2000 Euro Minus im Monat: Ein Clubbesitzer in Aachen gegen das "Pleiteschlamassel"

Städteregion Aachen | Heimatliebe

Stand: 13.07.2024, 08:21 Uhr

Udo Mays hat einen Club, mit dem er jeden Monat Verlust macht. Der Grund: Gestiegene Kosten für Energie, Personal und Getränke. Trotzdem will Udo Mays sein "Hotel Europa" in Aachen nicht aufgeben.

Von Michael Schroll

Montagvormittag im Club. Draußen regnet es, typisch Aachen. Im "Hotel Europa" ist es warm und trocken. Clubbesitzer Udo Mays unterhält sich mit einem Veranstalter am Tisch. Sie planen das kommende Wochenende, über ihnen prangt ein Porträt von Erich Honecker. Die Einrichtung erinnert an die 70er-Jahre, überall stehen Stoffsofas oder Kommoden aus Holz vor altbackenen Tapeten. Zur Tanzfläche im Keller führt ein langgezogener Gang an der Theke vorbei, direkt auf ein DJ-Pult zu. Laute Musik vermittelt Club-Ambiente. Die Tanzfläche ist leer.

Die Atmosphäre im "Hotel Europa" 00:23 Min. Verfügbar bis 13.07.2026

Seit Oktober 2010 führt Mays den Club in der Aachener Südstraße. Probleme habe es in der Zeit schon immer gegeben, aber so angespannt wie jetzt war die Situation noch nie, erzählt der 54-Jährige bei einer Cola. Seine Stimme stockt hin und wieder, auf seinem Kopf trägt er eine blaue Stoffmütze.

Das Problem: Weniger Gäste, höhere Kosten

Die Antwort nach dem Grund für sein "Pleiteschlamassel", wie er es in den sozialen Medien beschreibt, ist vielfältig. Die Gästezahlen hätten ein bisschen gebraucht, um wieder auf das Niveau von vor der Corona-Pandemie zu kommen. "Das ist ein bisschen wie beim Marathonlaufen", beschreibt er. "Wenn du mal zwei Jahre Pause hattest, springst du auch nicht in die Schuhe und läufst direkt einen Ultramarathon." Viele gingen nur noch alle zwei bis drei Monate feiern, statt wie früher mehrmals im Monat.

Nicht nur die Gäste haben unter der Pandemie gelitten. In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Kneipen, Bars und Diskotheken nach dem Corona-Ausbruch 2020 laut Statistischem Landesamt um mehr als ein Fünftel zurückgegangen. Auch die Minijobber in NRWs Kneipen- und Clubszene sind weniger geworden. Ihre Zahl sank um ein Drittel im Zeitraum von 2019 bis 2021. Für die, die geblieben sind, ist der Betrieb trotzdem alles andere als ein Selbstläufer.

Selbst wenn er Personal bekomme, seien die Kosten kaum zu refinanzieren. Bis zu 50 Prozent mehr für das Personal, 20 bis 30 Prozent für die Spirituosen, rechnet Mays vor. Ähnlich sei es bei Strom und Gas. Das Ergebnis: Selbst wenn der 54-Jährige seinen Club an einem Abend ausverkauft hat, erwirtschaftet er damit noch keinen Gewinn, sondern kann gerade mal die Kosten decken. Das führe zu einem Defizit von 2.000 Euro. Jeden Monat.

Die Tanzfläche im Clubkeller des "Hotel Europa" | Bildquelle: WDR

Die Lösung: Mehr Veranstaltungen, mehr Gäste, mehr Geld

Trotz der komplizierten Ausgangslage will Mays nicht aufgeben. In den sozialen Medien geht er offensiv mit seiner Situation um. Es gibt eine Spendenaktion auf der Homepage und seit Anfang des Jahres auch Soli-Konzerte. Musiker spenden ihre Gage dabei an das "Hotel Europa". Das reicht, um sich kurzfristig über Wasser zu halten. Außerdem sorgen die Konzerte dafür, die Situation der Aachener Clubbetreiber an die Öffentlichkeit zu tragen. Dadurch, hofft Mays, kämen auch wieder mehr Leute in die Clubs in ihrer Stadt. In der Südstraße, der Heimat des "Hotel Europa", gibt es auch unter Anwohnern großes Wohlwollen für den Club. Für Mays ein Antrieb, weiterzumachen.

Clubbesitzer Udo Mays erklärt, warum für ihn nur die "Flucht nach vorne" infrage kommt 00:49 Min. Verfügbar bis 13.07.2026

Das "Hotel Europa" soll in Zukunft auch öfter für private Feiern vermietet werden, um die Aachenerinnen und Aachener noch mehr zum Feiern zu bewegen. So sollen sie auch selbst dazu beitragen können, dass der Kult-Club in der Kaiserstadt erhalten bleibt.

Über dieses Thema haben wir am 14.03.2024 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19:30 Uhr.