Der Tagebau Hambach

00:37 Min. Verfügbar bis 19.06.2025

Lützerath: Wo die Bagger gewonnen haben

Städteregion Aachen | Heimatliebe

Stand: 08.03.2024, 12:06 Uhr

Lützerath war mehr als ein Ort. Das Dorf war ein Symbol für den Widerstand gegen den Braunkohleabbau. Nun ist es verschwunden. Aber was ist geblieben? Und vor allem: Wer?

Von Daniel Dammann (Text) und Silke Niewenhuis (Multimedia)

"Das ist schon verrückt zu sehen, dass das Dorf Lützerath nun gar nicht mehr steht, dass auch der Boden darunter weg ist." David Dresen steht in der Nähe der steilen Abbruchkante des Tagebaus. Dort wo Einfamilienhäuser, große Höfe, Scheunen und die zahlreichen Baumhäuser bis zuletzt den Baggern trotzten, ist nicht viel übrig geblieben. Die Baumaschinen haben nicht nur die letzten Überreste Lützeraths getilgt, sie haben sich mittlerweile metertief in den Boden gegraben, der für viele Bewohner Heimat war.

"Es ist hart anzuerkennen, dass es zwar gigantische Proteste waren und eine wahnsinnige internationale Berichtersttatung gab, aber sich am Ende der Konzern und die Regierung durchgesetzt haben," sagt David Dresen. Er ist "Bürger im Ausschuss für Braunkohle der Stadt Erkelenz".

Lützerath-Anwohner: "Es ist für nicht einfach."

Jahrelang kämpfte Dresen für den Erhalt von Lützerath. Am Ende hat er verloren. Wer in die Proteste von damals noch einmal genauer reinschauen möchte, findet hier den WDR-Liveticker aus dem Januar 2023.

Der Teilerfolg, den die Bürger in den umliegenden Dörfern errungen haben, in denen auch Dresen wohnt, fühlt sich nicht wie einer an. Auch wenn die Orte Kuckum, Berverath, Keyenberg, Oberwestrich und Unterwestrich, die ursprünglich dem Tagebau weichen sollten, nun erhalten bleiben, lässt das Dresen nicht in Jubelstimmung ausbrechen.

Lützerath - Ein Dorf ist verschwunden

David Dresen fühlt sich von der Politik im Stich gelassen

"Weiterhin am Tagebau zu wohnen, ist für mich und meine Familie nicht gerade einfach. Vor allem jetzt, wo die Dörfer stehen bleiben, aber wir immer noch nicht angefangen haben, die Zukunft zu gestalten, ist es eigentlich so, als wären wir in einer Dauerwarteschleife", sagt Dresen.

Leben in einem Geisterdorf

Dresen selbst lebt in Kuckum auf einem alten Hof, der seit mehreren Generationen im Besitz der Familie ist. Neben Hühnern hält Dresen auch Pferde. Die ländliche Idylle verschleiert schon fast, was Kuckum eigentlich ist: Ein Geisterdorf. 80 Prozent der Bewohner sind weggezogen, haben ihre Häuser an RWE verkauft, die nun leerstehen. Im Nachbarort Keyenberg sind es sogar 95 Prozent Leerstand.

Eine Zukunft für diese Orte, eine Perspektive für die hier noch lebenden Menschen, ist das, was sich Dresen wünscht. "Ich fände es großartig, wenn wir endlich wieder anfagen würden, die leeren Häuser zu verkaufen oder zu vermieten oder für neue kleine Läden zu nutzen, wieder eine neue Kneipe aufzumachen."

Aus der alten Kirche könne man beispielsweise ein Kino machen oder einen kleinen Konzertsaal. Wenn Dresen eine mögliche Zukunft von Kuckum skizziert, beginnt er über das ganze Gesicht zu strahlen.

"Man hätte hier wahnsinnig viele tolle Möglichkeiten, und könnte sofort anfangen, eine neue Zukunft zu bauen." David Dresen, Anwohner

Dresen ist mit der Idee dem Ort Kuckum neues Leben einzuhauchen nicht allein. Es gäbe viele Interessenten, die nach Kuckum ziehen wollten, sagt er. Der Ort ist stadtnah. Luftlinie sind es nicht einmal zwölf Kilometer bis Mönchengladbach, der größten Stadt am linken Niederrhein. Auch die Landeshauptstadt Düsseldorf ist nur 30 Kilometer weit weg. "Wir haben viele Anfragen von Menschen, die hier in die Dörfer ziehen wollen, um zum Beispiel Bio- oder Öko-Projekte aufzuziehen. Die Flächen in den Städten sind einfach so teuer geworden und die Menschen möchten auch deshalb wieder gerne aufs Dorf kommen."

Der Tagebau Hambach

  • Der Tagebau Hambach liegt zwischen Jülich im Kreis Düren und Kerpen im Rhein-Erft-Kreis.
  • Er ist die größte Braunkohlegrube Europas und erstreckt sich auf über 45 km².
  • Die RWE Power AG fördert im Tagebau rund 23 Mio Tonnen Kohle pro Jahr.
  • 2029 ist hier mit der Kohlegwinnung endgültig Schluss.

Das Problem: Die leerstehenden Häusern gehören RWE. Der Konzern müsste sich bereiterklären, die Immobilien wieder zu veräußern. Ob und wann das passiert, steht nicht fest.

Über dieses Thema haben wir auch am am 07.06.2023 in der Lokalzeit aus Aachen im WDR Fernsehen berichtet.