Gefüllte Weinblätter, Börek mit Spinat und Feta und Zucchini mit Hackfleischsauße liegen auf dem Teller. "Das ergibt einen schön bunten Vorspeisenteller", sagt Ülkü Özdas zufrieden. Sie drapiert noch schnell japanische Dumplings darauf, bevor es an der Tür der 43-Jährigen klingelt. Sie erwartet heute besonderen Besuch. Mariotte Hillebrand kommt mit Freunden zu einem Fastenbrechen vorbei.

Ülkü Özdas erklärt, wo die verschiedenen Speisen ursprünglich herkommen. 00:35 Min.. Verfügbar bis 24.03.2027.
Ülkü Özdas und Mariotte Hillebrand könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein. Hillebrand ist katholische Ordensschwester, Özdas trägt Kopftuch und ist gläubige Muslimin. An diesem Abend gibt es einen Grund, der die beiden Frauen zusammenführt: die Fastenzeit.
Fastenzeit im Islam und Christentum: Wer fastet eigentlich was?
Am 28. Februar begann für Özdas und alle anderen Muslime der 30-tägige Fastenmonat Ramadan. Zehntausende Muslime in NRW fasten mit. Wie viele genau, lässt sich nicht beziffern. Denn in NRW gibt es laut Land nicht einmal ein amtliches Register, das die Zahl der Muslime insgesamt erfasst. Schätzungen von 2010 gehen von einem Anteil von etwa 7 bis 8 Prozent aus. Während des Ramadans verzichten Fastende von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen, Trinken und Rauchen.
Wenige Tage später begann am Aschermittwoch in diesem Jahr die 40-tägige Fastenzeit für die rund 9,5 Millionen Christen in NRW. Konkrete Regeln gibt es in den christlichen Kirchen aber nicht. Einige Christen verzichten bis Ostern zum Beispiel auf Alkohol, süße Lebensmittel, digitale Unterhaltung oder Fleisch.
An diesem Abend lernt Mariotte Hillebrand ein muslimisches Fastenbrechen näher kennen. Die Initiative Ramadan-NRW hatte die interessierte Ordensschwester mit Gastgeberin Ülkü Özdas zusammengebracht. An die Schärfe der türkischen Linsensuppe muss sie sich noch etwas gewöhnen. "Ich esse normalerweise eher milde Gerichte, aber die Suppe ist sehr lecker", sagt sie. Sie selbst nutze die Fastenzeit vor allem, um sich mit der eigenen Spiritualität auseinanderzusetzen: "Die christliche Fastenzeit bedeutet für mich eine Rückbesinnung auf mich selbst. Es geht darum, eine innere Freiheit zu finden. Ich schaue nach Abhängigkeiten oder Hindernissen in meinem Leben."
Gemeinsamkeiten statt Unterschiede
Özdas ist froh, nach zwölf Stunden fasten den ersten Bissen Nahrung zu sich nehmen zu können. Auf dem Tisch stehen viele prall gefüllte Schüsseln und Teller. "Das, was ihr hier seht, ist türkische Gastfreundschaft. Das ist Kultur. Wir übertreiben es gern mal ein bisschen", sagt sie mit einem breiten Lächeln ihren Gästen. Bei Börek und Weinblättern entdecken die beiden Frauen viele Gemeinsamkeiten in ihrem Glauben. "Das christliche Fasten unterscheidet sich vom muslimischen Fasten ja nur im Wie, und nicht im Warum und Wofür. Daher ist das christliche Fasten genauso gut und sinnvoll wie das muslimische Fasten. Ich mache da keinen Unterschied", sagt Özdas.
Ülkü Özdas freut sich über die gemeinsame Zeit. 00:22 Min.. Verfügbar bis 24.03.2027.
Hillebrand sieht das ähnlich: "Wir glauben letztendlich an den gleichen Gott, mit unterschiedlichen Ausprägungen. Aber ich glaube, Gott ist viel größer, als wir uns das vorstellen können." Trotz unterschiedlicher Religionen sind es der Glaube und die Gemeinsamkeiten, die an diesem Abend in Duisburg die Menschen miteinander verbinden. Und deshalb gibt es zum Nachtisch auch nicht nur Baklava, sondern auch Bienenstich. "Eben das Beste aus zwei Kulturen", sagt Özdas.
Über dieses Thema haben wir auch am 20.03.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.