Mehr als Deko: Die bewegende Geschichte einer handgefertigten Weihnachtskrippe
Landkreis Heinsberg | Ehrenamt
Stand: 29.11.2023, 10:23 Uhr
Sie pinseln, singen und lachen: Bewohner einer Pflegeeinrichtung im Kreis Heinsberg arbeiten unter ehrenamtlicher Anleitung eines Krippenbaumeisters an einem besonderen Projekt. Die Arbeit an der Krippe verbindet dabei nicht nur Farbe und Holz, sondern auch die Herzen der Senioren.
Von Thomas Wenkert
Marianne presst ihre Zunge zwischen den Lippen. Konzentriert beugt sie sich mit ihrem Pinsel über den Tisch. Die 81-Jährige trägt einen weißen Maleranzug. Vorsichtig trägt sie die braune Farbe auf ein Stück Holz auf. Später soll daraus einmal der Stall der Krippe werden. "Hier wird etwas Tolles entstehen. Das tut mir gut", sagt sie mit zufriedenem Blick. Bei diesem Projekt in der Tagespflege "Lebensfreude" in Hückelhoven-Baal geht es um mehr als eine Weihnachtskrippe.
Was mag Marianne am Krippenbauen?
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Jeden Dienstag baut die Gruppe aus bis zu zehn Senioren gemeinsam mit einem Krippenbaumeister an ihrem Herzensprojekt. Schön soll es werden. Aber es geht um mehr als Dekoration. Die Teilnehmer werden nach individuellen Fähigkeiten gefordert, erleben gemeinschaftlich Erfolge und trainieren beim Schleifen oder Pinseln ihre Feinmotorik. Sie lachen gemeinsam, singen alte Lieder. Gerade bei Demenzerkrankten ist die regelmäßige Aktivität wichtig. Sie kann einen positiven Einfluss auf die Gedächtnisleistung haben.
Während die einen pinseln, wird in einem anderen Raum die Krippe dekoriert. Ein Bewohner greift mit seinen Händen in einen blauen Müllsack mit Moos und verteilt es auf einer Holzfläche. Darauf stellt er die Figuren auf: Die Heiligen Drei Könige, Jesus, Maria und Josef und natürlich die Schafe und alle anderen Tiere, die zu einer richtigen Krippe gehören.
Erinnerungen und Lieder
Alles unter Anleitung von Krippenbaumeister Hans-Peter Kempen, der die Gruppe ehrenamtlich betreut. Seit 50 Jahren baut er Krippen. Bisher hat er nur Kurse für Erwachsene und Kinder angeboten. Dann kam ihm die Idee, eine Krippe in einer Pflegeeinrichtung zu bauen. "Durch den Krippenbau bekommen wir viel zurück von den Teilnehmern", sagt der 63-Jährige.
Warum Krippenbaumeister Hans-Peter Kempen das Projekt so am Herzen liegt
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Mittlerweile sind die Figuren aufgestellt. Knapp drei Stunden haben die Teilnehmer und Krippenbaumeister Kempen heute zusammen gearbeitet. Drei Stunden, in denen sie über Kindheitserinnerungen gesprochen und von früheren Weihnachtsfesten erzählt haben. In denen die Stimmung gelöst war, sie sich in den Armen lagen. In denen Weihnachtslieder gesungen wurden und zwischendurch auch Viva Colonia. Marianne kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. "So groß, so schön. Ich bin ganz selig", sagt die 81-Jährige und ergänzt: "Wir Menschen sind manchmal so schlimm. Dann kommen wir hier hin und erleben so tolle Sachen."
"Sie sind einfach nur glücklich"
Nicht nur für Bewohner ist das ehrenamtliche Engagement von Krippenbauer Kempen eine Bereicherung. Auch Christian Nerlich, Geschäftsführer der Pflegeeinrichtung, ist von dem Projekt begeistert: "Das ist einfach nur toll. Die Senioren haben großen Spaß und werden nebenbei auch noch gefordert. Das ist wichtig, auch für ihre Motorik." Zwar werde in der Tagesklinik viel mit älteren Menschen gespielt, gesungen oder auch geredet, aber der Bau einer eigenen Krippe sei schon etwas ganz Besonderes. Das sehe man auch daran, wie viele an der Arbeitsgruppe teilnehmen.
Christian Nerlich, Geschäftsführer der Pflegeeinrichtung "Lebensfreude"
Schon bald wird die Krippe fertig sein. Am 2. Dezember soll sie offiziell eingeweiht werden. An diesem Tag findet ein nostalgischer Weihnachtsmarkt in dem Pflegezentrum in Hückelhoven-Baal statt. Geschäftsführer Nerlich hofft auf viele Besucher. Und er hofft, dass das Projekt Nachahmer findet. Selten habe er die Senioren so eifrig und voller Energie erlebt: "Sie sind einfach nur glücklich".
Über dieses Thema haben wir auch am 15.11.2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.
