
Kerzen für die Ukraine: Wie Ehrenamtliche aus Solingen Hoffnung schenken
Stand: 17.02.2025, 12:56 Uhr
Was passiert eigentlich mit abgebrannten Kerzen? Häufig landen die Kerzenreste wohl im Müll oder verstauben in einem Karton - dabei werden sie an anderer Stelle dringend gebraucht. In Solingen sammeln Ehrenamtliche kistenweise alte Kerzen. Einblick in eine besondere Hilfsaktion für die Ukraine.
Von Christian Licht
Auf einem schmalen Weg geht Jörg Rennert zur Tür des Gemeindehauses. Mehrmals in der Woche schaut der 63-Jährige in die großen Bananenkartons, die er vor der Lutherkirche in Solingen aufgestellt hat. Hier können rund um die Uhr abgebrannte Kerzen hingebracht werden. Auch heute ist die Kiste wieder gut gefüllt.
Hilfe für die Ukraine: Licht und Wärme schenken
Rennert und die anderen Ehrenamtlichen der Kirchengemeinde sammeln die Kerzenreste aus einem ganz bestimmten Grund: Sie wollen den Menschen in der Ukraine "Licht und Wärme" schenken. Die Menschen in der Ukraine erleben gerade ihren dritten Kriegswinter. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs ist die Stromversorgung immer wieder unterbrochen. 80 Prozent der Wärmekraftwerke und mehr als ein Drittel der Wasserkraftwerke sind nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zerstört. Viele Wohnungen sind aufgrund der Kälte nicht mehr bewohnbar.
"Man muss sich vorstellen, dass die Ukraine ins Mittelalter zurückversetzt worden ist. Dort gibt es in manchen Gebieten nur ein paar Stunden Strom am Tag. Da sind andere Energiequellen dringend nötig", sagt Ralf Link. Er ist Leiter des Projekts "Dovira", das bundesweit für die Ukraine sammelt. Schon seit mehreren Monaten hat sich die Gemeinde der Solinger Lutherkirche der Initiative angeschlossen. Seitdem wurden bereits 64 Kartons mit Kerzenresten gefüllt.
Aus Wachs entstehen Dosenkerzen
Jörg Rennert hat die Kerzen aus den Kisten vor dem Gemeindehaus und die, die in der Kirche stehen, inzwischen eingesammelt. Mit einem prüfenden Blick sortiert er die abgegebenen Kerzenreste. Plastik und Glas entfernt der 63-Jährige. Im nächsten Schritt holt Ralf Link die Spenden mit Pkw und Hänger persönlich ab. Mit seinem Gespann ist er fast täglich unterwegs.

Ralf Link fährt quer durch Deutschland, um Kerzenreste zu sammeln
Von Deutschland aus werden die gepackten Kartons mit anderen Hilfsgutlieferungen in die Ukraine gebracht. Dort wird das Wachs in etwa 250 kleinen Produktionsstellen, zumeist privaten Outdoor-Küchen, eingeschmolzen und zu Dosenkerzen verarbeitet. Ingesamt hat "Dovira" schon mehr als 140 Tonnen Wachs in das Kriegsgebiet geliefert.
Jörg Rennert erklärt, wie die gesammelten Kerzenreste weiterverarbeitet werden
00:23 Min.. Verfügbar bis 17.02.2027.
Nach den Weihnachtsfeiertagen war die Ausbeute besonders groß. Reinhard Bendt betritt durch die große Pforte die Kirche und steuert zielstrebig auf die Bananenkiste zu. Der Solinger unterstützt seit längerem die Aktion. "Ich habe zuhause nach Weihnachten alle Kerzenreste rausgesucht und hierher gebracht. Das mache ich mehrmals pro Jahr. Da ist schon eine Menge zustande gekommen. Heute habe ich eine Tüte voll. Manchmal ist es aber auch etwas weniger", sagt Bendt.
Kerzen zum Kochen und Wärmen
Die Produktionsstellen in der Ukraine freuen sich über den ständigen Nachschub. Die Dosenlichter werden nicht nur im Winter gebraucht, sie werden das ganze Jahr über zum Kochen oder bei Stromausfällen eingesetzt. "Man kann darauf Essen zubereiten, das ist das allerwichtigste. Wenn die Menschen frieren und keinen Strom haben, dann müssen sie ja irgendwann am Tag mal etwas Warmes kochen. Das können sie mit Hilfe der Büchsenkerzen machen. Das Wachs, das wir liefern, ist quasi ein Rohstoff", so Link. Die Lichter brennen bis zu zwölf Stunden am Stück. Eine Familie kommt also mehrere Tage lang mit einer Kerze aus.
Über dieses Thema haben wir auch am 21.01.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.