den Klimawandel.
Sie sind die effektivsten Kohlenstoffspeicher aller Landlebensräume. "In einem Hektar Moor mit einer 15 Zentimeter dicken Torfschicht findet sich in etwa so viel Kohlenstoff wie in einem hundertjährigen Wald auf gleicher Fläche", erklärt Biologe Christian Finke. Moore nehmen weltweit lediglich drei Prozent der globalen Landfläche ein, binden jedoch ein Drittel des Kohlenstoffes - doppelt so viel wie alle Wälder dieser Erde zusammen.
Der beeindruckende Blick über das Moor
00:17 Min.. Verfügbar bis 26.04.2026.
Selbstverständlich ist das nicht: Moore waren für den Menschen lange Zeit ein Gegner. Über Jahrhunderte wurde es erobert und trockengelegt, um Torf abzubauen und Landwirtschaft zu ermöglichen. Auch im "Schwarzen Bruch" und "Eselsbett" am Westrand des Egge-Gebirges bei Lichtenau im Kreis Paderborn.
Das soll sich unter anderem mit dem Projekt im Kreis Paderborn ändern. "Wir wissen, wenn wir den Grundwasserstand in den Mooren erhöhen können, dann tun wir etwas für das Klima. Es entsteht weniger CO2. Denn wenn wir den Grundwasserstand anheben, bis unter die Bodenunterkante, zersetzt sich der Torf nicht. Im besten Fall baut sich sogar neuer Torf auf, das CO2 wird gebunden. Wir haben also was für Klimaschutz getan", erklärt Christian Finke.
Die Pflege dieser Gebiete ist Aufgabe von Generationen
Der Biologe stapft mit Revierleiter Roland Schockemöhle mitten durchs Moor zu einer Grundwassermessstelle. Die wurden vor einigen Jahren im Boden eingesetzt. Christian Finke dreht an dem Verschluss, zieht ein Band heraus, an der eine Messsonde hängt und schließt sie direkt an seinen Laptop an. Auf dem Monitor erscheinen viele Zahlen und eine Verlaufskurve. Hieran können die Umweltschützer sehen, wie sich der Grundwasserstand über die vergangenen Monate entwickelt hat.
Auch das Grundwasser untersuchen Christian Finke und Roland Schockemöhle
Die beiden Umweltschützer sind zufrieden. Das Moor hat sich bisher gut entwickelt. Das "Eselsbett" und der "Schwarze Bruch" sind inzwischen der größte und wertvollste Moorkomplex des Eggegebirges. In den kommenden Jahren müssen aber weiterhin in regelmäßigen Abständen Weiden und Kiefern entfernt werden, die dem Boden wichtige Feuchtigkeit entziehen. "Dieses Moor bedarf über Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte Pflege, bis irgendwann die ganze Fläche mit Torfmoosen strukturiert ist."
Über dieses Thema haben wir auch am 02.02.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.