Drachen bauen mit Leib und Seele: die Krügers aus Barntrup

Lippe | Heimatliebe

Stand: 13.10.2024, 08:19 Uhr

Die Nähmaschine rattert im gleichmäßigen Takt. Dirk Krüger sitzt am Esszimmertisch, führt den Stoff behutsam unter der Nadel hindurch. Er ist hoch konzentriert. Immerhin näht er gerade das Teil für einen neuen Drachen. Da muss alles passen, sonst fliegt er später nicht. Drachenbauen, das ist sein Hobby, seine große Leidenschaft.

Ungewöhnliche Leidenschaften gibt es viele in NRW. Manche sammeln alte DDR-Relikte, andere kleben sich ihre Wohnung voller Sticker oder bauen ein Filmauto nach. Bei Krüger sind es eben Drachen. Vor 30 Jahren hat der 57-Jährige aus Barntrup sich seinen ersten Drachen im Urlaub an der Nordsee gekauft. Die Kraft, mit der das Fluggerät an der Leine riss, um in die Wolken zu stürmen und die Bilder, die er damit in den Himmel zeichnen konnte, haben ihn damals sofort fasziniert. Kurze Zeit später baut er sich seinen ersten eigenen Lenkdrachen. Heute, schätzt er, gibt es etwa 50 Drachenbauer in ganz Deutschland.

Im Drachenfieber

Heute ist seine ganze Familie im Drachenfieber. In jeder freien Minute tüfteln die Krügers an neuen Drachen. Ihr Spezialgebiet sind "Einliner". Die können sie zwar nicht lenken, dafür bieten sie fast unbegrenzte Möglichkeiten in puncto Kreativität. Tom und Jerry, Lucky Luke, Käpt'n Blaubär, Pettersson und Findus - alle haben die Krügers schon zu Drachen gemacht.

Im Drachenzimmer, eine Etage unter dem Esszimmer, sind Tochter Eleane und Mutter Sonja Krüger gerade dabei, auf einem riesigen Tisch Schablonen auszuschneiden. Das ist ihr Spezialgebiet. Als Vorlage dienen ihnen oft die Stofftiere ihrer drei Töchter. Nur so sieht der Drache später genau aus wie das Original. Für die 18-jährige Tochter Eleane war das als Kind manchmal schwer zu ertragen. Ihre Eltern griffen deshalb häufig zu einem Trick.

Der Raum ist vollgestopft mit buntem Stoff, Bändern, Schnüren und allem, was die Krügers für ihre Drachen brauchen. An der Wand hängen unzählige Teilnehmerkarten von Drachenfesten. Urlaub ist für die Krügers immer auch Drachenurlaub. Sie reisen um die ganze Welt, besuchen Drachenfeste in ganz Europa und waren sogar schon in Japan. Demnächst geht es nach Borneo. Natürlich zu einem Drachenfest.

Jeder in der Familie hat sein Spezialgebiet

Der Kater Tom von "Tom und Jerry" ist die bislang größte Figur der Krügers. 24 Meter ist sie groß. 700 Quadratmeter Stoff und einige Monate Arbeit hat die Familie in den Drachen gesteckt. Ein Wahnsinnsprojekt, erinnert sich Sonja Krüger, für das sie zeitweise sogar eine Turnhalle brauchten. Solche Drachen sind kostspielig. Über 5000 Euro hat allein das Material für Tom gekostet. Aber das ist es den Krügers wert.

Die meisten Menschen kaufen ihre Drachen fertig im Internet. Für Dirk Krüger inzwischen unvorstellbar. "Alles beginnt mit einer Idee. Du fragst dich: kann das Teil wohl fliegen? Dann fängst du an, arbeitest den ganzen Winter an dem Projekt. Und wenn du im Frühjahr fertig bist, mit dem Drachen auf die Wiese gehst und er wirklich fliegt, das ist pures Glück."

Pures Glück. Das empfinden die Krügers jedes Mal, wenn sie ihre Drachen steigen lassen. Heute auf einer Wiese, nur ein paar Minuten von ihrem Zuhause entfernt. Sie wollen ihre Lieblingsfigur steigen lassen, Findus von "Pettersson und Findus".

Krüger schaut Findus zu, der gemächlich im Wind hin- und herschaukelt. In seinem Hinterkopf rumort es. Er denkt bereits über den nächsten Drachen nach, den er mit seiner Familie bauen wird. Im Herbst beginnt die Zeit des Drachenbauens. Welches Motiv es diesmal wird, das verraten die Krügers nicht. Großes Drachenbauergeheimnis.

Über dieses Thema haben wir auch am 17.09.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.