Drei Frauen stehen an einem Tisch und schauen sich Stoff zum Nähen an

Ehrenamt in Witten: Mit Nähen eine Gemeinschaft schaffen

Ennepe-Ruhr-Kreis | Ehrenamt

Stand: 23.07.2023, 13:14 Uhr

In der Wittener Innenstadt hat das Sozialunternehmen „Nouranour“ ein kleines Ladenlokal mit Nähwerkstatt. Fast jeden Tag finden hier Nähkurse statt, vor allem für geflüchtete Frauen. Christine Lüke ist eine der ehrenamtlichen Kursleiterinnen. Unsere Autorin war bei einem Kurs dabei.

Von Lena Breuer

„Ich habe Euch noch ein bisschen Stoff mitgebracht, das war mal Bettwäsche, und ich finde es mega schön“, ruft Christine Lüke (63) durch die kleine Nähwerkstatt. In dem hellen Raum stehen große Tische verteilt, darauf Nähmaschinen, Scheren, Stecknadeln, Stoffreste.

Ehrenamt in Witten: Es geht um mehr als Nadel und Faden

Es ist warm, draußen vor den Schaufenstern sitzen Menschen in der Sonne, essen Eis. Drinnen stehen sechs Frauen konzentriert um einen Tisch. Christine Lüke, blond-graue schulterlange Haare, Brille, ein Lachen im Gesicht steht am Kopf des Tisches und zieht Stoff aus einer Tüte. „Wir nähen heute ein paar praktische Beutel, nehmt Euch erst einmal Stoff.“

Worum geht es Christine Lüke bei ihrem Engagement?

00:39 Min. Verfügbar bis 23.06.2025

„Nouranour“ – das ist arabisch und bedeutet Lichtstrahl. Seit vier Jahren gibt es die Marke des Vereins „Signal of Solidarity e.V.“. Im kleinen Laden in Witten wird handgenähte, nachhaltige Mode von professionellen Näherinnen und Nähern verkauft. Das Geld fließt in den Verein. Der organisiert dafür jeden Tag Nähkurse, vor allem für geflüchtete Frauen. Dazu gibt es Kinderbetreuung und Hilfe von Ehrenamtlichen.

Die Kursteilnehmerinnen sollen ihre Deutschkenntnisse verbessern können, eine Gemeinschaft finden und aus der Isolation geholt werden. „Von allen Geflüchteten haben es die Frauen häufig am schwersten. Sie bleiben isoliert zu Hause, lernen die Sprache nicht. Da wollten wir ansetzen“, erklärt Lüke. „Ich bin schon immer für die Diakonie hier in Witten ehrenamtlich aktiv gewesen, als die Idee zur Nouranour aufkam, war ich sofort dabei.“

"Die gemeinsame Basis ist das Nähen"

Lüke schneidert seit mehr als 20 Jahren selbst. Vor allem das Thema Upcycling hat es ihr angetan. Jeden Montag betreut sie den Nähkurs, der zweieinhalb Stunden lang geht.

„Hier nimmst Du die Schere, zack, tack, nähen und dann nochmal.“ Lüke steht neben einer 60-jährigen Frau mit Kopftuch und hält ein Stück Stoff in der Hand. Die Verständigung funktioniert hier auch mit wenigen Worten. Nähen ist international. „Wir lernen total viel voneinander,“ sagt die ehemaligen Krankenschwester. „Ich bin immer inspiriert, wenn ich hier rausgehen, für mich ist das Integration, die funktioniert. Selbst, wenn wir uns mit Worten manchmal kaum verstehen.“

Klatschende Menschen stehen um Frau herum, die einen Preis (kleine Statue) in den Händen hält

Im Juni bekam Christine Lüke den Ehrwin des Monats überreicht.

2015 kamen vor allem Menschen aus Syrien nach Deutschland. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges stieg die Anzahl der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer. Das macht sich auch bei Nouranour bemerkbar. „Die Frauen verstehen sich wunderbar, wir haben eine gemeinsame Basis. Es ist das Nähen und das ist international“, sagt Lüke, während sie mit einer kleinen Nadel einen bunten Knopf auf eines der gerade fertigen Säckchen näht. „Außerdem geht es hier um nichts, also es gibt keinen Druck und das genießen hier alle.“

Zwei Frauen stehen an einem Tisch und schauen auf Nähzeug

Einmal die Woche gibt Christine Lüke ihr Nähwissen weiter.

Neben den kostenlosen Nähkursen, arbeiten mittlerweile auch festangestellte Näherinnen und Näher bei dem Modelabel. „Wir wollen, dass die Menschen auf unsere Mode aufmerksam werden. Das Geld ist ja für ne gute Sache und wir schaffen Arbeitsplätze für Geflüchtete“, sagt Lüke. „Ich finde es total schön, wenn jemand unsere Produkte mag. Das macht auch die Frauen hier stolz und mich auch ein kleines bisschen."