Bier aus der Quelle: Über ein außergewöhnliches Haus in Paderborn

Paderborn | Heimatliebe

Stand: 29.09.2024, 07:54 Uhr

Wilhelm Krüggeler aus Paderborn wohnt in einem besonderen Haus. In seinem Keller entspringt eine Quelle der Pader. Die funktioniert er im Sommer gern um. Doch seinen Lieblingsplatz im Haus hat der Paderborner erst später entdeckt. 

Von Jonas Helm

Was Wilhelm Krüggeler hört, wenn er die steile Steintreppe in den Keller hinuntersteigt, würde andere Hausbesitzer wohl zutiefst beunruhigen. Immer lauter wird das Rauschen des Wassers. In einem kleinen Raum am Ende des Kellers hallt das kräftige Plätschern von den Wänden wieder. Durch ein Gitter in der Hauswand entspringt hier die Pader. Und mitten im Wasser steht ein voller Bierkasten. Jede einzelne Flasche umspült vom kühlen Quellwasser.

Die Pader, die auch den Namen der Stadt Paderborn mitgeprägt hat, ist der kürzeste Fluss Deutschlands. Nach gerade einmal 4,6 Kilometern mündet er in die Lippe. Der Fluss wird dabei nicht nur von der Quelle im Haus von Krüggeler gespeist. Sie ist nur eine von rund 200 Quellen, aus denen der Fluss laut Stadt Paderborn entspringt. Doch ihre Lage unterscheidet sie von allen anderen. In der Vergangenheit sicherte die Lage den Hausbewohnern mitunter sogar das Überleben.

Wilhelm Krüggeler erklärt, wie die Quelle einst das Überleben der Bewohner sichern konnte 00:22 Min. Verfügbar bis 29.09.2026

So einen ernsten Zweck muss die Quelle inzwischen nicht mehr erfüllen. Dafür profitieren Paderborner heute auf ganz andere Art und Weise von ihr. "Wenn wir in Paderborn Libori feiern, kommen immer viele Gäste vorbei. Vor dem Haus bauen wir dann ein kleines Buffet auf, im Keller gibt es kaltes Bier. Einen Kühlschrank brauchen wir dann nicht", erzählt Krüggeler. Das Libori ist ein neuntägiges Kirchen- und Volksfest in Paderborn, eines der größten und ältesten in ganz Deutschland.

Die Quelle im Keller wurde schon früher kreativ genutzt

Für seine Besucher ist die Quelle im Keller immer eine Attraktion "Da muss man sich schon ein bisschen sportlich bestätigen, wenn man ein Bier möchte. Aber die meisten machen das gern. Wo sonst kann man sein Bier schon direkt aus einer Quelle trinken?", sagt Krüggeler und lacht.

Der 76-jährige gebürtige Geseker wohnt seit mehr als 50 Jahren in Paderborn und seit 1993 in dem rosagetünchten Haus aus dem 19. Jahrhundert. Es steht mitten in der Paderborner Innenstadt, neben Dom und Kaiserpfalz.

Auch vorherige Bewohner des Hauses haben die Quelle genutzt. "Früher war das hier die Waschküche", erzählt Krüggeler und zeigt auf zwei alte Zinkwannen in dem Kellerraum, die nur noch als Dekoration dienen. Es ist nicht das Einzige, was der 76-Jährige über das Gebäude herausgefunden hat.

Über die lange Geschichte des Hauses 00:20 Min. Verfügbar bis 29.09.2026

Wie lange genau die Pader schon durch den Keller läuft, weiß aber auch Krüggeler nicht. "Ich konnte allerdings rekonstruieren, dass die Quelle auch schon vor 150 Jahren durch das Haus lief."

Das Haus an der Pader steckt voller Geschichten

Seinen Forscherdrang hat Krüggeler schon vor Jahrzehnten zum Beruf gemacht. Als Ahnenforscher rekonstruiert er Stammbäume oder ermittelt die rechtmäßigen Erben von Verstorbenen. In seiner Wohnung im zweiten Stock des Hauses stapeln sich die Bücher in mehreren Holzregalen bis zur Decke.

Krüggeler kann zu jedem Bild und jeder Holzfigur in seiner Wohnung eine Geschichte erzählen. Auf eine ist er besonders stolz. Er zeigt auf ein Ölgemälde, darauf eine Ansicht des Hauses aus den 40er-Jahren. "Das habe ich für damals 50 D-Mark auf dem Flohmarkt gekauft, das war Zufall. Das hat ein Malermeister aus Paderborn 1943 gemalt. Er hat wohl geahnt, dass das Haus den Krieg nicht überstehen wird." Kurze Zeit später bombardierten die Alliierten Paderborn, das Haus brannte völlig aus.

Lediglich ein Gemälde erinnert an das Gebäude vor seiner Zerstörung im zweiten Weltkrieg | Bildquelle: Jonas Helm / WDR

Als man das Haus nach dem Krieg wieder aufgebaut hat, fehlte in Krüggelers heutigem Wohnzimmer ein Fenster. Seine Vermieterin erfüllte ihm einen großen Wunsch und ließ eine bodentiefe, hölzerne Flügeltür in die Wand einbauen. Vom Blick aus dem Fenster auf Dom und Kaiserpfalz kann Krüggeler gar nicht genug bekommen. "Das ist mein absoluter Lieblingsplatz, weil man hier nur Geschichte sieht, wenn man aus dem Fenster schaut. Das ist für mich als jemanden, der Geschichte erforscht, wunderbar. Besser geht es ja nicht."

Über dieses Thema haben wir auch am 14.08.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.