Die Retterin der Rheinschaf-Wolle
Stand: 27.09.2024, 07:44 Uhr
Tonnenweise heimische Wolle wird um den ganzen Globus verschifft, um als Putzlappen oder Dämmwolle zu enden. Für Frieda Feld völlig unverständlich. Deshalb ist sie mit den Schäfern der Rheinschafe in Düsseldorf und Köln eine besondere Partnerschaft eingegangen.
Von Joscha Weidenfeld
Auf einem Klapptisch stapelt sich die Wolle. Dahinter sortiert Frieda Feld verfilzte und dreckige Stücke aus. Die Arbeit wird die 45-jährige Düsseldorferin den ganzen Tag beschäftigen. Dass sie hier regional geschorene Wolle sortiert, ist alles andere als alltäglich. Ohne Retterin Feld wäre diese Wolle längst auf dem Seeweg in Richtung Asien.
Frieda Feld sortiert die Wolle sorgfältig
00:14 Min.. Verfügbar bis 26.09.2026.
Die Wolle stammt von den Rheinschafen. In Düsseldorf und Köln werden sie zur Landschaftspflege und zum Hochwasserschutz eingesetzt. Sie halten das Gras kurz, treten die Grasnarbe fest und stabilisieren damit den Deich. Einmal im Jahr muss die Wolle der Tiere runter. Hunderte Kilo sind das. Für den Schäfer ist es ein Minusgeschäft. Er bezahlt für die Schur mehr, als er hinterher für die Wolle bekommt. Denn europäische Wolle will eigentlich niemand haben.
Die Rheinschafe in Düsseldorf
Zu grob, zu kratzig, nicht so weich wie Merino- oder Baumwolle. Tonnenweise landet sie für Cent-Beträge auf Auktionen in Asien. Daraus werden aber nicht etwa Kleidungsstücke, sondern zum Beispiel Dämmwolle oder Putzlappen. "Als ich gehört habe, dass die Wolle für solche Beträge nach Asien geht, war ich total schockiert und traurig. Das ist so ein tolles Material und das geht einfach weg. Mir war sofort klar: Dagegen muss ich etwas unternehmen", sagt Feld.
Die 45-Jährige hat den Schäfer vor einigen Jahren gefragt, ob sie ihm die Wolle für etwas mehr Geld abkaufen könne. Der habe sich über das Angebot gefreut, erzählt sie.
Warum Frieda Feld für regionale Wolle gerne mehr zahlt
00:18 Min.. Verfügbar bis 27.09.2026.
Seit drei Jahren bekommt sie nun schon die Wolle aus Düsseldorf. Im vergangenen Jahr hat Feld expandiert und bekommt auch die Wolle der Kölner Rheinschafe. Inzwischen ist daraus ein richtiges Geschäft geworden. In Felds Online-Shop kann man fertiges Garn der Rheinschaf-Wolle kaufen.
Bis es die Wolle vom Klapptisch in den Online-Shop schafft, muss einiges passieren: Zuerst muss die sortierte Wolle gewaschen werden. Das ist gar nicht so einfach. Denn Betriebe, die das können, gibt es kaum noch. Die Düsseldorfer und Kölner Rheinschaf-Wolle wird entweder in Österreich oder in Belgien in einer der letzten Wollwäschereien Europas gewaschen. Danach wird die Wolle gesponnen und bei Bedarf gefärbt.
Heimat zum Anziehen
Die "Rheinland-Wolle" erfreut sich wachsender Beliebtheit: "Ich habe mittlerweile Bestellungen aus ganz Europa, man könnte meinen, dass das nur ein lokales Ding wäre, aber dem ist nicht so", sagt die 45-Jährige. Sie ist inzwischen zu Hause und packt einige Wollknäuel für den Versand in einen Pappkarton. Vom Verkauf leben kann Feld nicht. Sie arbeitet Vollzeit für ein Telekommunikationsunternehmen. Bei der "Rettung" der Rheinschaf-Wolle gehe es ihr auch nicht um Gewinn. Es sei ein "Herzensprojekt".
- Zum Beitrag: "Von der Schafwolle zur Bettdecke"
Eine von Felds treuesten Kundinnen ist Marion Vorgang. Sie strickt schon seit ihrer Kindheit und ist von der Rheinschaf-Wolle begeistert. "Ich bin mit den Rheinschafen in Düsseldorf-Oberkassel aufgewachsen. Schon als Kind habe ich die Tiere gestreichelt. Wenn ich mir daraus einen Pullover stricke, ist das für mich wie Heimat zum Anziehen."
Marion Vorgang strickt Kleidung aus der Rheinschaf-Wolle
Seit zwei Jahren strickt Vorgang für ihre ganze Familie Socken, Pullover und Schals aus der Düsseldorfer Rheinschaf-Wolle. Dass die Wolle etwas gröber ist, stört sie überhaupt nicht. Vorgang sieht darin sogar einen Vorteil: "Die Wolle verhakt sich sehr schön. Daher kommen Muster besonders gut zur Geltung." Und Retterin Feld ist stolz darauf, dass durch ihre Arbeit die "Rheinland-Wolle" nicht auf internationalen Auktionen verschwindet, sondern daraus regionale, nachhaltige Kleidungsstücke entstehen können.
Über dieses Thema haben wir auch am 11.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.