Die verlassenen Dörfer: Neues Leben im Braunkohlegebiet
Landkreis Heinsberg | Heimatliebe
Stand: 28.11.2024, 13:12 Uhr
Beverath, Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich und Unterwestrich: Fünf Dörfer, die eigentlich für den Tagebau abgerissen werden sollten. Sie stehen noch, doch der Zusammenhalt ist zerrüttet. Wie ein Café die Dorfbewohner im Braunkohlegebiet versöhnen möchte.
Von Agata Pilarska (Text) und Thomas Wenkert (Multimedia)
Manfred Körber schleppt mit einem Helfer ein Sofa im Vintage-Stil über eine überdachte Terrasse und stellt es auf einen Teppich ab. Ein Couchtisch, Lampen und ein paar Regale stehen auch schon. Mit jedem Möbelstück wird aus dem zuvor kahlen Außenbereich des Schwalbenhofs ein Ort, der Gemütlichkeit und Wärme ausstrahlt. Der Schwalbenhof ist ein alter Bauernhof in Beverath. Hier findet nun das "Cafe Nr 5" seinen Platz.
Der Schwalbenhof: Hier soll ein neuer Treffpunkt entstehen
Mit dem Café soll neues Leben nach Beverath und die umliegenden Dörfer kommen. Lange hieß es, Beverath, Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich und Unterwestrich müssten den Braunkohlebaggern des Tagebaus Garzweiler II weichen. Ende 2022 beschloss RWE, die fünf Dörfer doch stehen zu lassen. Der Grund: Ab 2030 soll in NRW keine Braunkohle mehr für die Energieerzeugung abgebaggert werden. Das riesige Loch, das zuletzt das hart umkämpfte Lützerath verschlang, wird nicht noch größer. 68 Quadratkilometer waren für den Tagebau vorgesehen, nun sind es noch 48 Quadratkilometer. Die Erleichterung war damals groß, so wie bei Britta Kox.
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Ein Aufatmen, das für viele jedoch zu spät kam: Etwa 90 Prozent der Einwohner hatten ihre Heimat schon verlassen. Bereits 2016 wurde damit begonnen, die Beverather umzusiedeln - ins neue Beverath, fünf Kilometer entfernt. Sehr großzügig soll der Kaufpreis von RWE für die alten Häuser gewesen sein. Aber so manch alt eingesessenem Dorfbewohner dürfte es das Herz gebrochen haben, die Heimat verlassen zu müssen.
Frieden für die Region durch große Pläne
Viel Streit entfachte in den Gemeinden: Bleiben und kämpfen oder ein neues Leben anfangen? "Es ist und bleibt für die Menschen hier ein Thema. Ich glaube für die Region ist es wichtig, dass die Konflikte in irgendeiner Weise befriedet werden. Das ist ein großes Wort. Aber man kann sich ja bemühen", sagt Körber. Der 61-Jährige ist Leiter des Nell-Breuning-Hauses, einem Bildungs- und Tagungszentrum, das in den kommenden zwei Jahren Träger des Projekts "Cafe Nr 5" sein wird.
Die Zahl steht für die fünf Ortsteile in Erkelenz, die dem Tagebau weichen sollten. Noch steht Körber eher in einer Café-Baustelle. Eröffnet wurde Anfang November trotzdem. Das Programm soll im Januar starten. "Es werden unterschiedliche Formate angeboten, von Lesungen über kleine Konzerte bis hin zu Bildungsangeboten, die wir hier machen."
Manfred Körber über das Ziel des "Cafe Nr 5"
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Für die gesamte Region gibt es große Zukunftspläne: Geschäfte, touristische Angebote, ein Kindergarten und eine Schule sollen die Geisterdörfer wieder zu lebenswerten Orten machen. Wenn die Zeit der Braunkohle endgültig vorbei ist, soll aus dem gigantischen Baggerloch ein See werden. Die Verfüllung soll 2035 beginnen und wird nach Schätzungen Jahrzehnte dauern. Ähnlich langwierig wird wohl der gesamte Prozess. Doch Körber ist froh, dass der erste Schritt getan ist.
Über dieses Thema haben wir auch am 14.11.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.