Mit 23 Chef von drei Restaurants: "Ich hatte dieses Jahr einen Tag Urlaub"
Stand: 03.11.2024, 14:48 Uhr
Andere gehen mit 23 Jahren studieren, reisen oder genießen das Partyleben. Batuhan Koc ist einen ganz eigenen Weg gegangen: Er besitzt bereits drei Gastrobetriebe in Köln. Wie er es geschafft hat und was ihn antreibt.
Von Martin Henning
Batuhan Koc und seine Mutter Hava sitzen an einem Tisch in ihrem Restaurant "Zadem" in Köln. Vor ihnen dampfen ein Espresso und ein Cappuccino. Munter diskutieren sie über die neuen Schichtpläne, die eingeführt werden sollen. "Wenn du die auch für die Küche verwendest, müsstest du nur noch vier Zettel kontrollieren statt 20 für jeden einzelnen Mitarbeiter", erklärt Koc seiner Mutter. Stück für Stück wollen sie ihre Abläufe verbessern.
Laut dem Statistischen Landesamt gab es im Jahr 2021 29.200 Restaurants, Cafés und Imbisse in NRW. Wer als Quereinsteiger in die Gastronomie gekommen ist, muss vieles erst lernen. So wie Familie Koc. Fehler seien nicht schlimm, sondern notwendig auf dem Weg zum Erfolg, meint Batuhan Koc. "Ich habe früher so vieles falsch gemacht. Wenn ich mir das heute angucke, möchte ich meinen Kopf gegen die Wand schlagen", sagt der 23-Jährige. "Es war ein Prozess mit vielen Fehlern, schlaflosen Nächten und sehr harter Arbeit."
Was Batuhan Koc antreibt, jeden Tag zu arbeiten
00:24 Min.. Verfügbar bis 03.11.2026.
Gastro nach dem Motto "Learning by Doing"
Das Abenteuer Gastronomie begann für die Familie vor drei Jahren. Online sah Batuhan Koc ein Inserat für eine frei gewordene Geschäftsfläche auf den Kölner Ringen, eine der Partymeilen der Stadt. Ohne Vorkenntnisse, aber mit viel Selbstvertrauen eröffnete der damals 20-Jährige sein erstes Restaurant. Das Menü habe er zwei Tage vor der Eröffnung geschrieben, erzählt der Jungunternehmer. "Es war zum Scheitern verurteilt."
Am Anfang wuppte Familie Koc ihr Projekt komplett alleine. Mutter Hava stand in der Küche, Batuhans zwei Jahre jüngerer Bruder Berkcan kümmerte sich um die Getränke. Batuhan machte den Service, installierte den Strom und putzte nach Feierabend das Restaurant. "Einmal hatte meine Mutter 40 Grad Fieber, da bin ich auch noch in die Küche gegangen", erzählt der 23-Jährige. Über Bücher und YouTube-Videos brachte er sich das Einmaleins der Gastronomie bei, verließ sich auf die Rückmeldungen seiner Gäste.
Batuhan Koc packt auch heute noch selbst mit an
Mit den ersten Mitarbeitern entwickelten sich neue Herausforderungen. Nicht jeder kam damit klar, Anweisungen von einem gerade erst Volljährigen entgegenzunehmen. "Wenn ein 50-Jähriger vor dir steht und du bist halb so alt wie er, dann kann es ein Ego-Problem geben. Das ist menschlich", sagt Batuhan Koc. "Du arbeitest Tag und Nacht und da kommt jemand, der nimmt dich nicht ernst. Da wurde ich sehr schnell sauer. Aber mittlerweile kann ich damit gut umgehen."
Mutter soll nie wieder arbeiten müssen
Wie ihre Mutter haben auch Batuhan und Berkcan Koc mit 14 Jahren angefangen zu arbeiten. Sie trugen Zeitungen aus, jobbten im Supermarkt und bei Fast-Food-Ketten, arbeiteten bei der Post und an der Tankstelle. "Wir waren darauf angewiesen. Die Miete musste am Ende des Monats bezahlt werden. Dafür hatten wir alle zu sorgen", sagt Batuhan Koc. Das Geld war immer knapp - auch, weil Mutter Hava schon als junge Frau eine schwierige Entscheidung treffen musste.
Hava Koc spricht über die schwere Vergangenheit
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Beide Brüder treibt ein Gedanke an: Ihre Mutter soll entlastet werden. "Wir wollen dafür sorgen, dass sie nie wieder arbeiten muss", sagt Batuhan Koc. Mutter Hava kümmert sich auch heute noch um die Küche und ist die schützende und wachende Hand über den Gastrobetrieben. "Wir gönnen ihr den Luxus, dass sie machen darf, was sie will."
Ein einziger Urlaubstag
Batuhan Kocs Pensum ist hoch. Jeden Tag steht er um 7 Uhr auf, geht um 8 Uhr ins Restaurant und bleibt bis mindestens 21 Uhr. Sieben Tage die Woche. Sein Bruder erinnere ihn daran, genug Wasser zu trinken, seine Mutter daran, sieben Stunden pro Tag zu schlafen.
Ruhepausen gönnt er sich nicht. "Ich hatte dieses Jahr einen Tag Urlaub. Ich bin spontan in die Türkei geflogen und habe meine Freundin überrascht. Das war es aber auch für dieses Jahr", sagt Koc. Ein Problem habe er damit nicht. "Ich lebe meinen Urlaub hier." Wer mit ihm zusammen sein wolle, müsse das hohe Arbeitspensum akzeptieren.
Dieses Pensum ist überhaupt nur möglich, weil sich der 23-Jährige immer auf seinen Bruder verlassen kann - und umgekehrt. Sie seien "ein Mensch", sagen Batuhan und Berkcan Koc und lachen. Die Familie scherzt: Berkcan sei der Körper und Batuhan der Kopf. Zwischen ihnen ist ein untrennbares Band.
Als Berkcan Koc über seinen Bruder spricht, wird er emotional
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"Dann mache ich die Läden zu"
Die Geschichte der Familie Koc erinnert an den "American Dream": Mit harter Arbeit und einer Vision kann man alles schaffen. Heute beschäftigen die Kocs etwa 60 Mitarbeiter in zwei Restaurants und einem Café. Obwohl sie mittlerweile Millionenumsätze machen, bleiben sie auf dem Boden. Sie wissen, was es bedeutet, ums Überleben zu kämpfen.
Für die Zukunft hat die Familie noch einige Pläne. Doch in einer Sache bleibt Mutter Hava resolut. "Wenn ich sehen würde, dass meine Söhne irgendwann nur noch Diskos, Trinken und Feiern anbieten, dann würde ich alle drei Läden schließen", sagt sie. Batuhan und Berkcan Koc würden ihrer Mutter nicht widersprechen. Denn für sie ist die Familie das Wichtigste.
Über das Thema haben wir am 18.09.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.