Hilfe bei ALS - Drei Engel für Eva

Münster | Ehrenamt

Stand: 26.09.2023, 13:32 Uhr

Auf den ersten Blick sieht alles aus wie ein Nachmittag bei ganz normalen Freunden. Die Sonne scheint durchs Küchenfenster, am hellen Holztisch sitzen fünf Menschen, es gibt Schokokuchen und Kaffee. Doch die Gastgeberin Eva Meer, am Kopfende des Tisches, sitzt im Rollstuhl. Ihr Kopf wird von einer Stütze gehalten. Ihre Stimme kommt aus einem Sprachcomputer. Neben ihr sitzt ihr Mann Detlef Meer, braungraue Haare, eine dunkle Brille. Vor drei Jahren erhielt die 55-Jährige die Diagnose ALS, eine schwere Nervenkrankheit. Seitdem ist im Leben des Ehepaares nichts mehr, wie es war.

"Für mich sind diese Nachmittage mit Lars, Thomas und Jutta ein echtes Geschenk - Eva so glücklich zu sehen, das macht mich auch glücklich. Und am Ende von diesen Tagen geht sie immer viel müder ins Bett", sagt Detlef Meer während er die Hand seiner Frau streichelt. "Früher wären wir jetzt auf einem Tanzturnier gewesen oder irgendwo auf Reisen. Unsere Welt ist so viel kleiner geworden."

ALS ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, pro Jahr erkranken 2 von 100.000 Menschen an ihr. Wie die Krankheit verläuft ist ganz unterschiedlich schnell, aber immer tödlich. Bei Meer ging es sehr schnell. Vor ihrer Diagnose war sie passionierte Tänzerin, gemeinsam mit ihrem Mann tanzte sie in der dritten Bundesliga der Amateure. Innerhalb von wenigen Monaten saß sie im Rollstuhl, verlor ihre Stimme.

Heute kann sie nur noch per Sprachcomputer kommunizieren: "Als ich die Diagnose bekommen habe, war das ganz schrecklich. Wir haben viel geweint. Jetzt bin ich froh, dass wir schon so viele schöne Dinge gemeinsam erlebt haben." Die Computerstimme klingt blechern, doch Evas Augen leuchten, während sie den Computer steuert. "Und jetzt sind auch noch Lars, Thomas und Jutta da, das macht alles so viel besser."

Die drei Freunde kennen Eva und Detlef Meer noch aus ihrer Zeit als Tanzpaar. Thomas Kolczewski ist Heilpraktiker, Lars Fischer Musicaltänzer und Jutta Maas Choreographin - jeder von ihnen schenkt dem Ehepaar Meer mindestens vier Stunden Zeit in der Woche. Das Trio backt Kuchen, geht Einkaufen, kümmert sich um die Körperpflege - vor allem in der Zeit, in der Detlef Meer als Gärtner arbeitet, sind sie für ihre Freundin da.

"Ich nehme selbst so viel mit, etwa mehr Geduld, Dankbarkeit", sagt Jutta Maas. "Für mich war das selbstverständlich zu helfen", ergänzt Kolczewski. "Eva und Detlef sind meine Freunde, daran ändert die Krankheit auch nichts." Fischer hat noch Kaffee aus der Küche geholt. "Ich überlege, ob ich bald im Job etwas kürzer trete und dann noch mehr helfe," sagt der 50-Jährige. "Wir haben nicht mehr viel gemeinsame Zeit, und ich will einfach da sein."

Eva Meer wird sterben, das wissen alle hier am Kaffeetisch. Doch dank der drei Freunde, tut es ihr und ihrem Mann Detlef an diesem Nachmittag, für diesen Moment ein bisschen weniger weh.

Über dieses Thema berichteten wir auch im WDR-Fernsehen am 26.08.2023: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.