Ein Dutzend Vereinsmitglieder zwischen 40 und Mitte 60 stehen am Rand des Essener Stadtgartens in einer Linie. Sie halten eine Eisenkugel locker unter der Handfläche. "Auf die Grüne?" - "Auf die Grüne." Eine Metallkugel fliegt neben die kleine grüne Kugel auf dem gekiesten Weg. Training des Boule Pétanque Clubs für die Offenen Meisterschaften.
Es knirscht und knallt: Einblick in das Training im Essener Stadtgarten
00:24 Min.. Verfügbar bis 12.08.2026.
Der Verein im Stadtgarten ist einer von laut Boule und Pétanque Verband rund 130 Vereinen in NRW, 33 davon im Ruhrgebiet. Der Sport und das Bundesland haben eine lange gemeinsame Geschichte. Im Mai 1963 gründet sich einer der ersten Boule-Vereine in Deutschland in Bonn, 1977 findet in Bad Godesberg auch die erste deutsche Meisterschaft statt. Den Verein im Stadtgarten gibt es damals noch gar nicht. Seit 1998 werfen die Mitglieder hier auf einem Weg am Park ihre Kugeln.
Jeden Tag auf dem Platz: Immer auf die Sau
Es ist bestes Boule-Wetter: trocken, sonnig, aber nicht heiß. "Wir spielen hier eigentlich jeden Tag", sagt Melanie Dyrla. Die 44-jährige Lehrerin ist Vorsitzende des Vereins. Sie selbst sei durch Ferien in Frankreich auf die Kugel gekommen. In einem grünen Container, umgeben von großen Kastanienbäumen, sind Kugeln, Holz-Brettchen fürs Punkte-Zählen, Klapp-Tische und -Stühle untergebracht.
Für Menschen, die nicht mit dem Sport vertraut sind, spielen sie Boule. Das ist aber streng genommen ein Oberbegriff für eine ganze Reihe von Kugelspielarten. Eigentlich heißt die Sportart Pétanque.
Taktik ist alles: Auf den Abstand zwischen "Schweinchen" und Kugel kommt es an
Unter den Kastanienbäumen legen der 2. Vorsitzende Marcel Hoffrogge und sein Spielpartner den roten Startkreis auf den Weg. Er markiert, von wo beide werfen dürfen. "Allez! Auf die Sau!" "Sau" oder "Schweinchen", so nennen sie die kleine grüne Kugel, der sie mit ihren Eisenkugeln möglichst nahekommen wollen. Beide trainieren für die Deutschen Meisterschaften.
Wer einmal Blut leckt, bleibt dabei
Beim Pétanque treten immer zwei Mannschaften gegeneinander an, aber es gibt unterschiedliche Spielmodi. Triplette, das drei gegen drei, Doublette, zwei gegen zwei und zuletzt noch Tête-à-tête, ein eins gegen eins. Wer zuerst 13 Punkte hat, gewinnt. In Deutschland und NRW gibt es ein umfangreiches Liga-System. Aber nicht jeder im Verein im Stadtgarten nimmt an den offiziellen Wettkämpfen teil. Viele spielen nur für sich oder bei vereinsinternen Meisterschaften.
Beim Boule geht es viel um Konzentration und Strategie. "Ich muss im Voraus überlegen, welche Punkte der Gegner durch seinen nächsten Wurf erzielen kann", so Hoffrogge. "Wenn ich nur noch eine Kugel habe, könnte ich die Gegnerische zum Beispiel wegschießen oder näher an die Sau legen." Der Sport hat ihn aber auch aus anderen Gründen überzeugt.
Was fasziniert Marcel Hoffrogge am Sport?
00:28 Min.. Verfügbar bis 12.08.2026.
Hoffrogge ist wie viele hier vom Fußball zum Boule-Spiel gekommen. Und das sehr früh. "Ich war 13 Jahre, als ich auf dem Nachhauseweg auf einer Wiese immer eine Gruppe Spieler traf. Bald habe ich jeden Tag mitgespielt", erzählt der 48-jährige Schul-Hausmeister. Er sagt: Wer einmal vom Boule-Spiel angesteckt ist, gibt dem Kicken nur noch selten eine Chance.
Über dieses Thema haben wir auch am 18.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.