Heikos emotionalste Reise: 8000 Kilometer für seine verstorbene Tochter

Unna | Ehrenamt

Stand: 13.09.2024, 07:48 Uhr

Was tun, wenn das eigene Kind mit 22 Jahren an Krebs stirbt? Heiko Kautz aus Bergkamen ist für seine Tochter Lena mit dem Fahrrad quer durch Europa gefahren. Seine bislang emotionalste Reise. Ein Protokoll.

Von Katharina Hollstein

Seit Ende letzten Jahres ist alles anders. Kurz vor Weihnachten ist meine Tochter Lena an Krebs gestorben. Sie war gerade mal 22 Jahre alt, hatte eigentlich ihr ganzes Leben noch vor sich. Sie hatte so viele Pläne, wollte die Welt entdecken. Nach Lenas Tod hat ihre Mutter zwischen ihren Sachen eine Liste mit Orten gefunden, die Lena noch besuchen wollte. Prag, Wien, Mailand und Madrid standen zum Beispiel drauf.

Mit ihren eigenen Augen kann Lena die Orte nicht mehr sehen. Doch ich kann ihr sie durch meine Augen zeigen, dachte ich mir. Kurzentschlossen machte ich mich am 1. April auf den Weg. Ich setzte mich aufs Fahrrad und fuhr einfach los. Vier Monate lang bin ich unterwegs gewesen. 8000 Kilometer quer durch Europa. Immer mit dabei ein Trikot mit der Zahl 22, der Lieblingszahl meiner Tochter.

Diese Reise hat mich an meine Grenzen gebracht, sowohl physisch als auch emotional. Die Trauer ist nicht weniger geworden, doch ich habe mich meiner Tochter sehr nahe gefühlt. Es waren gerade die Kleinigkeiten, die mich auf der Reise in schweren Momenten zum Lachen gebracht haben. Zum Beispiel ein Schmetterling, der neben mir herflog oder die Zahl 22, die ich irgendwo durch Zufall am Wegesrand gesehen habe.

Lena ist an einer seltenen Krebsform gestorben, dem Sarkom. Vor ihrem Tod setzte sie sich für andere Betroffene und im Kampf gegen Sarkome ein. Ich möchte ihre Arbeit weiterführen und habe auf meiner Tour Spenden für die Deutsche Sarkom-Stiftung gesammelt. Es macht mich stolz, dass durch meine Reise gerade viel über die Krankheit gesprochen wird.

Was sind Sarkome?

Sarkome machen laut Deutscher Sarkom-Stiftung nur etwa ein Prozent der Krebserkrankungen bei Erwachsenen aus. Die bösartigen Tumore treten entweder in den Knochen oder im Weichgeweben auf. Weil Sarkome so selten, aber vielfältig sind, sind Diagnose und Therapie schwierig. Geforscht werde dazu vergleichsweise wenig.

Madrid war die letzte Station auf meiner "Lenas Points of View"-Reise. Über Lissabon und Porto bin ich zurück nach Hause gefahren. Ich habe auf dieser Tour viel gelernt. Über mich selbst, über meine Trauer, über das Leben. Es kann so schnell vorbei sein. Ich bin froh, dass ich die Reise gemacht habe. Und es soll nicht die letzte gewesen sein.

Für seine verstorbene Tochter ist Heiko Kautz durch Europa gefahren | Bildquelle: Heiko Kautz

Auf Lenas Liste stand unter anderem noch Südostasien. Eigentlich wollten wir diese Reise zusammen machen, die Flüge für uns beide waren schon gebucht. Nun werde ich die geplante Reise nachholen und zu den Stellen fahren, die Lena unbedingt sehen wollte.

Über dieses Thema haben wir am 07.08.2024 auch in der ARD berichtet: Echtes Leben - Die Bucket List meiner verstorbenen Tochter, 23.35 Uhr.