Ein Strömungsretter schwimmt mit Schutzkleidung in einem Fluss

"Selbstverständlich ist das nicht": Wenn Job und Ehrenamt Hand in Hand gehen

Wuppertal | Füreinander

Stand: 25.04.2024, 10:42 Uhr

Hochwasser, Brände, Menschen in Not - wenn Gefahr droht, sind die Ehrenamtlichen von THW, freiwilliger Feuerwehr und Co. zur Stelle. Ehrenamtlich, das heißt neben dem Beruf. Da muss vor allem der Chef mitspielen. Dabei ist es rechtlich eigentlich geklärt.

Von Gerlinde Spratte

"Kleinkind in Wupper" - auf dem kleinen schwarzen Piepser in André Köthers Hand stehen nur wenige Worte. Doch Köther rennt los. Sekundenbruchteile zuvor hallte der schrille Alarmton seines Piepers durch den Büroraum, beide Handys vor ihm leuchteten auf. "Ich bin weg, im Einsatz", ruft er einer Kollegin noch zu. Dann fällt die Tür hinter ihm zu. Köther ist Strömungsretter und Leiter Einsatz bei der DLRG Wuppertal. Jede Sekunde kann über Leben und Tod entscheiden. Aus dem Büroangestellten einer Firma für Elektrowerkzeuge in Remscheid wird plötzlich ein potenzieller Lebensretter.

Köther ist einer von mehr als 150.000 Menschen, die in NRW Mitglied in einem der beiden Landesverbände der DLRG sind. Als Strömungsretter ist der 49-Jährige vor allem auf den Einsatz in stark strömenden Gewässern ausgebildet.

Weil der Notruf ihn immer und überall erreichen kann, hat er die rote DLRG-Kleidung immer im Auto. "Die Anfahrt mit dem privaten PKW ist das Stressigste", sagt Köther. Was ihn erwartet und wie lange der Einsatz geht? Das weiß er im Vorfeld nie. Ein Kind finden sie bei ihrem Einsatz an der Wupper diesmal auch nach intensiver Suche nicht. Falscher Alarm.

Wie lange dauert so ein Einsatz?

00:21 Min. Verfügbar bis 25.04.2026

Nach dem Einsatz fährt Köther zurück zur Firma nach Remscheid, etwa 25 Minuten durch die kurvigen Straßen im Bergischen Land. Zwölf bis 15 Mal im Jahr rückt Köther aus. Für seinen Arbeitgeber ist das kein Problem. Sein Chef unterstützt ihn sogar bei seinem Ehrenamt. Köther weiß: "Selbstverständlich ist das nicht". In seiner Funktion als Leiter Einsatz der DLRG habe er mit anderen Arbeitgebern auch diskutieren müssen. Manche Ehrenamtler würden sich sogar um ihren Arbeitsplatz sorgen. Dabei ist die Lage gesetzlich eigentlich eindeutig.

Muss der Chef mich für das Ehrenamt freistellen?

Für Einsätze muss der Arbeitgeber Ehrenamtliche von der Freiwilligen Feuerwehr, dem THW oder anderen anerkannten Hilfsorganisationen freistellen. Geregelt wird das im BHKG, dem Gesetz über Brandschutz, Hilfeleistung und Katastrophenschutz des Landes NRW.

Einen Rettungswagen der DLRG

André Köther ist ehrenamtlicher Strömungsretter beim DLRG Wuppertal

Jens-Ole Paas findet diese Regelung richtig. Er ist Köthers Chef und Geschäftsführer bei Haupa. "Wenn mein Mitarbeiter auszieht und Leben rettet", mache ihn das stolz. Auch von den anderen Mitarbeitern gebe es viel Verständnis, wie Paas im Video erzählt.

Jens-Ole Paas: "Alle wissen ja, warum er unterwegs ist"

00:22 Min. Verfügbar bis 25.04.2026

Köthers Engagement habe auch Vorteile für das Unternehmen. Weil er durch sein Ehrenamt besonderes Wissen und Fertigkeiten mitbringt, kümmert sich Köther in der Firma um Arbeitssicherheit, gibt Erste-Hilfe-Schulungen oder kann bei Unfällen und Verletzungen sofort helfen.

Warum ein verständnisvoller Arbeitgeber nicht alle Probleme löst

Viele Arbeitgeber würden wie Paas die Ehrenamtler unterstützen, erklärt Matthias Dietrich. Er ist Referatsleiter bei der freiwilligen Feuerwehr Wuppertal und selbst im Stadtteil Ronsdorf aktiv. Trotzdem werde es immer schwieriger, Mitarbeiter für den ehrenamtlichen Einsatz vom Arbeitsplatz loszueisen.

Denn auch bei verständnisvollen Arbeitgeber kann es zu Engpässen bei Einsätzen kommen. Schließlich könne ein Busfahrer im Dienst nicht an den Straßenrand fahren und den Bus abstellen oder eine OP-Schwester den Tupfer wegschmeißen.

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Die Freiwillige Feuerwehr Wuppertal hat sich deswegen ein besonderes System ausgedacht. Es soll sicherstellen, dass immer genügend Ehrenamtliche zum Einsatz kommen können. Mitglieder, die weiter weg von ihrem Wohnort arbeiten, haben inzwischen eine Doppelmitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr. Einmal an ihrem Arbeitsplatz und einmal an ihrem Wohnort. So bekommen sie in beiden Fällen mit, wenn Hilfe gebraucht wird. Außerdem gibt es noch eine weitere Maßnahme: In den vergangenen Jahren hat sich die Freiwillige Feuerwehr bemüht, mehr Helfer und Helferinnen zu gewinnen, "um einfach jederzeit rund um die Uhr schlagkräftig zu sein", wie Dietrich erklärt.

Über dieses Thema haben wir auch am 14.03.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.