"Na, dann wollen wir mal", sagt Eckhard Strüber und grinst. Zum Tag der Deutschen Einheit hat er etwas Besonderes vorbereitet. Gleich wird er das Deutschlandbier einschenken. Schwarz, rot, gold - drei Biersorten vereint in einem Glas. Der Hobbybrauer stellt drei Flaschen auf einen Stehtisch. Alle ohne Etiketten, dafür aber mit farbigen Kronkorken. Schwarz für das dunkle Bockbier, rot für das Rotbier und gelb für das Schwalenberger Helle. Bock- und das Rotbier hat Strüber zuletzt vor 10 Jahren abgefüllt. Umso gespannter ist der 66-Jährige, ob sich das Deutschlandbier heute noch im Glas zeigen wird.
Seit 1661, lange bevor an die Deutsche Einheit überhaupt zu denken war, wird in Schieder-Schwalenberg Bier gebraut. 2023 wurde die handwerkliche Brautradition in Schwalenberg sogar in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Seit den ersten Tagen des Bierbrauens im Ort sollte es aber noch einige hundert Jahre dauern, bis es zu einer einzigartigen Patentanmeldung kommt. Nachdem sich 2005 aus einigen Hobby-Brauern die Schwalenberger Brauzunft bildet, schüttet sich Strüber 2009 das erste Deutschlandbier ein. Doch was hat es damit überhaupt auf sich?
Deutschlandbier: Anstoßen auf den Tag der Deutschen Einheit
"Ich bin gespannt, ob überhaupt noch Druck drauf ist oder ob es ausflockt", sagt Strüber über die ein Jahrzehnt alten Flaschen. "Jeder professionelle Braumeister würde sagen, ihr seid bekloppt." Dann wird es spannend. Das Helle zuerst. Es zischt. Ein gutes Zeichen. Jetzt rot und schwarz. Das Zischen ist fast nicht zu hören. Vorsichtig schüttet er erst das Rotbier, dann das Schwarzbier ins Glas. Das Rotbier trennt sich nicht mehr so sauber, wie noch vor zehn Jahren, aber gegen das Licht gehalten ist das Deutschlandbier noch immer gut zu erkennen. Erleichterung bei den Bierbrauern. Eckhard Strüber probiert und stellt fest: Es ist noch trink- und vor allem genießbar.
Die Geschichte des besonderen Biers aus dem lippischen Schieder-Schwalenberg begann vor 20 Jahren. Damals nahm Strüber mit zwei Freunden an einem Volkshochschulkurs teil. Übers Bierbrauen. Die drei wollten die alte Brau-Tradition ihrer Heimatstadt wiederbeleben.
Vom misslungenen Brauversuch zum patentierten Deutschlandbier
Das Trio grub alte Rezepte aus, gründete 2005 die Schwalenberger Brauzunft und legte los. Zum Start produzierten sie nur ihr Helles. Das wurde Eckhard Strüber zu langweilig. Er wollte auch ein dunkles Bockbier. Dabei verschloss er aber wohl ein Ventil am Gärtank nicht richtig. Das dunkle Bier hatte weder Kohlensäure noch Geschmack. Als sparsamer Lipper sträubte sich Strüber, die 300 Liter wegzukippen. Stattdessen zapfte er einfach Helles drauf, um es trinken zu können. Was dann passiert, überrascht ihn.
Jetzt brauchte Strüber nur noch rotes Bier. Der 66-Jährige experimentierte. "Eine echte Herausforderung", erinnert er sich. Denn das rote müsse sich beim Einschenken ja auf das helle Bier legen, das dunkle Bockbier noch darüber. Ohne dass sich alles vermischt. Es dauerte ein paar Versuche, bis er endlich die richtige Rezeptur gefunden hatte.
Ein Bier mit Seltenheitswert
Die Schwalenberger Brauzunft beantragte und bekam sogar ein Patent auf ihr Deutschlandbier. Die Rezepte sind seitdem ein gut gehütetes Geheimnis. Der Verein hat mittlerweile knapp 100 Mitglieder. Auch Externe können Bierbrau-Seminare buchen. Eine seltene Gelegenheit, das Schwalenberger Helle zu probieren. Das gibt es nicht im Laden zu kaufen. Es wird nur auf Festen ausgeschenkt. Das Deutschlandbier gibt es sogar noch seltener.
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Die Herstellung der drei unterschiedlichen Biere ist für die Hobby-Brauer schlicht zu kompliziert und zu aufwendig. Versuche, auch größere Brauereien in die Produktion mit einzubinden, waren bisher erfolglos. Wenn sie selbst einen Abnehmer finden könnten, würden sie vielleicht noch einmal die Produktion hochfahren. Allerdings müsste dann schon jemand rund 1000 Liter bestellen.
Über dieses Thema haben wir auch am 02.10.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.