Andere Kinder in seinem Alter spielen Fußball, unternehmen eine Radtour oder bauen ein Baumhaus im Wald. Für Jan Luca Thomas aus Kleve ist das alles zu anstrengend. Auf einen Rollator gestützt geht der 13-Jährige an einem kalten Wintertag gemeinsam mit seiner Familie durch den Sprühregen am Niederrhein spazieren. Entlang am Altrhein in Griethausen, wo Jan Luca früher gern geangelt hat. Auch das geht heute nicht mehr.
Der Jugendliche hat im Oktober 2024 die Diagnose "Medulloblastom" bekommen, ein bösartiger Tumor im Kleinhirn. Jan Luca ist damit eins von rund 60 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, die laut Deutscher Kinderkrebsstiftung pro Jahr in Deutschland neu an einem Medulloblastom erkranken. Das entspricht einer Häufigkeit von etwa fünf Neuerkrankungen pro einer Million Kindern und Jugendlichen.
Kleve: Eine bittere Fehldiagnose
Angefangen hat alles im Januar 2023. Damals hat Jan Luca nur leichte Kopfschmerzen, doch die werden immer stärker. Die Familie geht mit dem 13-Jährigen ins Krankenhaus, wo die Ärzte ihm zunächst eine Migräne mit Aura diagnostizieren. Auch danach hat Jan Luca immer wieder starke Kopfschmerzen, ihm wird übel und er muss sich wiederholt übergeben. Außerdem kommt es zu neurologischen Ausfällen. "Er konnte nicht mehr sehen und nicht mehr sprechen", erinnert sich sein 33-jähriger Vater Maik Thomas.
In den Herbstferien 2024 wird Jan Luca nach einem besonders schweren Anfall mit dem Rettungswagen in die Kinderneurologie nach Bocholt gebracht. Bei einer MRT-Untersuchung entdecken die Ärzte einen mandarinengroßen Tumor in seinem Kleinhirn. "Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Wir mussten unser Leben von jetzt auf gleich umkrempeln", sagt Maik Thomas. Dann musste alles ganz schnell gehen. Weil die Bocholter Klinik den notwendigen Eingriff nicht durchführen kann, wird die Familie sofort nach Duisburg gebracht.
Warum Vater und Sohn Wollmütze tragen
In einer Duisburger Klinik wird Jan Luca operiert, doch der Tumor kann wegen seiner Größe nicht vollständig entfernt werden. Zu groß ist die Gefahr, gesundes Gewebe zu beschädigen. Bis heute stellt sich Maik Thomas die Frage, wieso die Ärzte den Hirntumor seines Sohnes nicht viel früher erkannt haben.
Seitdem ist Jan Luca ein Pflegefall. "Ich versuche, viel rauszugehen. Aber meist liege ich im Bett, mache eigentlich fast gar nichts", sagt er. Mit Strahlen- und demnächst auch Chemotherapie wollen die Ärzte seinen Krebs jetzt besiegen. Schon für einen Erwachsenen sind diese Behandlungen eine körperliche Herausforderung.
Die Strahlentherapie sieht man Jan Luca bereits an. Eines Tages hatte er ein Haarbüschel in der Hand, als er sich durch die Haare fuhr. "Da haben wir kurzen Prozess gemacht und die Haare abrasiert", sagt Vater Maik Thomas. Aus Solidarität hat auch er sich die Haare kurz rasiert. Beide tragen Wollmützen.
Große Leidenschaft: Angeln
Während sie von den vergangenen zwei Jahren erzählen, blicken sie immer wieder auf den Altrhein, der neben der Spazierstrecke fließt. Früher war Jan Luca hier häufig. Angeln war und ist seine große Leidenschaft, sogar Preise hat er damit schon gewonnen. "Der größte Fisch, den ich gefangen habe, war ein Albino-Wels. Ich glaube, 1,34 Meter lang", sagt er stolz. Auch ein Aquarium mit Fischen und einem Krebs hat er in seinem Zimmer stehen.
Bis vor kurzem war dieses Zimmer noch das Wohnzimmer der Familie. Doch weil Jan Luca hier weniger Stufen steigen muss als bei seinem Kinderzimmer im Obergeschoss, wurden die Zimmer kurzerhand getauscht. Es ist nicht die einzige Maßnahme, mit der die Familie versucht, Jan Luca das Leben leichter zu machen.
Viel Unterstützung
Maik Thomas hat im Internet einen Spendenaufruf gestartet, um die finanziellen Herausforderungen stemmen zu können. Rund 33.000 Euro sind schon zusammengekommen. Davon baute die Familie bereits das Badezimmer im Haus barrierefrei um, schaffte Rollstuhlrampen an und machte das Auto wieder flott. "Diese Hilfsbereitschaft ist einfach wunderbar", freut sich Maik Thomas.
Hilfe bekommt die Familie aber nicht nur aus dem Internet, sondern auch von der Feuerwehr in Kleve. Sowohl Maik Thomas als auch sein Sohn Jan Luca sind schon seit vielen Jahren dort aktiv. Für sie ist der Zusammenhalt innerhalb der Feuerwehr fast wie eine zweite Familie.
Auf die Feuerwehr-Familie ist Verlass
Sie hatte zuletzt eine ganz besondere Überraschung für Jan Luca organisiert. Das brandneue Löschfahrzeug der Feuerwehr Kleve holte den 13-Jährigen zu Hause ab und fuhr mit Martinshorn und Blaulicht nach Schenkenschanz. Dort trafen sich Freunde der Familie Thomas sowie Mitglieder der Feuerwehr, um mit Jan Luca gemeinsam Pizza zu essen.
Wie es mit Jan Luca weitergehen wird, ist schwer zu sagen. Maik Thomas wünscht sich für seinen Sohn, "dass er das alles gut durchsteht und bald wieder seinen Hobbys nachgehen kann. Angeln, Fahrradfahren, Feuerwehr."
Über dieses Thema haben wir am 15.01.2025 auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Duisburg, 19.30 Uhr.