Zwischen Kriegsgebiet und Willich: Sarah hilft mit Fotos Menschen in Not

Viersen | Füreinander

Stand: 11.01.2025, 09:02 Uhr

Sarah Easter reist dahin, wo keiner mehr hinschaut. Vergessene Krisen sichtbar machen, ist der Job der 34-Jährigen. Sudan, Somalia oder Tschad sind Kriegsgebiete, aus denen sie für eine Hilfsorganisation berichtet. Wie schaltet man da ab? Warum für sie das Elternhaus in Willich dabei eine wichtige Rolle spielt.

Von Daniela Partenzi

Sarah Easter steht mit ihrer Kamera mitten in einem Camp für Geflüchtete in Mosambik. Lange haben sie und das Team daran gearbeitet, den Menschen in dem südostafrikanischen Land einen sicheren Platz bieten zu können. Wer dort lebt, hat seit Jahren versuchen, nicht aufzufallen. Still zu sein, sich zu verstecken. Doch plötzlich fangen die Frauen, Männer und Kindern in ihren bunten Gewändern an, zu singen und zu tanzen. Easter hält alles mit der Kamera fest. Das ist schließlich ihr Job.

Das ist inzwischen einige Monate her. Doch wenn sie sich heute die Aufnahmen davon im Wohnzimmer ihrer Eltern in Willich anschaut, bekommt sie noch immer Gänsehaut. "Das war so ergreifend."

Sarah Easter macht Aufnahmen wie diese für die Hilfsorganisation Care. Sie fährt hin, spricht mit den Menschen, packt an und berichtet. Dafür reist sie um die ganze Welt. 2024 hat die Organisation weltweit etwa 52 Millionen Menschen in 121 Ländern unterstützt. "Wir evakuieren, reparieren, bauen auf", erklärt sie.

Sarah Easter war mit der Hilfsorganisation schon überall auf der Welt 00:23 Min. Verfügbar bis 11.01.2027

Easter, studierte Politikwissenschaftlerin, ist immer mal für ein bis zwei Wochen dabei. Zuvor hat sie hat in der Kommunikation gearbeitet, war ein Jahr lang im Bundestag für einen Abgeordneten tätig. Bis sie auf die Stellenanzeige von Care stieß.

Warum es für Sarah Easter immer mehr zu tun gibt

Die 34-Jährige ist keine Influencer-Selbstdarstellerin, überhaupt nicht Typ rasende Reporterin. Gerade sitzt sie im elterlichen Wohnzimmer, schmale Jeans, Pulli, Pferdeschwanz, die Füße hochgezogen und in eine knallbunte Häkeldecke gewickelt. "Das sind alles Fahnen aus Ländern, in denen ich mal war", erklärt sie ruhig. Ihre Mutter fertigt jedes Mal ein neues Stück an und verlängert die Decke. 60 Fahnen sind es schon. "Die Decke wächst noch", sagt Easter und nickt nachdenklich. Sie wirkt besonnen, antwortet überlegt. Wer in Kriegsgebieten arbeitet, überlegt besser zweimal, was er als Nächstes sagt.

Immer wenn Sarah Easter ein neues Land bereist, wächst ihre Decke ein Stückchen mehr | Bildquelle: WDR / Daniela Partenzi

Kriege und Konflikte, davon gibt es immer mehr. Auch wenn das in Europa lange leicht zu verdrängen war. 2023 gab es laut Friedensgutachten 2024 mehr Gewaltkonflikte als je zuvor. Die Hälfte von ihnen spielt sich in Afrika ab. In den Medien wird aber vor allem über die Kriege im Nahen Osten so wie in der Ukraine berichtet. Letzterer ist auch das Ziel von Easters nächster Reise.

Sarah Easter ist sehr bewusst, wie privilegiert sie lebt und aufgewachsen ist 00:15 Min. Verfügbar bis 11.01.2027

Sie wird für fünf Tage nah an die Front fahren. "Da gibt es Menschen, die nicht flüchten können, die zurückgelassen werden." Menschen, die bei Minustemperaturen in defekten Aufzugschächten ausharren, während Bomben fallen. Menschen, die rennen müssen, um von A nach B zu kommen und ein Brot zu ergattern.

Wo Frauen ihre Familie mit Knüppeln bewachen

Daran denkt Easter aber noch nicht, während sie mit ihrem Vater Bilder aus einem Hilfscamp im Tschad auf dem Laptop anschauen. Dort leben fast nur noch Frauen. "Sie läuft jeden Tag stundenlang, um Wasser für sich und ihre Kinder zu holen", sagt Easter und zeigt auf eine Frau. Die Kinder zu schicken, sei ihr zu gefährlich. In der Nacht wache die Frau mit einem Knüppel in der Hand über sie. Zu Essen gäbe es einen Brei aus Mehl und Wasser. "Einmal am Tag, manchmal auch nur alle zwei Tage." Wie sie so viel Not wegsteckt?

Wenn Sarah Easter in der Heimat ist, zeigt sie ihrem Vater Steven Easter Eindrücke von ihren Reisen | Bildquelle: WDR / Daniela Partenzi

Für ihren Job bekommt sie psychologische Unterstützung, wenn sie braucht. Guttun ihr auch die Gespräche mit ihren Eltern. Ihr Vater war selbst Soldat, hat Einsätze in Bosnien und im Kosovo erlebt. Er weiß, was seine Tochter in den Kriegsgebieten erwartet. Und er weiß, dass sie Sicherheitspersonal und Sicherheitstrainings bekommt. "Ja, ich bin besorgt, klar. Aber ich bin auch stolz", sagt Steven Easter.

Außerdem zieht die 34-Jährige Kraft aus dem, was sie durch ihre Arbeit erreicht. Ihre Berichte helfen, Spenden zu sammeln für vergessenen Regionen in Afrika, in Afghanistan, in Jordanien. Manchmal erlebt sie in all dem Leid auch positiv Momente. Wie die singenden Geflüchteten in Mosambik.

Willich - besser als jedes Spa

Besonders gut entspannen kann sie bei den Besuchen ihrer Eltern in Willich. Besser als in jedem Spa. "Diese Ruhe. Und Mama kocht." Easter strahlt. Außerdem ist da noch das Pferd. Haflinger-Stute Mona wartet im Stall. "Reiten", sagt Easter, "ist das allerbeste für mich, um abzuschalten."

Dann sattelt die junge Frau auf, streichelt die Stute am Hals und reitet durch das große Hoftor raus in die weiten Felder. Kein Handy, keine Musik. Nur sie, das Pferd und die Natur.

Über dieses Thema haben wir auch am 13.12.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.