Klaus-Dieter Kaufmann im Unterricht. Er trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "cool bleiben".

Er blieb viermal sitzen, heute unterrichtet er Schulabbrecher

Rheinisch-Bergischer Kreis | Füreinander

Stand: 28.10.2024, 14:36 Uhr

Klaus-Dieter Kaufmann ist Lehrer für schwierige Fälle. Wie er den Unterricht meistert und was seine eigene Geschichte damit zu tun hat.

Von Yunus Gündüz (Text) und Gerlinde Spratte (Multimedia)

"Wat is' mit dir. Hast du fettige Hände oder was?", fragt Klaus-Dieter Kaufmann und kann sich das Lachen nicht verkneifen. "Kann sein", antwortet der Schüler und fängt ebenfalls an zu lachen. Währenddessen scheitert er weiter daran, die falsche Antwort vom Touchscreen des Whiteboards zu löschen. Mittlerweile amüsiert sich das ganze Klassenzimmer - Kaufmann und sein Schüler am meisten. Die Atmosphäre im Unterricht ist lockerer als in anderen Schulen. Und Klaus-Dieter Kaufmann ist alles andere als ein Lehrer von der Stange.

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Schulabbrecher in NRW sind keine Einzelfälle

Der 71-Jährige ist als Schüler selbst viermal sitzengeblieben, später auch vom Gymnasium geflogen. Schwierige Verhältnisse zu Hause führten immer wieder zu Panikattacken im Schulalltag. Kaufmann verlässt die Schule damals ohne Abschluss. So geht es auch heute noch tausenden Schülerinnen und Schülern jedes Jahr. 2021 lag die Zahl der Schülerinnen und Schüler in NRW ohne Hauptschulabschluss laut Bertelsmann Stiftung bei 5,9 Prozent.

Mit 29 holt Kaufmann sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach. Mit Ende 30 beendet er sein Lehramtsstudium. Heute unterrichtet er an der Volkshochschule Wermelskirchen Deutsch und Mathematik für Schulabbrecher. Der 71-jährige Lehrer war früher einer von ihnen. Deswegen weiß er, wie es ihnen geht. Misserfolg und Druck in der Schule kennt er noch aus seiner eigenen Schulzeit. "Ich glaube schon, dass ich mehr Verständnis für sie habe."

Augenhöhe und Verständnis als Erfolgsfaktoren

Mit seiner Geschichte will er für die jungen Menschen in seiner Klasse Vorbild sein. "Ich sage ihnen, was sie machen müssen, um rauszukommen und ich geb ihnen eine Orientierung." Das sei das Wichtigste, so Kaufmann. Seine lockere Art kommt bei den Schülern gut an. "Bei Herrn Kaufmann kann man einfach so sein, wie man will. Er versteht auch unseren Humor, wir verstehen seinen Humor", sagt Schüler Mert.

Die Schüler in seiner Klasse gehören zu den rund 5.000 Menschen, die laut Jahresbericht der Volkshochschulen in NRW an Kursen teilnehmen, um ihren Haupt- oder Realschulabschluss nachzuholen.

Damit das gelingt, begegnet Kaufmann ihnen auf Augenhöhe. Das Grundgerüst des Unterrichts ist ihm wichtiger als Pünktlichkeit: "Deshalb ist mir auch scheißegal, ob sie zum Beispiel 15 Minuten zu spät kommen." Manchmal gehen auch einige früher, abmelden muss sich niemand. Aber alle kommen wieder, denn den Unterricht bei Herrn Kaufmann, den haben sie zu schätzen gelernt.

Über dieses Thema haben wir auch am 13.09.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.