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"Ich war fassungslos": Wie ein Klever sein Lebenswerk neu aufbaut

Kleve | Heimatliebe

Stand: 03.03.2024, 10:05 Uhr

Markus Gern legt anderen Steine in den Weg - und die freuen sich. Seit über zehn Jahren baut Gern im Klever Wald Steinmännchen. Tausende Steine hat er dafür gesammelt und verbaut. Im November 2022 zerstörte eine Frau sein gesamtes Kunstwerk. Warum er trotzdem weitermacht.

Von Katharina Paris

Einen Spazierstock in der Hand, auf dem Rücken ein schwarzer Rucksack, kommt Markus Gern den Waldweg hochgelaufen. Zwischendurch bückt er sich, hebt kleine Steine vom Boden auf. Als der 60-Jährige die Lichtung erreicht, legt er die Steinchen vorsichtig zu den anderen. Es müssen mehrere Zehntausend sein, die hier zu kleinen und großen Steinmännchen und großen Bergen verbaut sind.

Künstler Markus Gern kniet im Steinmännchen-Wald in Kleve vor einem hohen Hügel aus Steinen

Markus Gern hat ein kleines Steindorf erschaffen

Seit über zehn Jahren ist dieser Platz im Klever Wald feste Anlaufstelle für den Klever Künstler. Zwei bis dreimal am Tag kommt er her, mit Steinen in der Tasche und im Rucksack, und baut die Männchen und Türme. Besonderes Merkmal: Ein kleiner weißer Kieselstein, der ganz oben auf dem jeweiligen Bauwerk liegt.

Künstler legt Steinlandschaft in Kleve an

Die Steine stapeln, "das hat für mich etwas Meditatives", erzählt Gern. Es war lange Zeit ein Ausgleich für ihn, der jahrelang intensiv seine Mutter gepflegt hat. Vor ein paar Wochen ist sie gestorben. Umso wichtiger sind die Waldbesuche aktuell für Gern.

Warum Markus Gern jeden Tag in den Wald kommt

00:14 Min. Verfügbar bis 03.03.2026

Gern hebt ein paar kleine Zweige auf, die runtergefallen sind. Er mag es, wenn es hier alles schön ordentlich ist. Im Herbst fegt er das Laub, das von den Bäumen auf die Stein-Landschaft fällt.

Steinfiguren in Kleve ziehen Besucher an

Eine Gruppe älterer Fahrradfahrer kommt vorbei, bleibt stehen und sucht das Gespräch mit dem Künstler. "Ich habe das von Anfang an mitverfolgt, was Markus hier gemacht hat. Anfangs hatte er noch seinen Hund Flo dabei", erzählt einer der Fahrradfahrer.

Viele Hügel aus tausenden Steinen im Wald in Kleve

Steine über Steine: Der Wald in Kleve

Die Steinmännchen-Landschaft ist über die Jahre immer bekannter geworden, zieht Menschen nicht nur aus dem Klever Umland, sondern auch aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden an. "Es ist wirklich Wahnsinn, am Wochenende sind hier teilweise 20 bis 30 Leute, die sich die Steinmännchen anschauen, sie fotografieren und filmen", sagt Heike Brenda, die Gern noch aus Sandkastenzeiten kennt und fast jeden Tag an den Steinen vorbeijoggt. "Ich find‘ dat bombastisch gut, so faszinierend irgendwie. Sehen sie mal: diese filigranen Arbeiten", erzählt Waldbesucher Max Goerres begeistert.

Frau zerstört Kunstwerk in Klever Wald

Für viele ist der Ort besonders. Umso erschütterter waren alle, als im November 2022 eine psychisch kranke Frau das Kunstwerk von Gern in nur einer Nacht fast komplett zerstörte. Kaum ein Stein stand noch auf dem anderen. Jahrelange Arbeit – einfach zu Boden gehauen und getreten. Gern war damals fassungslos, traurig. Aufhalten ließ er sich davon nicht. Im Gegenteil. Kurz nach der Zerstörung bat er die Waldbesucher um Hilfe beim Wiederaufbau. Mit Erfolg. An einem Wochenende kamen so viele Helfer, dass viele der Steinmännchen und Berge wieder aufgebaut werden konnten.

Unzählige Steine liegen im Wald auf dem Boden

Markus Gern hat die Zerstörung im November 2022 selbst entdeckt

Nun, über ein Jahr nach der Zerstörung, sind alle Steine wieder verbaut, mit natürlichem Steinkleber, damit sie Wind und Wetter standhalten. Ganz so wie vorher sieht es allerdings nicht aus. "Das Konzept ist dasselbe", erklärt Gern, "nur die Form ist etwas anders. Es wäre auch aus künstlerischer Sicht dumm gewesen, sich zu wiederholen, ein Plagiat von dem alten Werk zu schaffen. Die einzelnen Türme sind etwas höher, dafür sind die Areale etwas beschaulicher, was auch die Pflege einfacher macht."

Ein Künstler, der sich kümmert

Größer darf das Areal nicht werden, sonst gibt es Ärger mit dem Förster. Auch, wenn Markus Gern die Steinmännchen-Landschaft nicht erweitert, wird der Ort weiterhin eine wichtige Anlaufstelle für ihn und für viele Waldbesucher bleiben.

Gern setzt sich seinen schwarzen Rucksack wieder auf, nimmt sich seinen Spazierstock und macht sich auf den Weg nach Hause. "Ich komme später noch mal wieder", sagt er und läuft den Waldweg hinunter.

Über dieses Thema haben wir auch am 25.01.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.